Arbeitsrecht Wie funktioniert die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?
Anbieter zum Thema
Seit dem 1. Januar wird die Krankmeldung für Beschäftigte elektronisch übermittelt. Was es dabei rechtlich für beide Seiten zu beachten gilt, weiß Aylin Güler von Rödl & Partner.

Wie funktioniert die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)? Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Vertragskrankenhäuser schicken die Arbeitsunfähigkeitsdaten des Arbeitnehmers digital an die zuständige Krankenkasse. Diese erstellt anschließend eine Meldung an den Arbeitgeber. Der wiederum kann die Daten dann digital bei der Krankenkasse abrufen.
Was ändert sich bei der eAU für Arbeitgeber?
Seit dem 1. Januar 2023 ist die eAU auch für Arbeitgeber verpflichtend. Mitarbeiter müssen nun keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform mehr vorlegen, wenn sie sich krank melden. Konkret bedeutet das: Der Arbeitgeber muss die Arbeitsunfähigkeitsdaten ab sofort proaktiv bei der zuständigen Krankenkasse abrufen. Dies kann er dann tun, wenn
- die eAU auf den arbeitsunfähigen Arbeitnehmer angewendet werden kann und
- wenn der Arbeitgeber berechtigt ist, die Daten zu erhalten.
Damit der Arbeitgeber berechtigt ist, die Daten zu erhalten, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein.
- Zum einen muss der Mitarbeiter zum Zeitpunkt seiner Krankheit beim Arbeitgeber beschäftigt sein.
- Zum anderen muss der Mitarbeiter seinen Arbeitgeber über die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer informiert haben.
Was ändert sich bei der eAU ab Januar 2023 für Arbeitnehmer?
Gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer müssen ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung seit dem 1. Januar nicht mehr in Papierform vorlegen. Damit entfällt die sogenannte Nachweispflicht. Die Mitteilungs- und Feststellungspflicht besteht jedoch weiterhin. Konkret heißt das:
- Der Mitarbeiter muss seinem Arbeitgeber weiterhin mitteilen, dass er arbeitsunfähig ist.
- Der Mitarbeiter muss seinem Arbeitgeber mitteilen, wie lange er voraussichtlich ausfallen wird.
- Der Mitarbeiter muss seine Arbeitsunfähigkeit vom Arzt bescheinigen lassen.
Gilt die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für alle?
Nein. Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gilt nur für Arbeitnehmer, die Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse sind. Ausnahmen sind dabei
- Personen, die eine geringfügige Beschäftigung in Privathaushalten ausüben und
- wenn der Arzt, der die Arbeitsunfähigkeit feststellt, nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt.
Damit gilt die eAU insbesondere nicht für
- privatversicherte Arbeitnehmer
- „Minijobber“ in Privathaushalten oder
- wenn die Arbeitsunfähigkeit im Ausland festgestellt wird.
Kann ich als Arbeitgeber auch weiterhin auf eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform bestehen?
Nein. Der Arbeitgeber darf nicht darauf bestehen, dass der Mitarbeiter die eAU weiterhin in Papierform einreicht. Ungeklärt ist jedoch bisher die Frage, wer bei technischen Störungen haftet. Also dann, wenn die Daten dem Arbeitgeber nicht digital zur Verfügung gestellt werden können.
Was passiert, wenn der Arzt keine eAU an die Krankenkasse versenden kann?
Wenn der Arzt keine eAU versenden kann, kann der Arbeitgeber anzweifeln, ob tatsächlich eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt oder nicht. Denn er kann die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ja nicht abrufen. Bisher ist jedoch noch nicht geklärt, welche arbeitsrechtlichen Folgen im Einzelfall daraus resultieren.
Zum rechtlichen Hintergrund: Nach § 7 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Lohnfortzahlung verweigern, solange dieser die ärztliche Bescheinigung nicht vorlegt. Diese Regelung hat der Gesetzgeber bisher jedoch nicht an die Änderungen des § 5 EFZG angepasst. Letztendlich müssen also die Gerichte noch entscheiden, wie die arbeitsrechtlichen Folgen in so einem Fall zu beurteilen sind.
* Weitere Informationen: Aylin Güler ist Arbeitsrechtsexpertin bei der Kanzlei Rödl & Partner in 90491 Nürnberg, Tel. +49 911 91931355, www.roedl.de
(ID:49202115)