Kamerasensoren Codierung auf Glas zuverlässig erkennen

Redakteur: Jan Vollmuth

Codierungen auf Glasmaterialien zur Nachverfolgung zuverlässig zu erkennen, ist eine Herausforderung. leistungsfähige Kamerasensoren und angepasste Beleuchtungstechnik.

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Mit Durchlicht als Beleuchtungstechnik sind störende Reflexionen oder die Qualität der Beschriftung nicht mehr relevant für eine zuverlässige Erkennung.
Mit Durchlicht als Beleuchtungstechnik sind störende Reflexionen oder die Qualität der Beschriftung nicht mehr relevant für eine zuverlässige Erkennung.
(Bild: IPF Electronic)

Glas ist nicht gleich Glas und mit wenigen Nanometer dicken Beschichtungen, lassen sich dessen Materialeigenschaften und -funktionen entscheidend verändern. Darüber kann Peter Röhlen, Geschäftsführer der Prinz Optics GmbH mit Sitz in Stromberg (Hunsrück) viel Interessantes erzählen: „Was wir machen, machen nicht viele. Das liegt schon allein an den Tauchbeschichtungen im sehr seltenen Sol-Gel-Verfahren. Wir sind eines der wenigen Unternehmen weltweit, die es im industriellen Stil anwenden.“

Glas mit verschiedenen Beschichtungen

Mit diesem Verfahren lassen sich ohne großes Umrüsten sehr vielfältige Produkte durch unterschiedliche Beschichtungsmaterialien realisieren. „Der Prozess ist immer der gleiche: Man taucht Glas in eine spezifische Beschichtungsflüssigkeit und zieht es mit einer definierten Geschwindigkeit wieder heraus“, erklärt Röhlen. So entstehen bei Prinz Optics Farbeffektglas, optische Filter und seit jüngstem auch Beschichtungen von Glas-, Kunststoff- und Metalloberflächen mit Nanopartikeln, durch die u.a. antimikrobiell wirksame Oberflächenstrukturen entstehen.

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Die optischen Filter von Prinz Optics sind etwa in der Industrie, Medizintechnik, Forschung und Entwicklung sowie Beleuchtungstechnik gefragt. Wie alle Produkte werden auch die optischen Filter in einer Anlage zur Tauchbeschichtung gefertigt. Die hierfür verwendeten Glasscheiben, im Fachjargon Substrat genannt, werden nach einer Grundreinigung und einem mehrstufigen Reinigungs- sowie Trocknungsverfahren auf einer Einzelförderstrecke in einen Reinraum transportiert und dort in einen codierten Werkstückträger positioniert.

Chaotische Fertigung

Mit einem Roboter gelangen die Scheiben danach in eine von vier Beschichtungskammern. Nach der Beschichtung positioniert der Roboter die Scheiben erneut in einen Werkstückträger. In einem Rollenherdofen erfolgt anschließend die Aushärtung der Beschichtung bei ca. 480 °C, bevor das Substrat in der Regel erneut dem Prozess für die Folgebeschichtungen zugeführt wird.

Bestimmte Substrate für spezielle UV-Filter durchlaufen den Prozess bis zu 22 Mal, was mehrere Tage in Anspruch nimmt. Da sich durch die vielen Ofenfahrten die Schichtdicke zwangsläufig verändert, werden die Substrate zwischendurch zudem immer wieder geprüft.

Peter Röhlen

„Das ist eine chaotische Fertigung, wobei bestimmte Substrate für spezielle UV-Filter den Prozess bis zu 22 Mal durchlaufen, was mehrere Tage in Anspruch nimmt. Da sich durch die vielen Ofenfahrten die Schichtdicke zwangsläufig verändert, werden die Substrate zwischendurch zudem immer wieder geprüft“, sagt Peter Röhlen.

Sichere Nachverfolgung erforderlich

Bei der Vielfalt an Produkten mit unterschiedlicher Komplexität, die sich zur gleichen Zeit in der Anlage befinden, ist eine sichere Nachverfolgung unerlässlich. So muss u.a. der Roboter im Reinraum die Information haben, welche Position am Werkstückträger anzufahren ist, damit er die richtige Scheibe zur korrekten Beschichtungskammer transportiert. Daher wird jedes Substrat vor dem ersten Einschleusen in die Anlage mit einem 2D-Code gekennzeichnet und über ein Kamerasystem direkt verifiziert.

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Eine weitere Kamera ist vor der Wiedereinschleusung für bereits beschichtete Produkte installiert. Das dritte Kamerasystem befindet sich im Reinraum vor dem Einlauf in den Werkstückträger. Sämtliche Geräte sind per Feldbusknoten in die Profibus DP-Installation eingebunden. Die Anlage ist seit Gründung von Prinz Optics im Jahre 2008 in Betrieb und wird seitdem auf dem aktuellen Stand der Technik gehalten.

Unerwünschte Reflexionen

In den letzten Jahren traten jedoch immer wieder Probleme auf: „Die unterschiedlich dicken Substrate mit voneinander abweichenden optischen Eigenschaften stehen mitunter nicht immer rechtwinklig zum Kamerasystem auf der Förderstrecke. Dies führte manchmal zu unerwünschten Reflexionen, sodass die Kameras den 2D-Code nicht erfassen konnten. Außerdem haben wir in den letzten Jahren neue Glasmaterialien mit in unsere Produktpalette aufgenommen. Auch damit hatten die Kameras Probleme, weil etwa die Materialhärte das Kennzeichnungsergebnis negativ beeinflussen kann“, erklärt Röhlen.

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Eine Fehllesung des Codes führte sofort zur Produktionsunterbrechung. War die Kamera im Reinraum hierfür die Ursache, wurde es laut Peter Röhlen besonders problematisch: „Ein Mitarbeiter musste sich dann komplett umziehen, den Reinraum betreten, den 22-stelligen Code notieren und ihn anschließend manuell in die Prozessvisualisierung übertragen. Das kostete nicht nur Zeit, sondern barg auch Fehlerpotenziale, weil etwa der Code falsch notiert oder nicht korrekt eingegeben wurde.“ Als dann der Kamerahersteller die Systeme abkündigte und die Pflege der Parametriersoftware einstellte, musste ein adäquater Ersatz gefunden werden.

Kamerasensor plus homogene Flächenleuchte

Peter Röhlen wandte sich an IPF Electronic, da der Sensorspezialist u.a. mit den OC53 leistungsstarke Kamerasensoren im Portfolio hat. Das Unternehmen aus Altena empfahl schließlich eine Lösung in Kombination mit einer homogenen Flächenleuchte, die im Durchlichtverfahren arbeitet.

Die Serie OC53 umfasst eine Reihe variabler Kamerasensoren in verschiedenen Ausführungen, vom Kompaktgerät mit Objektiv, Bildaufnehmer und Beleuchtung bis hin zu Geräten mit C-Mount-Objektivanschluss und integriertem Blitzcontroller zur Beleuchtungsteuerung für hohe Flexibilität. Die leistungsfähige Parametriersoftware zu den Kamerasensoren bietet eine breite Palette an abgestuften Prüfmerkmalen und ermöglicht den Einsatz der Geräte in vielfältigen Applikationen mit sehr unterschiedlichen Aufgabenstellungen.

Veränderte Beleuchtungstechnik

Das erste System von IPF Electronic wurde 2019 bei Prinz Optics im Reinraum installiert. Schon die Veränderung der Beleuchtungstechnik mit Durchlicht verbesserte die Erkennung des 2D-Codes, da nun eine leichte Schrägstellung der Scheiben sowie die Qualität der Kennzeichnung keine Rolle mehr spielen. Auch das große Bildfeld mit verbesserter Lagenachführung wirkten sich positiv aus. Die Lagenachführung gehört zu den Features der Parametriersoftware, wobei sich die Position und Drehlage etwa eines Produkts, Textes oder Codes anhand von Konturen, Kanten, Kreisen oder Zeilen ermitteln lässt. Alle nachfolgenden Merkmalprüfungen, in diesem konkreten Fall die Erfassung des 2D-Codes, werden an der ermittelten Objektposition ausgerichtet.

Peter Röhlen räumt ein, dass er allein aufgrund der Erfahrungen mit den alten Systemen Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit der neuen Kamera hatte.Doch letztlich erwiesen sich diese Sorgen als unbegründet: „Die Erkennung funktioniert einwandfrei. Seit das System von IPF Electronic in Betrieb ist, musste niemand mehr wegen einer Fehlerkennung in den Reinraum. Die Probleme mit der Erfassung der Kennzeichnungen, der damit verbundene Aufwand und vor allen Dingen die Produktionsstillstände konnten wir nachhaltig beseitigen. Aufgrund der durchweg positiven Erfahrungen haben wir schließlich auch die beiden anderen Kameras an der Erst- sowie Wiedereinschleusung durch die OC53 ersetzt. Insofern ist das für uns ein 100-Prozent-Erfolg.“ (jv)

SPS 2021: Halle 7A, Stand 400

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