Dezentrale hydraulisch-elektrische Linearachse Wie Fertigungsprozesse effizienter werden können - ein Lösungsansatz

Redakteur: M.A. Bernhard Richter

Es wird ernst, der Klimawandel ist nicht mehr zu leugnen. Damit die Industrie weiter produzieren und für sichere Arbeitsplätze sorgen kann, muss die Effizienz der Fertigungsprozesse massiv verbessert werden. Bucher Hydraulics beweist mit neuen Systemlösungen auf Basis der AX-Technologie, wie das in der Antriebstechnik hydraulisch funktioniert.

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Hydraulik löst die starre Kopplung elektromechanischer Antriebe auf, Motor und Pumpe lassen sich praktisch beliebig positionieren und über Druckschläuche mit dem Zylinder verbinden.
Hydraulik löst die starre Kopplung elektromechanischer Antriebe auf, Motor und Pumpe lassen sich praktisch beliebig positionieren und über Druckschläuche mit dem Zylinder verbinden.
(Bild: Bucher)

Mehrere politische Initiativen auf nationaler und europäischer Ebene zielen im Sinne des Klimaschutzes auf eine gesteigerte Effizienz. Dazu muss auch die Industrie ihren Beitrag leisten. Unter anderem sollen hocheffiziente, elektrisch angetriebene Lösungen konventionelle Antriebe ablösen. Betrachtet wird dabei das gesamte System und nicht mehr nur die einzelne Komponente. Vernetzte Antriebe sollen ein Management ermöglichen, das möglichst sparsam mit Energie umgeht.

In der Vergangenheit sind energieeffiziente Lösungen oft am zu hohen Preis gescheitert, weil Energie und auch der Preis für CO2-Emissionen noch zu günstig waren. Durch die aktuelle Klimaproblematik und -diskussion ändert sich diese Situation gerade. Energetisch günstigere elektromechanische Antriebe stoßen jedoch oft an technologische Grenzen, vor allem, wenn es um hohe Kräfte bei geringem Bauraum geht.

Hydraulik zieht gleich

Hydraulikzylinder sind geradezu prädestiniert, wenn es da­rum geht, lineare Bewegungen mit hohen Kräften zu erzeugen. Nachteil: Die Steuerung oder Regelung der Bewegung in konventionellen Systemen funktioniert auf Basis von Ventilen, die hohe Drossel- und damit Energieverluste erzeugen. Außerdem schränkt die meist zentrale Anordnung großer Hydraulikaggregate, deren Energie über lange Strecken verteilt werden muss, die Energieeffizienz zusätzlich ein.

Die etablierten Systeme sind hinsichtlich ihrer Initialkosten beim Bau von Maschinen allerdings unschlagbar günstig, weshalb sie immer noch einen hohen Stellenwert im Maschinen- und Anlagenbau haben. Was meist nicht bedacht wird: Im Laufe der Betriebsdauer verursachen sie so hohe Energiekosten, dass diese die ursprüngliche Investition weit übersteigen können.

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Hersteller energetisch günstigerer elektromechanischer Antriebe versuchen seit einigen Jahren, hydraulische Antriebe für lineare Bewegungen zu substituieren. Direktelektrische Antriebe ohne Getriebe gibt es bisher allerdings nur vereinzelt und mit beschränkten Leistungsdaten. So reizvoll für den Konstrukteur auch ein direkter Antrieb ist, ohne Getriebeübersetzung fallen elektrische Antriebe prinzipbedingt sehr groß aus, weil viele Anwendungen hohe Kräfte auch bei geringen Geschwindigkeiten erfordern.

Grundsätzlich wird jeder elektromechanische Antrieb von einem eigenen E-Motor angetrieben. Im Gegensatz dazu treibt in der traditionellen Hydraulik ein E-Motor mit Hydraulikpumpe über Steuerventile mehrere Zylinder an. Das erklärt, warum elektromechanische Antriebstechnik erheblich höhere Investitionen erfordert. Und bei hohen Kräften, wie Hydrau­likzylinder sie sehr einfach bereitstellen, sind mechanische Linearantriebe deutlich aufwendiger und schwerer.

Dezentrale hydraulische Linearantriebe

Die Energieeffizienzstrategie der deutschen Bundesregierung verlangt in Zukunft hocheffiziente dezentrale Antriebe, die vernetzt in Gesamtsystemen arbeiten. Dies setzt neue Systemansätze und Subsysteme voraus. So lassen sich die Drosselverluste an den Steuer-/Regelventilen völlig vermeiden, wenn jeder einzelne Hydraulikzylinder von einem eigenen E-Motor und Pumpe angetrieben wird. Damit ist die Ursache für den geringen Wirkungsgrad der traditionellen Hy­draulik eliminiert.

Ein weiterer wesentlicher Vorteil gegenüber der starren Anordnung von E-Motor, Getriebe und Rollspindel eines elektromechanischen Linearantriebs: Die Komponenten des hy­draulischen Linearantriebs lassen sich flexibel in Maschinen und Anlagen anordnen. Damit sind die kompakten Dimensionen eines Hydraulikzylinders voll nutzbar. E-Motor und Pumpe lassen sich an einem passenden Einbauort in der Nähe montieren.

Darüber hinaus sind viele weitere Features der klassischen Hydraulik wie Überlastschutz, Wärmeabfuhr, Dämpfung oder Nothaltfunktionen leicht integrierbar.

Kritischer Part solcher Anwendungen ist oftmals die Pumpe, weil die Zuverlässigkeit nicht in allen Betriebspunkten optimal ist. Das gilt vor allem bei hohen Kräften und geringen Geschwindigkeiten oder beim Reversieren. Die konventionellen Hydraulikpumpen sind vor 50 Jahren nicht für diesen Einsatzzweck entwickelt worden, werden aber dennoch mit bestimmten Einschränkungen hierfür benutzt. Daher erzeugen konventionelle Hydraulikpumpen die höchste Verlustleistung im Subsystem Linearantrieb.

Linearantriebe ohne Drosselventile

Bucher Hydraulics hat unter Einsatz der neuartigen AX-Pumpen hocheffiziente, dezentrale Linearantriebe HELAX (hydraulic electric linear axis) speziell für diese Zwecke ent­wickelt. Sie funktionieren mit drehzahlgeregelten Servo­motoren und AX-Pumpen im geschlossenen Kreis. Ihre Performance ist absolut vergleichbar oder sogar besser als die mechanischer Linearantriebe. Die bekannten Vorteile des Hy­draulikzylinders hinsichtlich Kraft, Geschwindigkeit, Robustheit und Zuverlässigkeit bleiben bei den neuen Pumpen uneingeschränkt erhalten.

Die AX-Pumpe ist für drehzahlvariable Anwendungen optimal einsetzbar: Mit 24 Kolben sind die Pulsationen sehr niedrig und es kann problemlos mit höchster Zuverlässigkeit in allen vier Quadranten gefahren werden. Die Performance des elektrischen Antriebs ist vollständig nutzbar.

Die sonst zu beachtende minimale Drehzahlgrenze konven­tioneller Pumpen ist bei den AX-Pumpen nicht mehr vor­handen. Mit dem hohen AX-Wirkungsgrad bis 94 % ist die Verlustleistung auf dem gleichen Niveau wie bei E-Motoren und Getrieben. Schließlich überzeugen sie durch eine geringe Geräuschentwicklung.

Konventionelle Hydraulik besteht aus vielen Komponenten, die eingestellt und für die Anwendung optimiert werden müssen. Das erfordert spezielles Hydraulikwissen. Da es keine Ausbildung zum Hydrauliker gibt, sind Hydraulikkenntnisse weniger verbreitet als Kenntnisse der Elektrotechnik.

Einfach zu integrieren

Eine Inbetriebnahme des hydraulischen Linearantriebs ist dank der On-Board-Elektronik, in Verbindung mit einer spezifischen Software, ohne besonderes Hydraulik-Know-how mit den Kenntnissen der elektrischen Antriebstechnik möglich. Die Vorgabe von Motion-Control-Signalen erfolgt z.B. mittels CAN-Bus, die Software setzt die Signale in die gewünschte Bewegung um. Der Anwender muss sich nicht im Detail mit den Eigenschaften der Hydraulik beschäftigen. Er kann sich ganz auf die Funktion seiner Anwendung konzen­trieren. Der hydraulische Linearantrieb lässt sich also wie jeder E-Antrieb ins System integrieren.

Die Antriebe werden mit Gleichstrom betrieben, entsprechend gut lässt sich die Energie in einem vernetzten Fertigungsumfeld verteilen, rekuperieren und speichern.
Die Antriebe werden mit Gleichstrom betrieben, entsprechend gut lässt sich die Energie in einem vernetzten Fertigungsumfeld verteilen, rekuperieren und speichern.
(Bild: Bucher)

Der Gesamtwirkungsgrad des Antriebssystems aus Umrichter, Servomotor, AX-Pumpe und Zylinder erreicht bis zu 82 %. Bei der Rückgewinnung potenzieller Energie aus Senk- und Bremsvorgängen ist sogar ein Wirkungsgrad bis 84 % möglich. Versuche zeigen außerdem eine sehr hohe Positioniergenauigkeit auch bei hoher Kraft. Um die hohe Leistungsfähigkeit des Systems zu beweisen, entwickelten die Hydraulikexperten von Bucher Hydraulics die Regelung eines inversen Pendels mit einem Gewicht von 1,2 t. Das Subsystem wird im Dauerbetrieb ohne Kühler betrieben.

Vernetzung leicht gemacht

Der elektrische Servo-Motor des hydraulischen Linearantriebs ist am Gleichstromnetz angeschlossen. Das ermöglicht eine Energievernetzung; rückgespeiste Energie eines anderen Antriebs ist sofort und direkt nutzbar. Sie lässt sich aber natürlich auch in Energiespeichern wie Batterien zwischenspeichern. Die Energiespeicher können kurzzeitig Spitzenleistung zur Verfügung stellen, ohne die Strom-Einspeisung mit hohen und teuren Stromspitzen zu belasten.

Das System lässt sich im Hinblick auf Industrie-4.0-Konzepte im Rahmen der Digitalisierung und Vernetzung mit wenigen Sensoren und den ohnehin vorhandenen Daten aus dem Antriebsregler überwachen. Diese Daten ermöglichen ein effizienzsteigerndes Energiemanagement, ein Condition-Monitoring und nicht zuletzt eine vorausschauende Wartung. Damit erfüllt es weit mehr als die aktuellen Anforderungen an eine hohe Energieeffizienz.

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