Produktpiraterie im Maschinenbau China weiter Plagiatsweltmeister, Indien verdrängt Deutschland von Platz 2

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Laut der VDMA-Studie „Produktpiraterie 2022“ geht der durch Plagiate verursachte Schaden im Maschinen- und Anlagenbau zurück. Doch stellen Plagiate, die weiter hauptsächlich aus China stammen, zunehmend ein Sicherheitsrisiko für Anwender dar.

Umgerechnet knapp 29.000 Arbeitsplätzen entspricht einer VDMA-Studie zufolge der Schaden, den Plagiate im Maschinen- und Anlagenbau verursachen.  In den betroffenen Unternehmen deckt die Studie einen Umsatzverlust von 4,9 Prozent auf.
Umgerechnet knapp 29.000 Arbeitsplätzen entspricht einer VDMA-Studie zufolge der Schaden, den Plagiate im Maschinen- und Anlagenbau verursachen. In den betroffenen Unternehmen deckt die Studie einen Umsatzverlust von 4,9 Prozent auf.
(Bild: Olivier Le Moal - stock.adobe.com)

Die Maschinen- und Anlagenbauer sind in der Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie in den vergangenen beiden Jahren einen guten Schritt vorangekommen. Während die jährliche Schadenssumme in der Dekade von 2010 bis 2020 auf einem hohen Niveau von mehr als 7 Milliarden Euro verharrte, ist sie nun auf 6,4 Milliarden Euro deutlich gefallen. Laut der aktuellen Studie „Produktpiraterie 2022“ lag der durch Plagiatoren angerichtete Schaden damit um 1,2 Milliarden Euro niedriger als der zuletzt im Jahr 2020 ermittelte Wert.

Wir sehen eine deutliche Zunahme von Maßnahmen, die nach Entdeckung eines Plagiatsfalls eingeleitet werden und das scheint sich auszuzahlen.

Steffen Zimmermann, Leiter des VDMA Competence Center Industrial Security

„Das ist zwar immer noch eine enorme Summe, die im Maschinen- und Anlagenbau umgerechnet knapp 29.000 Arbeitsplätze bedeuten würde. Aber wir sehen eine deutliche Zunahme von Maßnahmen, die nach Entdeckung eines Plagiatsfalls eingeleitet werden und das scheint sich auszuzahlen“, erläutert Steffen Zimmermann, Leiter des VDMA Competence Center Industrial Security.

72 Prozent aller Unternehmen von Produktpiraterie betroffen

Alle zwei Jahre befragt der VDMA seine Mitgliedsfirmen zu den Bedrohungen und Auswirkungen von Fälschungen. In der aktuellen Studie, die vom Fraunhofer-Institut für Angewandte und Integrierte Sicherheit AISEC im Auftrag des VDMA erstellt wurde, gaben 72 Prozent (2020: 74 Prozent) der befragten Unternehmen an, von Produktpiraterie betroffen zu sein.

Steffen Zimmermann, VDMA (rechts): „Bei 41 Prozent der befragten Unternehmen werden Geschäftspartner irgendwann zu Plagiatoren“.
Steffen Zimmermann, VDMA (rechts): „Bei 41 Prozent der befragten Unternehmen werden Geschäftspartner irgendwann zu Plagiatoren“.
(Bild: M. Zwettler, konstruktionspraxis)

Rangliste: Wo wird plagiiert?

  • Nach wie vor stammen die meisten Fälschungen dabei aus China. Die Volksrepublik führt mit 87 Prozent deutlich die Liste der Herkunftsländer von Plagiaten an.
  • Auf Platz zwei folgt erstmalig Indien mit 26 Prozent. Bei der Befragung 2020 kam Indien nur auf 11 Prozent.
  • Platz 3 geht an Deutschland (19 Prozent). „Die Piraterie ist hier häufig auf Insider zurückzuführen, die beim Arbeitgeberwechsel Daten mitnehmen“, so Zimmermann.
  • Platz 4 geht mit je 13 Prozent an Italien, Russland und die Türkei.
  • Mit 10 Prozent landet Taiwan auf Platz 5.

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Wer plagiiert?

  • Als Auftraggeber für Plagiate nennen die meisten befragten Unternehmen direkte Wettbewerber (70 Prozent).
  • Aber auch Geschäftspartner wie Kunden, Zulieferer oder Joint-Venture-Partner werden als Ausgangspunkt von Fälschungen gesehen (41 Prozent).
  • Einen deutlichen Zuwachs verzeichnen inzwischen professionelle Großplagiatoren, die von 30 Prozent der befragten Unternehmen genannt wurden.

Was wird plagiiert?

Bei den Plagiaten handelt es sich meist um unlauteren Nachbau, Markenrechtsverletzungen und Patentrechtsverletzungen.

  • Am häufigsten werden dabei einzelne Teile oder das äußere Erscheinungsbild (Design) gefälscht (63 Prozent).
  • An zweiter Stelle stehen Komponenten mit 58 Prozent.
  • Es folgen Ersatzteile (42 Prozent) und ganze Maschinen (40 Prozent).
  • Seltener kommen sogenannte „weiche“ Plagiate vor (Kataloge, Broschüren, Produktfotos), die einen Rückgang um 9 Prozentpunkte auf 29 Prozent verzeichnen.
  • Erstmalig gefragt wurde nach Plagiaten von Websites und Online-Shops, von denen jedes fünfte Unternehmen betroffen ist (21 Prozent).
Die Bedrohung, die von Fälschungen ausgeht, ist gewaltig: Plagiate stellen nachweisbar ein Sicherheitsrisiko dar. 41 Prozent der Unternehmen berichten von Fälschungen, die eine Gefahr für Bediener oder Anwender mit sich bringen. Mehr als die Hälfte der Befragten (57 Prozent) sehen bei den von ihnen entdeckten Plagiaten eine Gefahr für den sicheren Betrieb der Anlage.

Steffen Zimmermann, Leiter des VDMA Competence Center Industrial Security

Was tun gegen Produktpiraterie?

  • Entdeckt ein Unternehmen ein Plagiat, können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden. In den vergangenen beiden Jahren gab es bei den eingeleiteten Maßnahmen einen deutlichen Zuwachs in allen Kategorien, so dass nur noch in einem von drei Fällen die Entdeckung eines Plagiats folgenlos blieb – ein deutlicher Rückgang zur vorangegangenen Umfrage, als es noch 49 Prozent waren. Der deutlichste absolute Zuwachs um 20 Prozentpunkte ist bei außergerichtlichen Maßnahmen zu verzeichnen, die dieses Jahr in 58 Prozent der Fälle erstmalig häufiger als bei jedem zweiten entdeckten Plagiat eingeleitet wurden.
  • Während mehr als jedes zweite Großunternehmen nach Plagiatsentdeckung ein Verfahren einleitete, ist dies nur bei jedem siebten kleinen und mittleren Unternehmen der Fall (KMU). „KMU leiden überdurchschnittlich unter der Produktpiraterie, unternehmen aufgrund von Kapazitäts- und Ressourcenmangel aber wenig gegen Produktpiraterie“, so Zimmermann.
    Die Experten empfehlen daher, zuerst ein außergerichtliches Vorgehen zu prüfen, beispielsweise Anwaltsschreiben, persönliche Gespräche oder Aufklärungsmaßnahmen beim Kunden. „Erfahrungsgemäß stellt sich danach eine erste Besserung ein, da viele Plagiatoren unerkannt agieren und nicht öffentlich genannt werden wollen“, resümiert Zimmermann.
  • Zimmermann machte in diesem Zusammenhang am Beispiel von Schaeffler und der Plattform Alibaba deutlich, dass auch Kooperationen hilfreich sein können. Denn durch die Zusammenarbeit zwischen den beiden Unternehmen konnte Schaeffler die Anzahl an Plagiaten, die über Alibaba verkauft werden, um 99 Prozent reduzieren.
  • Zudem könne laut Zimmermann mit Ingenieurlösungen der Produktpiraterie entgegengewirkt werden: Technische Schutzmaßnahmen und Sicherheitskonzepte oder auch Value Added Services böten einen Schutz gegen Plagiate. Unterstützung dabei finden Unternehmen zum Beispiel bei Fraunhofer AISEC.

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