Lineartechnik Was für elektromechanische oder hydraulische Antriebe spricht

Sechs Gründe, die für den Einsatz eines elektromechanischen Aktuators sprechen, haben die Experten von Ewellix schnell zusammen. Die Hydraulikspezialisten von Hänchen halten mit Vorteilen hydraulischer Antriebe dagegen.

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Ob elektromechanische Aktuatoren oder Hydraulik- bzw. Pneumatikzylinder zum Einsatz kommen, kommt häufig auf die Kosten an. Diese müssen ganzheitlich betrachtet werden.
Ob elektromechanische Aktuatoren oder Hydraulik- bzw. Pneumatikzylinder zum Einsatz kommen, kommt häufig auf die Kosten an. Diese müssen ganzheitlich betrachtet werden.
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Wer sich die Frage stellt, ob elektromechanische Aktuatoren oder Hydraulik- bzw. Pneumatikzylinder die richtige Wahl sind, landet bei der Betrachtung meist bei einem Kostenvergleich. Der Anschaffungspreis einer elektromechanischen Anlage liegt zwar höher als bei hydraulischen Maschinen. Betrachtet man jedoch die Gesamtkosten über den Lebenszyklus hinweg, zeigt sich laut den Experten von Ewellix ein anderes Bild: Elektromechanische Aktuatoren bieten Einsparpotenziale, die die höheren Anschaffungskosten ausgleichen. Dafür machen sie sechs Hauptfaktoren verantwortlich:

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1. Energieeffizienz

Hydraulische Systeme verlieren an mehreren Stellen Energie, zuerst bei der Umwandlung von elektrischer Energie in Bewegung zum Antrieb der Hydraulikpumpe. Dazu kommen Verluste in der Pumpe selbst, durch Flüssigkeitsreibung in den Übertragungsleitungen und im Aktuator. Insgesamt gibt ein Hydrauliksystem nur etwa 44 % seiner Antriebsleistung ab. Elektromechanische Anlagen hingegen verlieren aufgrund der Grenzen des Motorwirkungsgrads und durch Reibung in den Getriebe- und Antriebskomponenten Energie. Ein elektromechanischer Aktuator überträgt in der Regel 80 % seiner Eingangsleistung. Darüber hinaus müssen Hydraulikpumpen in den meisten Anwendungen kontinuierlich laufen, um eine angemessene Reaktionszeit der Maschine zu gewährleisten. Die Leistungsaufnahme elektromechanischer Aktuatoren bei Nichtgebrauch ist Null, und auch im Betrieb ruft er seinen maximalen Energiebedarf immer nur für einen kurzen Moment ab. Damit amortisieren sich die höheren Anschaffungskosten elektrischer Systeme allein durch Energieeinsparungen in einigen Monaten.

2. Reduzierte Wärmeentwicklung

Die in hydraulischen Maschinen verlorene Energie wird in Wärme umgewandelt. In Präzisionsanwendungen, beispielsweise bei der Herstellung von Kunststoffprodukten, muss diese Wärme mit Hilfe von Kältemaschinen abgeführt werden. Das erhöht den Gesamtenergiebedarf weiter. Elektrisch betriebene Maschinen benötigen aufgrund ihres höheren Wirkungsgrads nur etwa 35 % der Kühlenergie einer hydraulischen Lösung.

3. Kürzere Zykluszeiten

Durch die höhere Geschwindigkeit und verbesserte Steuerbarkeit elektromechanischer Aktuatoren können Maschinen schneller arbeiten und mehr Leistung bringen, beispielsweise beim Roboter-Punktschweißen in der Automobilindustrie. Zwischen den einzelnen Schweißpunkten muss die am Roboterarm angebrachte Zange geöffnet werden, damit der Arm an die nächste Schweißstelle rücken kann. Fluidtechnische Systeme öffnen die Zange nach jedem Schweißvorgang vollständig. Elektromechanische Anlagen hingegen können so programmiert werden, dass sie sich gerade so weit öffnen, damit die Zange neu positioniert werden kann. Als ein japanischer Automobilhersteller bei der Karosseriefertigung auf eine elektromechanische Schweißzange umstieg, steigerte dies zusammen mit der höheren Geschwindigkeit der neuen Aktuatoren seinen Durchsatz um 10 % – das entspricht 100 zusätzlichen Karosserien pro Tag.

4. Verbesserte Materialausnutzung

Verbesserte Genauigkeit und Konsistenz bedeutet, dass elektrisch angetriebene Maschinen in der Regel über eine doppelt so hohe Wiederholgenauigkeit verfügen wie hydraulische Alternativen. Das steigert die Qualität und reduziert den Ausschuss. Auch wenn Produkte mit niedrigerer Präzision hergestellt werden, können so erzielte Einsparungen die höheren Kosten für elektromechanische Anlagen in zwei Jahren oder weniger übertreffen.

5. Erhöhte Betriebszeit

Elektromechanische Anlagen besitzen weniger Verschleißteile als fluidtechnische Maschinen, und alle befinden sich im Kugelgewindetrieb und im Getriebe. Hydraulische Geräte dagegen sind auf ein ganzes Netzwerk aus Ventilen, Schläuchen, Filtern und Dichtungen angewiesen. Ein Ausfall in einem Teil des Systems kann die gesamte Anlage zum Stillstand bringen, bis das Problem erkannt und behoben wird. Ein Problem mit einem Aktuator kann der Anwender dagegen in der Regel durch einen schnellen Austausch des betroffenen Gerätes beheben. Betriebszeit und Maschinenverfügbarkeit sind deshalb bei elektromechanischen Systemen in der Regel zwei Prozent höher als bei hydraulischen Anlagen. Das steigert die Leistung und reduziert die Produktionskosten pro Stück.

6. Einfachere Wartung

Für elektromechanische Maschinen fallen nur geringe laufende Betriebskosten an. Die Anwender müssen kein Öl, keine Filter und keine Dichtungen kaufen. Sie müssen keine Maschinen anhalten, um diese Teile zu ersetzen, sie müssen kein Geld ausgeben, um Lecks und auslaufenden Flüssigkeiten vorzubeugen oder diese zu beseitigen. Elektromechanische Systeme können zudem mit vollständig integrierten Sensoren zur Zustandsüberwachung ausgestattet werden. Diese machen das Betriebs- und Wartungspersonal auf mögliche Probleme aufmerksam, bevor sie zu einem ungeplanten Stillstand führen.

Zusammengenommen ermöglichen diese Faktoren Ewellix zufolge Einsparungen von mehreren zehntausend Euro pro Jahr für eine typische Produktionsmaschine. Etwa die eine Hälfte dieser Ersparnis stammt dabei aus dem geringeren Energieverbrauch. Die zweite Hälfte entfällt auf andere Bereiche.

Anwendertreff mechatronische Antriebstechnik

Im Fokus des Anwendertreffs mechatronische Antriebstechnik stehen die mechanischen Komponenten Getriebe, Kupplungen und Bremsen sowie deren Auslegung, Dimensionierung und Zusammenspiel im mechatronischen Gesamtsystem.

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Wann ist ein hydraulischer Antrieb sinnvoll?

Auch wenn sich elektromechanische Antriebe in vielen Bereichen sinnvoll einsetzen lassen: Es gibt Anwendungen, in denen die Hydraulik ganz eindeutig notwendig ist – da sind sich die Hydraulikspezialisten von Hänchen einig.

Klaus G. Wagner ist Bereichsleiter Forschung und Innovation bei Herbert Hänchen – seine Einschätzung: „Eine allgemeingültige Antwort auf dies Frage, wann ein hydraulischer Antrieb sinnvoll ist, gibt es nicht. Es ist immer von vielen Einflüssen abhängig.“ Oft kommen in einer optimalen Konstruktion sogar beide Technologien parallel zum Einsatz. Hier einige Beispiele aus der Praxis:

Hydraulikzylinder in Flug- und Fahrsimulatoren – feinfühlige Bewegungen

3D-Simulator im Mercedes-Benz Museum
3D-Simulator im Mercedes-Benz Museum
(Bild: Hänchen)

Vor über 25 Jahren begann Simtec mit der Realisierung von Hexapoden für Flug- und Fahrsimulatoren. Schnell entdeckte man die Leistungsfähigkeit von Hydraulikzylindern, die unter anderem im Mercedes-Benz Museum die Besucher im 3D-Simulator durch die Welt der Automobilgeschichte führen. Insbesondere wenn Menschen bewegt werden, sind extrem feinfühlige Bewegungen gefordert, da jedes Ruckeln als unnatürlich wahrgenommen wird. Mit den Dichtungssystemen Ringspaltdichtung und Servoseal, beides Eigenentwicklungen von Hänchen, ist dies problemlos möglich.

Dabei sind Hydraulikzylinder im Vergleich zur elektrischen Lösung schlanker und werden mit nur einem Aggregat versorgt. Die zusätzliche Verwendung von Hydrospeichern macht das Ganze energieeffizient – bei erstaunlich geringer Pumpenleistung. Inzwischen werden von Simtec in chinesischen Erlebnisparks ganze Kinobestuhlungen für 100 Zuschauer in die Senkrechte geklappt und dann passend zum Film so bewegt, dass der Film vom ganzen Körper wahrgenommen wird. Beim Kino Hexa-Flite sind die Hydraulikzylinder 2500 mm lang und arbeiten mit 300 bar.

Hydraulikzylinder in Prüfaufbauten – präzise und extrem langlebig

Materialprüfstand für Langzeittests von Flugzeugen
Materialprüfstand für Langzeittests von Flugzeugen
(Bild: Hänchen)

Seit 50 Jahren lässt Airbus für alle Flugzeugstrukturen Langzeittests mit Hydraulikzylindern simulieren. Seit dem ersten A300 kommen in den Prüfanlagen der IABG-Zylinder von Hänchen zum Einsatz. Diese sind so langlebig, dass viele nach technischer Modernisierung und Wartung bis heute in neuen Prüfaufbauten verwendet werden.

Beim Airbus A380 simulierten über 180 präzise miteinander arbeitende Hydraulikzylinder mit einem Hub bis 6500 mm mehr als 60.000 Flüge über 1708 Belastungspunkte. Eine zentrale Pumpstation mit 4400 l/min reichte dank umfangreicher Speicher aus, um diese gigantische Simulation zu ermöglichen. Die Speicher bieten Leistungsreserven und Möglichkeiten zum Downsizing, die mit elektrischen Antrieben nicht möglich sind. Auch hier spielen neben Steuerungstechnik, besonderen Zylinderkonstruktionen wie Synchronzylindern und höchsten Anforderungen an Qualität und Zuverlässigkeit die Dichtungssysteme aus Ostfildern eine entscheidende Rolle. Elektrisch wären diese Antriebe schon alleine wegen des Hubs nicht möglich.

Presszylinder in Gießmaschine – energiesparend bei hoher Taktzahl

Kern der Druckgussmaschinen der Oskar Frech GmbH + Co. KG ist ein Presszylinder, der einen Durchmesser von 320 mm bis 420 mm hat.
Kern der Druckgussmaschinen der Oskar Frech GmbH + Co. KG ist ein Presszylinder, der einen Durchmesser von 320 mm bis 420 mm hat.
(Bild: Hänchen)

Die Oskar Frech GmbH + Co. KG entwickelt und produziert Druckgussmaschinen. Kern ist ein Presszylinder, der einen Durchmesser von 320 mm bis 420 mm hat. Er soll mit hoher Taktzahl energiesparend arbeiten. Gemeinsam mit Hänchen entwickelte das Unternehmen einen Schließzylinder als Kraft-Eilgang-Zylinder mit einer zusätzlichen Fahrkammer. So muss nur noch während des eigentlichen ‚Schusses‘ maximale Kraft aufgebracht werden, während die übrige Bewegung schnell und mit 50 % bis 70 % Energieeinsparung im Vergleich zu gängigen Zylindern erfolgt.

Hydraulik in Pressen – hohe Kraftdichte ausschlaggebend

Bei Pressen für die Automatisierung ist Hydraulik aufgrund der hohen Kraftdichte im Einsatz.
Bei Pressen für die Automatisierung ist Hydraulik aufgrund der hohen Kraftdichte im Einsatz.
(Bild: Hänchen)

Bei Wickert, einem Hersteller von Pressen für die Automatisierung, ist Hydraulik aufgrund der hohen Kraftdichte im Einsatz. Die angebaute Klemmung Ratio-Clamp bildet ein Gesamtsystem mit dem Zylinder in Pressen, die beispielsweise Brems- oder Schleifscheiben produzieren. Durch die kontinuierliche Unterstützung auch über den Kauf hinaus und die hohe Zuverlässigkeit haben auch hier hydraulische Antriebslösungen von Hänchen ihren festen Platz.

„Die ausschlaggebenden Gründe, dass die Wahl beim Antrieb auf die Hydraulik fällt, sind vielfältig. Dabei können die Kraftdichte, Geschwindigkeit oder Beschleunigung eine entscheidende Rolle spielen, die einfache Regelbarkeit oder die guten Reibungseigenschaften ebenso wie Beschaffungskosten oder der Energieverbrauch.

Auf virtuellen Wegen gegen die Corona-Krise

Angesichts der jüngsten Entwicklungen rund um das Coronavirus werden reihenweise Veranstaltungen abgesagt oder verschoben. Digitalen Plattformen, die diese Entwicklung kompensieren können, kann die Zukunft gehören. Die Vogel Communications Group präsentiert mit „Industrial Generation Network“ eine Lösung für Professionals in der Industrie. Die Plattform ermöglicht als digitale Ergänzung eine umfassende Vernetzung: Digitale Begegnung und Kontaktanbahnung sowie Produktpräsentation und thematischer Austausch stehen im Zentrum. Tools wie Terminvereinbarung und Videokonferenzen ermöglichen es Professionals, sich zu vernetzen, Termine zu vereinbaren und nah an der jeweiligen Branche zu recherchieren. Damit ersetzt die Plattform die aktuell stark eingeschränkte Face-to-Face-Kommunikation vor allem auf Messen.

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