Antrieb 4.0 Nur mit dem Antrieb 4.0 geht Industrie 4.0

Autor Ute Drescher |

Die Hersteller von Antriebstechnik im ZVEI arbeiten gemeinsam am „Antrieb 4.0“. Warum, erklärt Bernhard Sattler vom Fachbereich Elektrische Antriebe im ZVEI, der konstruktionspraxis im Interview.

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Bernhard Sattler, Referent ZVEI-Fachverband Automation, Fachbereich Elektrische Antriebe, sprach mit konstruktionspraxis über den Antrieb 4.0.
Bernhard Sattler, Referent ZVEI-Fachverband Automation, Fachbereich Elektrische Antriebe, sprach mit konstruktionspraxis über den Antrieb 4.0.
(Bild: ZVEI)

Herr Sattler, warum hat sich der Arbeitskreis „Antrieb 4.0“ gegründet?

Bernhard Sattler: Damit auch Antriebe Industrie-4.0-fähig werden, müssen sie digital abgebildet werden. Hinzu kommt, dass die digitale Beschreibung des elektrischen Antriebs im Zeitalter von Industrie 4.0 vielfältige herstellerübergreifende Aktivitäten erfordert. Die Hersteller von Antriebstechnik im ZVEI arbeiten aus diesem Grund gemeinsam daran, den Antrieb 4.0 zu verwirklichen. Hierzu wurde bereits im Herbst 2015 ein entsprechender Arbeitskreis gegründet.

Wer nimmt am Arbeitskreis teil?

Bernhard Sattler: Der ZVEI-Arbeitskreis ist breit aufgestellt. Neben verschiedenen Herstellern von Antriebstechnik nehmen auch Vertreter aus dem Maschinenbau und den Bereichen Klassifizierung/Normung sowie der universitären Forschung teil. Die Digitalisierung der Produktion –und damit des Antriebs – funktioniert nur unternehmens- und branchenübergreifend.

Welches Ziel verfolgt der Arbeitskreis?

Bernhard Sattler: Antriebe sind die Kernkomponente in der industriellen Produktion. Sie machen im Verbund mit Sensoren und Software die Digitalisierung des Produktionsprozesses mit verstärkter Transparenz der technischen Abläufe möglich. Nur mit Antrieben 4.0 geht daher Industrie 4.0.

BUCHTIPPDas Buch „Praxishandbuch Antriebsauslegung“ hilft bei der Auswahl der wesentlichen Bestandteile elektrischer Antriebssysteme: Motor, Getriebe, Stellgerät, Netzversorgung sowie deren Zusatzkomponenten. Auch auf die Berechnung wird intensiv eingegangen.

Welche Anforderungen muss der Antrieb 4.0 erfüllen?

Bernhard Sattler: Im Zuge der digitalen Transformation durchläuft der Antrieb ganz unterschiedliche Stationen im Wertschöpfungsprozess und über seinen Lebenszyklus hinweg: Von der Planung und Herstellung über die Integration in Maschinen bis hin zur Inbetriebnahme und schließlich der Nutzung im Produktionsprozess. Hierbei spielt die einheitliche, herstellerunabhängige Bereitstellung der Daten eine zentrale Rolle.

Save the Date: Anwendertreff MaschinenkonstruktionAngesichts zunehmender Digitalisierung und Vernetzung von Maschinen und Anlagen stellt sich die Frage, ob die klassischen Technologien im Zeitalter von Industrie 4.0 noch zeitgemäß sind und wo sich neue Maschinenkonzepte anbieten. Antworten und Entscheidungshilfen für die Auswahl der jeweils am besten geeigneten Methoden und Komponenten bietet der Anwendertreff Maschinenkonstruktion am 21 Mai 2019.
Mehr Informationen: Anwendertreff Maschinenkonstruktion

Wie soll dieses Ziel erreicht werden?

Bernhard Sattler: Generell werden Konzepte für Semantiken und Klassifizierungen benötigt, die mit einheitlichen Merkmalen, Daten und Funktionen einhergehen. Zur Schaffung einer einheitlichen Datenstruktur mit Industrie-4.0-Semantik wurde das auf internationalen Standards aufbauende Klassifizierungssystem E-Class ausgewählt, in dem viele Merkmale verschiedener Bereiche der Antriebstechnik bereits definiert sind. Die so entstehenden standardisierten Daten sind dann die Basis für den Aufbau von Informationsmodellen, etwa für OPC-UA.

Wo liegen die Hürden bei der Umsetzung?

Bernhard Sattler: Wie so oft im Leben steckt der Teufel im Detail. Eine einheitliche herstellerübergreifende Semantik und Definition von Funktionen ist ein Projekt, das vor allem Zeit benötigt.

Welchen Nutzen haben Konstrukteure und Entwickler im Maschinen- und Anlagenbau vom Antrieb 4.0?

Bernhard Sattler: In Use Cases lässt sich der Nutzen für den Maschinen- und Anlagenbau am besten deutlich machen. Aufbauend auf den gemeinsamen Merkmalen und Daten wird es herstellerübergreifende Industrie-4.0-Funktionen geben. Als Industrie-4.0-Funktionen verstehen wir beispielsweise eine standardisierte Schnittstelle zur Auslesung des Fehlerspeichers, Auto-Tuning zur unkomplizierten Inbetriebnahme, Oszilloskop-Funktion um Signale in Echtzeit aufzuzeichnen oder ein Energiemanagement zum Abruf der relevanten Verbrauchsdaten.

Wann ist mit konkreten Ergebnissen zu rechnen?

Bernhard Sattler: In einem kontinuierlichen Prozess werden in kleinen Schritten nach und nach die Ergebnisse realisiert. Am weitesten sind die Arbeiten an einer einheitlichen Datenstruktur mit Indus­trie-4.0-Semantik und der Veröffentlichung in dem internationalen Klassifizierungssystem E-Class. Der ZVEI-Arbeitskreis hat sich darüber hinaus entschieden, im Rahmen eines Demons­trators „Antrieb 4.0“ nun erstmals die erarbeiteten Datenstrukturen und herstellerunabhängigen Funktionen in der Realität zu testen. Die bisherigen Ergebnisse sollen an einem Demonstrator evaluiert werden, um die Kooperationsfähigkeit elektrischer Antreibe als Industrie 4.0-Komponenten aufzuzeigen. Der Demonstrator wird auf den entsprechenden Fachmessen präsentiert werden. Wir halten Sie auf dem Laufenden!

Vielen Dank Herr Sattler!

Der ZVEI hat die Broschüre „Antrieb 4.0 – Vision wird Realität“ erstellt, die Sie hier herunterladen können.

SPS IPC Drives 2018: Halle 6, Stand 146

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