Kunststoffdirektverschraubung Auf die richtige Schraubengeometrie kommt es an
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Eine Schraubengeometrie finden, die Toleranzschwankungen ausgleicht – das ist die Herausforderung bei der Kunststoffverschraubung. Mit ihrer asymmetrischen Geometrie könnte hierfür die Remform-Schraube die Lösung sein.

Für die Verbindung von Kunststoffbauteilen eignen sich Kunststoffdirektverschraubung als prozesssichere und auch kostenoptimierte Lösung. Doch hierbei gibt es viele Faktoren, die die Verbindung beeinflussen können: die Festigkeit des Werkstoffs, der Konditionierungszustand des Kunststoffs, Faserverläufe und die Art der Faser, das viskoelastische Verformungsverhalten, Bauteil- oder Schraubentoleranzen wie Kernloch- und Schraubendurchmesser oder auch die Genauigkeit des Schraubsystems.
Doch welche Schraubgeometrie eignet sich überhaupt für den jeweiligen Anwendungsfall? Hierfür ist es wichtig die Qualitätsmerkmale einer Kunststoffdirektverschraubung zu kennen:
- hohes Überdrehmoment
- niedriges Eindrehmoment
- hohe Vorspannkraft
- Auszugskraft
„Mit Blick auf eine klassische Schraubkurve ist es das Ziel, bei einem moderaten Einschraubmoment und einem möglichst hohen Überdrehmoment die höchstmögliche Vorspannkraft zu erreichen“, erklärt Sinja Strobl, Application Sales Manager bei der Arnold Umformtechnik GmbH & Co. KG und für die Auslegung von Schraubverbindungen und die Multiplikation von Applikationen verantwortlich. Gleichzeitig sei es wichtig, für die Sicherheit der Verbindung ein ausreichend großes Deltamoment zwischen Einschrauben und Überdrehen zu erreichen. „Damit wird vermieden, dass der Schrauber bei Schwankungen schon vor der Kopfauflage stoppt oder das geformte Muttergewinde herausreißt. Über das Deltamoment wird außerdem das optimale Anzugsmoment bestimmt“, sagt Strobl.
Im Serienprozess wird die Vorspannkraft in der Regel nicht überwacht. Hier dient das Drehmoment als Hilfsgröße. Im Versuch ermittelt bei Arnold Umformtechnik eine Messdose die Vorspannkraft. So kann jedem aufgezeichneten Drehmoment eine bestimmte Kraft zugeordnet werden.
Ein bewertbares Qualitätsmerkmal ist auch der Versagensfall. Hier dienen zerstörende Versuche dazu, herauszufinden, auf welche Art das Gewinde versagt. „Der optimale Versagensfall ist aufgrund der Reparaturlösung, wenn das Muttergewinde überdreht. Natürlich kann bei Kunststoffen mit sehr hohem Glasfaseranteil auch ein Bruch der Schraube eintreten“, erklärt Strobl. Im Normalfall sei jedoch bei der Kunststoffdirektverschraubung immer der Kunststoff das schwächere Glied und versagt damit als erstes. „Ein sogenannter Domriss oder Domabriss sollte vermieden werden. Der Grund für einen solchen Versagensfall ist fast immer die falsche Auslegung des Schraubdoms.“
Asymmetrisches Gewindeprofil erhöht die Schwingfestigkeit
Arnold Umformtechnik bietet mit den Remform-Schrauben gewindeformende Schrauben mit asymmetrischem Gewindeprofil. Sie haben im Vergleich zu herkömmlichen Kunststoffschrauben keine 30°-Flanke, sondern eine 12° Lastflanke. Der damit optimierte Gewindekern erhöht die Schwingfestigkeit und auch das Bruchdrehmoment der Schraube. Die Verbindung der Fügepartner wird stabiler, lässt aber auch bei hochfesten Kunststoffen ein höheres Montagedrehmoment zu, ohne das Risiko eines Schraubenbruchs.
Bisher wird bei der Kunststoffdirektverschraubung eine vergleichsweise hohe Drehzahl verwendet. Dadurch erwärmt sich das Material beim Verschrauben lokal und wird weich. Anders bei der Remform-Schraube: Hier wird das das Fließverhalten des Kunststoffs durch das Radiusprofil der Gewindeflanke ausgenutzt und mit dem höheren Materialvolumen der Kunststoff zur lasttragenden Flanke hin verdrängt, ohne dass starke Spannungsspitzen entstehen. Dabei hat die steile Lastflanke von 12° die Aufgabe, die nötige Vorspannkraft bei gleichzeitig hoher Montagesicherheit zu generieren. Die aufgebrachte Vorspannkraft muss also vom Kunststoff gleichmäßig aufgenommen werden können, ohne einen Dombruch aufgrund zu hoher Radialspannungen zu riskieren.
Höhere Gewindeüberdeckung und Ausreißkraft
Beim Eindrehen wird der Kunststoff durch den Wärmeeintrag umformbar. Dabei gilt es, die auftretenden Spannungen klein zu halten. Hierbei nimmt der Flankenwinkel eine besondere Rolle ein. „Die vergleichsweise flache Neigung der lasttragenden Flanke ermöglicht eine steilere Orientierung des Kraftvektors in axialer Richtung. Dadurch wird der Tubus beim Einschrauben weniger belastet und das Risiko eines Dombruchs sinkt“, erläutert Sinja Strobl. Durch das Radiusprofil werde zusätzlich ein Moment erzeugt, das den Kunststoff beim Eindrehen direkt auf die steile Lastflanke lenkt. Die asymmetrische Geometrie senkt also die Radialkraft und erhöht die Axialkraft, was im Vergleich zu einem symmetrischen Profil eine deutlich höhere Gewindeüberdeckung und Ausreißkraft bedeutet. Die hohe Gewindeüberdeckung sorgt auch für eine größere Scherfläche. Dadurch steigt das Überdrehmoment der Verbindung. Die geringere Belastung des Mutternwerkstoffes erlaubt zudem höhere Vorspannkräfte und eine langlebige Verbindung bei maximaler Restvorspannkraft. Um diesen hohen Anforderungen bei Kunststoffdirektverschraubungen gerecht werden zu können, wird ein Werkstoff der Festigkeitsklasse 10 verwendet.
Verbindungslösung für härtere, faserverstärkte Kunststoffe

Die Remform II HS (High Strenght) wird dann eingesetzt, wenn hoch belastbare Verschraubungen, eine hohe Vorspannkraft und eine hohe Lösesicherheit gefordert sind. Hierfür fertigt Arnold Umformtechnik die Schraube in einem passgenauen Herstellprozess und auf der Basis entsprechender Versuchsdaten. Sie zeichnet sich durch einen vergrößerten Gewindekern aus, der neben der Schwingfestigkeit auch das Bruchdrehmoment der Schraube erhöht. Dies führt zu einer stabileren Verbindung der Fügepartner, lässt aber auch bei hochfesten Kunststoffen ein höheres Montagedrehmoment zu, ohne das Risiko eines Schraubenbruchs.
Eine weitere Verbesserung stellt das verrundete Radiusprofil der Gewindeflanken dar. Dadurch findet auch bei der Verschraubung von faserverstärkten Kunststoffen keine Deformation der Gewindeflanken statt, sodass eine sichere Verschraubung mit hoher Tragfähigkeit gewährleistet wird. Die steile Lastflanke hat dabei die Aufgabe, die nötige Vorspannkraft bei gleichzeitig hoher Montagesicherheit zu generieren. Die reduzierte Neigung der lasttragenden Flanke und der aus dem Radiusprofil resultierende erhöhte Kunststoffanteil auf der Kontaktfläche ermöglichen eine steilere Orientierung des Kraftvektors in axialer Richtung. Dabei sinkt das Risiko eines Dombruchs durch Minimierung der Radialspannung bei gleichzeitiger Erhöhung der übertragbaren Kraft.
Schlanker Verarbeitungsprozess
Neben der hohen Montagesicherheit und -vorspannkraft ermöglicht die Remform auch prozesssichere Wiederholverschraubungen. Das heißt: Beim Endkunden können Reparaturen an Bauteilen mit Kunststoffdirektverschraubungen durchgeführt werden. Im Gegensatz zu herkömmlichen Kunststoffverschraubungen mittels Hülse, Schraube und Mutter lässt sich durch die einseitige Zugänglichkeit bei Kunststoffdirektverschraubungen zudem nicht nur die Komplexität der Bauteile reduzieren, sondern auch die Anzahl an Kleinteilen.
Und der Verarbeitungsprozess ist bei Kunststoffdirektverschraubungen im Gegensatz zu herkömmlichen Kunststoffverschraubungen schlanker. Das Bauteil kann direkt mit optimal ausgelegten Kernlöchern gespritzt und im Anschluss mit der Kunststoffschraube montiert werden. Dadurch entfallen Kosten- und Prozesszeitentreiber wie das Handling von unterschiedlichen Kleinteilen oder höhere Werkzeugkosten und Prozesszeiten für den Einlegevorgang des Inserts in das Werkzeug.
„Überall dort, wo Leichtbau, hohe Kräfte und Kostenoptimierung aufeinandertreffen, findet man Kunststoffdirektverschraubungen. Sei es in Leiterplatten, wo der Bauraum stark begrenzt und der Einsatz von Inserts nicht möglich ist oder in hochbelasteten Bauteilen wie Außenspiegeln, Staubsaugern oder Ölfiltern. In vielen Kunststoffapplikation kann durch eine gezielte Auslegung der Verbindungsstelle die Kunststoffdirektverschraubung angewendet werden“, nennt Sinja Strobl die Einsatzgebiete.
Testing, Prognosen und Berechnung im Schraubenprüflabor
Arnold Umformtechnik überprüft für seine Kunden im Schraubenprüflabor, ob die gewählte Verbindungslösung für den entsprechenden Anwendungsfall geeignet ist. Im Fastener Testing Center stehen ihnen umfangreiches aktuelles Prüfequipment sowie Schraubtechnik zur Verfügung. Die eingesetzten Techniken entsprechen dabei den Anforderungen der IATF 16949. Bei Bedarf kann zudem auf weitere interne und externe Labore zugegriffen werden, zum Beispiel für Werkstoffprüfungen oder eine Schliffbilderstellung. Jede Untersuchung wird in einem detaillierten Versuchsbericht dokumentiert, welcher auf die Wünsche des Auftraggebers zugeschnitten ist.
Und wenn noch kein reales Bauteil zur Verfügung steht, haben Kunden die Möglichkeit, mit dem Prognosetools Fast Designer Plastics den Montageprozess und die Montagevorspannkräfte bereits im Designprozess zu prognostizieren. Dadurch kann der kostenintensive Versuchsumfang deutlich reduziert werden. „Wir bekommen mit dem Fast Designer Plastics frühzeitig eine Aussage über das Einschraubmoment, das optimale Anzugsmoment und die prognostizierte Vorspannkraft. Anschließend sollte eine Validierung über Versuche am Originalbauteil erfolgen“, nennt Strobl weitere Möglichkeiten für das Entwickeln einer passgenauen Verbindungslösung.
* Fachredakteurin für Wirtschaft und Technik
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