Technik kurz erklärt Die Entwicklung des Klapprads
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In unserer Serie „Technik kurz erklärt“ stellen wir regelmäßig Meisterwerke der Konstruktion und besondere Entwicklungen vor. Heute: das Klapprad.

Für die Einen ist es eng verknüpft mit Lifystyle, für die Anderen hat es schlicht mit praktikabler Mobilität zu tun: das Klapprad, häufig auch als Faltrad bezeichnet. In ihrer langen Geschichte waren sie schon häufig beliebte Begleiter, im Alltag, für die Reise mit dem Zug, beim Camping-Urlaub oder früher auch beim Militär, verschwanden dann wieder von den Straßen und Wegen, um dann doch wieder aufzutauchen. Dabei haben sich die anfangs sperrigen und auch klapprigen Gefährten im Laufe der Zeit deutlich weiterentwickelt.
Wer hat das Klapprad ursprünglich entwickelt?
Es gab und gibt unzählige clevere Erfinder und Konstrukteure, die sich mit der Entwicklung von klapp- oder faltbaren Fahrrädern beschäftigten, wie die Recherche in Patentdatenbanken zeigt. Hier ein kleiner Überblick über wichtige Entwicklungen und Fortschritte:
- Das erste Patent für ein Zerlegerad wird dem Briten William Grout zugeschrieben. Er entwickelte 1878 ein Hochrad mit Vollgummireifen, dessen großes Vorderrad sich in vier Segmente zerlegen ließ. Diese fanden zusammen mit dem gefalteten Rahmen des Hochrades und dem kleinen Hinterrad Platz in einem handlichen dreieckigen Koffer. Der Fahrkomfort dieses zerlegbaren Fahrrades soll aber aufgrund des geteilten Vollgummireifens selbst für damalige Zeiten wenig beeindruckend gewesen sein.
- 1888 erhielt der amerikanische Erfinder Emmit G. Latta ein Patent für ein Faltrad. Ein Auszug aus dem Patent: „Der Zweck dieser Erfindung besteht darin, eine Maschine zu schaffen, die sicher, stark und brauchbar ist und sich leichter steuern lässt als die heute gebräuchlichen Maschinen, und außerdem die Maschine so zu konstruieren, dass sie zusammengeklappt werden kann, wenn sie nicht gebraucht wird, um wenig Lagerraum zu benötigen und ihren Transport zu erleichtern."
Latta verkaufte dieses Patent an die Pope Manufacturing Company, die zu Beginn des Fahrradzeitalters in Amerika Dutzende fahrradbezogene Patente erwarb und seine Räder unter dem Markennamen Columbia verkaufte. Allerdings ist nicht bekannt, ob das Latta-Fahrrad jemals von Pope gefertigt und vermarktet wurde.
- Der erste größere Entwicklungsschub in der Geschichte des Klapprads ist dem Militär zu verdanken. 1888 gab es in England bereits das erste Radfahrer-Corps. Für Kurierfahrten und für den Transport auf der Straße zeigte sich dabei das klassische nicht klappbare Fahrrad als sehr gut geeignet, auf unwegsamem Gelände hingegen weniger. Deshalb wurden Fahrräder entwickelt, die sich zusammenfalten und auf dem Rücken tragen ließen.
- 1896 erhielt der Amerikaner Michael B. Ryan das Patent mit der Nummer US 569354 A für sein als „Faun“ bekanntes Faltrad. Häufig wird das „Faun“ als Mutter aller Falträder bezeichnet und die Ähnlichkeit zu späteren Versionen ist nicht zu übersehen. In der Patentschrift von M.B. Ryan ist geschrieben: „Diese Erfindung betrifft Fahrräder und bezieht sich insbesondere auf eine Konstruktion, die es ermöglicht, den Rahmen zu falten, um die Vorder- und Hinterräder im wesentlichen nebeneinander zu bringen. Das Ziel der Erfindung ist eine praktische und zuverlässige Maschine dieser Art, die sich nicht wesentlich in Gewicht oder Aussehen von dem üblichen Sicherheits-Fahrrad unterscheidet, und die schnell auf einen kleinen Umfang reduziert werden kann, so dass die Maschine leicht nach oben oder unten getragen werden und in einem kleinen Raum aufbewahrt werden kann.“
- Im Zweiten Weltkrieg fanden die Klappräder dann für Fallschirmspringer, die hinter den feindlichen Linien absprangen, große Verwendung. Mikael Pederson entwickelte ein Modell für die britische Armee. Es wog ungefähr sieben Kilogramm und war ca. 60 cm groß. Während des Zweiten Weltkrieges wurde ein noch stabileres Klapprad gebaut, um den Aufprall eines Fallschirmsprunges auszuhalten.
Britische Erfinder treiben Klapprad-Entwicklung voran
In den Nachkriegsjahren verschwand das Klapprad nicht nur von den Straßen. Erst in den frühen 1960er Jahren, als das Kraftfahrzeug zum Massenverkehrsmittel geworden war und die eigentliche Idee des Klapprads als Gepäckstück wieder aufgegriffen wurde, zeigen sich wieder größere Innovationen, vor allem in Großbritannien. Dort wurde eine Vielzahl von Erfindungen veröffentlicht, die zum Teil noch heute bei den aktuell auf dem Markt erhältlichen Klappradmodellen vorzufinden sind.
So entwickelte Alexander Eric Moulton 1960 das „Stowaway“-Modell, das mit kleinen Rädern ausgestattet sowie teilbar war. Nachdem er diese Entwicklung zunächst erfolglos einem Hersteller angeboten hatte, entschloss er sich dazu, das Modell selbst zu produzieren. Dieses Modell führte zu einer großen Klapprad-Welle.
1972 stellte Harry Bickerton ein Klapprad (Patent GB 1 460 565 A) vor, das Experten zufolge noch heute durch sein sehr kleines Faltmaß und bedingt durch den konsequenten Einsatz von Aluminium äußerst niedriges Gewicht besticht. Das Serienmodell wog nur um die 9 kg.
1975 erfand Andrew Ritchie mit seinem Faltsystem Brompton eine Lösung, mit der sich das Rad auf etwa die Größe der Räder zusammenfalten und einrasten lässt – und das in weniger als 20 Sekunden.
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Vom Klapp- zum Faltrad
Jedoch sollen viele Nachbauten mit schlechtem Fahrverhalten, einem instabilen Rahmen und ohne Federung für den Ruf der Klappräder ruiniert haben, sodass dies einer der Gründe ist, weshalb sich der Begriff Faltrad nun mehr und mehr durchsetzte: Hersteller versuchten, sich mit höherwertigen Produkten von den klapprigen „Klapprädern“ der 1960er und 1970er Jahre abzuheben. Ein weiterer Grund mag sein, dass die gebräuchliche Übersetzung im Englischen nicht Collapsible Bike ist, sondern vielmehr von Folding Bikes gesprochen wird.
Der Grundgedanke ist der Gleiche: Das Rad soll so schnell und einfach wie möglich auf ein so geringes Packmaß zusammengefaltet oder zerlegt werden können, dass es als Gepäckstück in einem anderen Verkehrsmittel mitgenommen werden kann, es also von der fahrbereiten in eine handliche Form bringen zu können. Es ist ein Fahrrad mit meist relativ kleinen Rädern, das über konstruktive Vorrichtungen wie Scharniere, Kupplungen und/oder Schnellspanner verfügt.
Was ist der Unterschied zwischen einem Klapp und einem Faltrad?
Vor allem besteht der Unterschied der beiden Varianten darin, dass das Klapprad durch Lösen einer Schraube eingeklappt, quasi halbiert wird. Es hat lediglich ein Hauptgelenk in der Mitte des Rahmens.
Das Faltrad wird mehreren Faltprozessen unterzogen, um von der fahrbereiten in die kompakte Form gebracht zu werden. Es verfügt über mehrere Faltscharniere, so dass es auf ein besonders kleines Faltmaß zusammengeklappt werden kann.
Da bei einem Klapprad lediglich ein Faltmechanismus vorhanden ist, muss die Größe des Rades auch dementsprechend angepasst werden. Aus diesem Grund fallen Klappräder kleiner als gängige Fahrräder aus, wodurch sie nur eingeschränkt nutzbar sind. Falträder sind meistens auf den ersten Blick von einem klassischen Fahrrad kaum zu unterscheiden.
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Technik kurz erklärt
Die Entwicklung des Fahrrads
Herausforderungen in der Konstruktion
Es gilt jedoch prinzipiell bei der Entwicklung eines Klapprades den Konflikt zu lösen, dass das Klapprad möglichst klein zusammenfaltbar sein soll, im fahrbereiten Zustand jedoch komfortabel, stabil und von seinen Fahreigenschaften möglichst so gut wie nicht von einem normalen Fahrrad zu unterscheiden sein soll.
Eine Herausforderung stellt der klassische Kettenantrieb dar: Die Spannung der Antriebskette muss auch im zusammengeklappten Zustand erhalten bleiben, damit die Kette nicht von den Antriebsritzeln bzw. -rädern abspringt. Deswegen darf das Faltrad einerseits im Bereich der Kette keine Klappstellen aufweisen und muss andererseits im zusammengeklappten Zustand die Kette vor äußeren Einflüssen so weit wie möglich schützen.
Von der Ölkrise erneut befeuert
Im Zusammenhang mit der aufkommenden Ölkrise der 1970er Jahre verstärkte sich der Klapprad-Boom. Der Gedanke dabei war nicht schlecht. Man fuhr mit dem Auto in Grüne, packte das Rad aus und strampelte los. Durch die kleinen Räder und den instabilen Rahmen hatten die meisten Klappräder der 1960er und 1970er Jahre jedoch zumeist ein recht dubioses Fahrverhalten. Aus Sparsamkeitsgründen wurde oft auf eine Schaltung verzichtet und meist dieselben Kettenblätter wie bei einem normalen Fahrrad verwendet. Daher musste man rasend schnell treten um mit den kleinen Rädern eine einigermaßen vernünftige Fahrgeschwindigkeit zu erreichen.
Nachteilig war dabei auch das große Gewicht dieser Klappräder, das durch einen zumeist sehr massiven Stahlrahmen verursacht wurde, sodass die Klappräder erneut von den Straßen und den Wegen verschwanden.
Und noch eine Renaissance für das Klapprad
Nachdem es in den 1980er und frühen 1990er Jahren etwas ruhiger um das Klapprad wurde, erlebt das Klapprad wieder eine Renaissance. Bedingt wird diese sicher durch den allgemeinen Trend zum Fahrrad als sportliches und emissionsfreies, nachhaltiges Fortbewegungsmittel; zudem hat die Coronapandemie ihren Beitrag geleistet.
Aktuell gibt es kaum einen Fahrradbereich, für den keine neuen Entwicklungen und Erfindungen bezüglich der Klapptechnik vorzufinden sind. So finden sich Entwicklungen und Erfindungen für Klappräder im Bereich der Mountainbikes, der Rennräder, der Tourenräder, der Kinderräder oder für die bereits genannten handlichen Kleinstklappräder, die sich zusammengefaltet in eine mittlere Tragetasche packen und so fast überall hin mitnehmen lassen. Falträder sind heute hoch spezialisiert. Rahmen aus Titan, Sattelstützen aus Carbon und Smart Gadgets machen der ein oder anderen Falter zum High-Tech-Fahrrad.
Quellen:
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