Kunststoff Haardünne Polymerfaser hebt bis zu 30 Gramm

Redakteur: Juliana Pfeiffer |

Extrem belastbar, zugfest, dabei zäh und federleicht – so lauten die Anforderungen aus vielen Industriebranchen an Materialien. Ein Forscherteam an der Universität Bayreuth hat nun Polymerfasern mit diesen Eigenschaften entwickelt.

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Elektrospinnen einer multifibrillaren Polyacrylnitritfaser.
Elektrospinnen einer multifibrillaren Polyacrylnitritfaser.
(Bild: Universität Bayreuth/Jürgen Rennecke)

Eine vom Forschungsteam der Universität Bayreuth entdeckten Faser ist so dünn wie ein menschliches Haar wiegt weniger als eine Fruchtfliege und ist dennoch sehr stark, wie Prof. Dr. Andreas Greiner, Inhaber des Lehrstuhls für Makromolekulare Chemie II an der Universität Bayreuth, der die Forschungsarbeiten geleitet hat, erklärt: "Die Faser kann ein Gewicht von 30 Gramm heben, ohne zu reißen. Dies entspricht etwa dem 150.000-fachen Gewicht einer Fruchtfliege. Bei Experimenten mit der hohen Zugfestigkeit dieser Fasern wird ihre außerordentliche Zähigkeit sichtbar. Dies bedeutet, dass jede einzelne Faser viel Energie aufnehmen kann." Gemeinsam mit Forscher am Forschungszentrum Jülich, an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, am Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS, an der RWTH Aachen, der Jiangxi Normal University, Nanchang, und der ETH Zürich wurden die Polymerfasern charakterisiert. In der Zeitschrift "Science" stellen die Wissenschaftler ihre Ergebnisse vor.

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Faser mit Durchmesser von 40.000 Nanometer

Die chemische Basis dieser Fasern ist Polyacrylnitril. Eine einzige Faser, die einen Durchmesser von rund 40.000 Nanometern hat, besteht wiederum aus bis zu 4.000 ultradünnen Fibrillen. Diese Fibrillen werden durch geringe Mengen eines Zusatzstoffes verknüpft. Dreidimensionale Röntgenbilder zeigen, dass die Fibrillen innerhalb der Faser fast ausnahmslos in der gleichen Längsrichtung angeordnet sind. „Wir haben diese Polymerfasern in einem Labor für Elektrospinnen an der Universität Bayreuth präpariert und umfassend auf ihre Eigenschaften und Verhaltensweisen hin getestet. Die einzigartige Festigkeit in Kombination mit hoher Zähigkeit hat uns dabei immer wieder fasziniert“, berichtet die Bayreuther Polymerwissenschaftlerin Prof. Dr. Seema Agarwal.

Entwicklung von hochleistungsfähigen Funktionsmaterialien

Eingesetzt werden können die Polymerfasern für technische Bauteile, die hohen Belastungen ausgesetzt sind. Denkbar sind Anwendungen auf den verschiedensten Gebieten, beispielsweise in der Textilindustrie oder der Medizintechnik, im Automobilbau oder in der Luft- und Raumfahrtindustrie. Zudem sind die Polymerfasern gut recycelbar. „Wir sind sicher, dass wir mit unseren Forschungsergebnissen das Tor zu einer neuen zukunftsweisenden Materialklasse weit aufgestoßen haben. Praktische Anwendungen seitens der Industrie sind schon in naher Zukunft zu erwarten. In den Polymerwissenschaften werden unsere Fasern wertvolle Dienste bei der weiteren Erforschung und Entwicklung hochleistungsfähiger Funktionsmaterialien leisten können“, sagt Greiner.

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