Arbeitsklima Wie wehrt man sich gegen toxische Führungskräfte?

Autor / Redakteur: Sebastian Hofmann, Melanie Krauß / Juliana Pfeiffer |

Schlechte Vorgesetzte sind keine Seltenheit. Sie machen nicht nur ihren Mitarbeitern das Leben schwer, sondern verpesten auch die Unternehmenskultur. Wie groß das Problem ist und was Sie am besten dagegen tun.

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Als „toxisch“ bezeichnet die Wissenschaft Führungskräfte, die ihre Mitarbeiter kränken, anschreien, ignorieren oder sie öffentlich bloßstellen.
Als „toxisch“ bezeichnet die Wissenschaft Führungskräfte, die ihre Mitarbeiter kränken, anschreien, ignorieren oder sie öffentlich bloßstellen.
(Bild: ©fizkes - stock.adobe.com)

Es gibt diese Führungskräfte, die spielen Gott. Sie schimpfen, schreien und erniedrigen. Wer nicht selbst unter einer leidet (oder litt), kennt zumindest jemanden. Wie groß das Problem ist, haben jetzt Wissenschaftler der Uni Bielefeld herausgefunden: „In acht von zehn Unternehmen konnten wir toxisches Vorgesetztenverhalten nachweisen“, erzählt Wirtschaftswissenschaftlerin Christina Hoon. „Jeder fünfte Arbeitnehmer leidet darunter.“ Gemeinsam mit ihrem Team hat die Forscherin fast 40.000 Kununu-Bewertungen verwertet und über 3.700 Kommentare nach Anzeichen für toxische Führung untersucht.

Was bedeutet „toxisch“ überhaupt?

Als „toxisch“ bezeichnet die Wissenschaft Führungskräfte, die ihre Mitarbeiter kränken, anschreien, ignorieren oder sie öffentlich bloßstellen. Doch damit nicht genug: Toxische Chefs sorgen nicht nur für Unruhe in ihrem direktem Umfeld, sondern sie vergiften die Arbeitskultur ihres kompletten Unternehmens.

Wie werden Vorgesetzte zu „toxischen“ Chefs?

Und so läuft es ab: Vorgesetzte aus niedrigeren Management-Ebenen ahmen das schlechte Verhalten ihrer Führungskräfte nach – und geben es dann nach unten weiter. „Wie beim Schneeball-Effekt verpestet eine einzige Person auf diese Weise ganze Betriebe“, sagt Wirtschaftswissenschaftler Michael Graffius, der ebenfalls an der Kununu-Studie mitgearbeitet hat. Das kommt auch die Firmen teuer zu stehen. „Wir haben herausgefunden: Die Performance eines Unternehmens hängt direkt mit dem Arbeitsklima zusammen“, ergänzt Graffius. „Betriebe mit toxischen Führungskräften sind ineffizienter und weniger profitabel.

Was nun tun gegen toxische Vorgesetzte?

Angestellten rät Arbeitsrechtsanwalt Benjamin Onnis: „Sprechen Sie Probleme direkt an! Es klingt simpel, aber die meisten Rechtsstreitigkeiten eskalieren, weil die Leute nicht genug miteinander reden.“ Oft verhielten sich Führungskräfte zudem nicht bewusst negativ. Eine Grenze gebe es aber bei persönlichen Angriffen und Mobbing. „Schikaniert oder diskriminiert ein Vorgesetzter seinen Mitarbeiter, kann der Angestellte dagegen rechtlich vorgehen“, erklärt Onnis. „Der Arbeitgeber darf die Führungskraft dann abmahnen oder bei wiederholten oder schlimmen Fällen kündigen.“

In sieben Schritten zum harmonischeren Chef-Arbeitnehmer-Verhältnis

1. Schritt: Suchen Sie das direkte Gespräch mit Ihrer Führungskraft und legen Sie dar, was sie stört. Am besten formulieren Sie Ich-Botschaften – „Ich habe festgestellt…“, „Ich wünsche mir…“ – so fühlt sich Ihr Chef nicht sofort angegriffen. In den meisten Fällen reicht dieser Schritt bereits aus. Falls nicht…

2. Schritt: Halten Sie Ausschau nach Verbündeten. Gibt es Kollegen oder Führungskräfte anderer Abteilungen, die das Verhalten Ihres Vorgesetzten ähnlich kritisch sehen wie Sie? Bitten Sie sie um Unterstützung für die nächsten Schritte.

3. Schritt: Ermitteln Sie offizielle Ansprechpartner, beispielsweise den Betriebsrat, die HR-Abteilung oder Compliance-Beauftragte. Bitte Sie um einen vertraulichen Termin.

4. Schritt: Nehmen Sie mindestens zwei „Verbündete“ zum Gespräch mit. Stellen Sie klar: Das Verhalten Ihrer Führungskraft hat nicht nur Auswirkungen auf Ihre Arbeit, sondern mindert die Leistung einer ganzen Gruppe.

5. Schritt: Als Gesprächseinstieg können Sie über die Wertekultur Ihres Betriebs reden. Viele Unternehmen verfügen über Leitlinien zum Umgang mit Mitarbeitern. Stellen Sie heraus, inwiefern sich Ihr Chef daran nicht hält. Das ist ein guter Anknüpfungspunkt für Ihr Gegenüber. Die Leitlinien finden Sie meist auf der Homepage (Stichwort: „CSR-Charta“), im Intranet oder Sie bekommen sie beim Betriebsrat.

6. Schritt: Schildern Sie nun das Problem und formulieren Sie Ihre Erwartungshaltung: Welche Unterstützung wünschen Sie sich? Achten Sie auf einen sachlichen Ton und präsentieren Sie konstruktive Lösungsvorschläge, zum Beispiel: einen moderierten Austausch zwischen der Führungskraft und den Mitarbeitern oder einen Impuls der HR-Abteilung direkt an Ihren Vorgesetzten.

7. Schritt: Versuchen Sie weiter, das Problem in direkten Gesprächen mit Ihrer Führungskraft zu lösen. Erwarten Sie nicht, dass sich Ihr Chef von einem auf den anderen Tag ändert. Rechnen Sie ihm auch kleinere Schritte an.

Die Lösung: Eine offene und transparente Feedback-Kultur

„Kaum ein Faktor hat so großen Einfluss auf die Zufriedenheit am Arbeitsplatz wie das Verhältnis zur Führungskraft“, unterstreicht Yenia Zaba, Kommunikationsleiterin bei Kununu. An Arbeitgeber richtet sie deshalb einen klaren Appell: „Nur wenn Sie eine offene und transparente Feedback-Kultur in Ihrem Unternehmen ermöglichen, können Ihre Mitarbeiter Sie frühzeitig auf Missstände aufmerksam machen! Und davon profitiert die Performance Ihres gesamten Betriebs.“

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