Faszination Technik Wie ein Roboter Klinken und Schalter desinfiziert

In unserer Rubrik „Faszination Technik“ stellen wir Konstrukteuren jede Woche beeindruckende Projekte aus Forschung und Entwicklung vor. Heute: der Wischdesinfektionsroboter „DeKonBot 2“, für den zwölf Fraunhofer-Institute neue Schlüsseltechnologien entwickelt haben.

Anbieter zum Thema

Mit seinen Reinigungsbürsten entfernt DeKonBot 2 Schmutz an Türklinken, Lichtschaltern und Aufzugknöpfen und trägt gleichzeitig Desinfektionsmittel auf.
Mit seinen Reinigungsbürsten entfernt DeKonBot 2 Schmutz an Türklinken, Lichtschaltern und Aufzugknöpfen und trägt gleichzeitig Desinfektionsmittel auf.
(Bild: Fraunhofer IPA)

Seit der Corona-Pandemie ist die Reinigung und Desinfektion von Türgriffen, Lichtschaltern und Aufzugsknöpfen zu einer wichtigen Aufgabe des Reinigungspersonals geworden. Robotische Assistenzsysteme können hier in Zukunft unterstützen. Möglich macht es der „DeKonBot 2“ genannte Desinfektionsroboter. Er wurde innerhalb des Projektes „MobDi“ – Mobile Desinfektion vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA entwickelt und gebaut. Sein Vorteil: Anders als bereits verfügbare Automatisierungslösungen, die UV- oder sprühbasiert arbeiten, setzt „DeKonBot 2“ auf die Wischdesinfektion. Sein Einsatz ist somit auch in öffentlichen Gebäuden und Einrichtungen des Gesundheitswesens möglich, während sich Menschen darin aufhalten. 2022 soll er die Produktreife erreichen und 2023 auf den Markt kommen.

Die Hardware wurde überarbeitet

DeKonBot 2 besteht hauptsächlich aus einem kollaborativen Sechsachs-Knickarm-Roboter , der mobilen Basis Scitos X3 und einem Bürstensystem.
DeKonBot 2 besteht hauptsächlich aus einem kollaborativen Sechsachs-Knickarm-Roboter , der mobilen Basis Scitos X3 und einem Bürstensystem.
(Bild: Fraunhofer IPA)

Nach Angaben des Fraunhofer IPA ist der „DeKonBot 2“ eine Weiterentwicklung des gleichnamigen Desinfektionsroboters, der 2020 in erster Generation vorgestellt wurde. Als mobile Basis wird jetzt der Scitos X3 der Firma MetraLabs eingesetzt, eine Plattform, die mit einem einfachen Differentialantrieb kostengünstiger als die vorher genutzte omnidirektionale Plattform ist und mehr Platz für alle nötigen Aufbauten bietet. Der ursprüngliche Scara-Roboter wurde durch einen kollaborativen Sechsachs-Knickarm- Roboter der Firma Universal Robots ersetzt, der sich besser um die zu desinfizierenden Objekte herumbewegen und alle relevanten Kontaktflächen erreichen kann. Anstelle des bisherigen Mikrofaser-Schwamms nutzt „DeKonBot 2“ ein Bürstensystem.

Die Software nutzt maschinelle Lernverfahren

Die Erkennung der zu desinfizierenden Objekte stellt eine Schlüsseltechnologie dar, teilt das Fraunhofer IPA mit. Hier müssen die Softwarealgorithmen bei unterschiedlichen Umgebungsbedingungen zuverlässig funktionieren. Dabei sind Türklinken, Türknäufe, Lichtschalter und Aufzugknöpfe in verschiedenen Formen und Ausprägungen zu erkennen und im Raum zu lokalisieren. Möglich machen dies maschinelle Lernverfahren. Sie erkennen die Objekte anhand von zweidimensionalen RGB-Bildern und klassifizieren sie in verschiedene Objekttypen, an die der Roboter seine Reinigungsbewegung anpasst. Um die exakte Position und Kontur des zu reinigenden Objekts zu ermitteln, wird ein neu entwickeltes Sensorsystem eingesetzt. Dieses basiert auf einem Zeilenlaserscanner, der auch spiegelnde Oberflächen zuverlässig und präzise erfasst.

Einmalige Einarbeitung in den Arbeitvorgang

Die graphische Benutzeroberfläche für die intuitive Bedienung des Wischdesinfektionsroboter entwickelte das Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW. Über ein Tablet muss die Reinigungskraft den Roboter in einer neuen Arbeitsumgebung einmalig einlernen. Hierfür wird er per Fernsteuerung durch die gesamte zu reinigende Umgebung gefahren und die Position aller zu reinigenden Objekte markiert. „DeKonBot 2“ erstellt nun automatisch eine Karte. Dann kann die autonome Reinigung beginnen.

Der Roboter bewegt sich zu der vorher eingelernten Position und bewegt seinen Arm mit den Sensoren und dem Reinigungswerkzeug nach vorne. Dabei streift er die Bürsten an einem Gitter ab, um Tropfen zu vermeiden. Er vermisst das zu reinigende Objekt mit seinen Sensoren und plant dann anhand der Sensordaten die nötige Bewegung des Roboterarms, damit die Bürsten den Griff, Knauf oder Schalter vollständig desinfizieren. Nachfolgend beginnt der Roboter mit der Desinfektion. Ist diese beendet, positioniert er das Reinigungswerkzeug wieder sicher im Desinfektionsmitteltank und fährt zum nächsten Objekt. Folgendes Video veranschaulicht die Arbeitsweise:

Wirtschaftlichkeit berechnet

Bisher kann der Roboter 30 Objekte pro Stunde reinigen. Untersuchungen des Fraunhofer IMW ergaben, dass ab einer Leistung von 45 Objekten pro Stunde ein wirtschaftlicher Einsatz gegeben ist. Dafür müsste der Roboter 24 Stunden am Tag arbeiten (inklusive Ladevorgängen); die Abschreibungsdauer läge dann bei acht Jahren.

Auf Basis einer Lebenszykluskostenrechnung wurden hier alle Kosten betrachtet, die auf den gemessenen und zukünftig erreichbaren Leistungsdaten und den Kosten des Roboters von der Anschaffung bis zur Entsorgung anfallen. Als Vergleichswert dienten die Kosten einer Reinigungskraft, die ausschließlich dieselben Objekte desinfiziert.

Mit weiteren Optimierungen soll die Zielleistung von 45 Objekten pro Stunde erreicht werden. Dabei will das Team den Scanvorgang und die gesamten Bewegungsabläufe noch beschleunigen. In Zukunft soll der Roboter auch Türen öffnen und Aufzug fahren können.

(ID:47898974)