Simulation Verschwendung ade

Redakteur: Ute Drescher |

Elektronik lässt sich in Deutschland nur zu wettbewerbsfähigen Konditionen herstellen, wenn die Fertigung jeden Tag ein bisschen besser wird. Deshalb hat das Siemens-Werk Manufacturing Karlsruhe im Rahmen des Continuous Improvement-Prozesses die Siemens- eigene Software Tecnomatix Plant Simulation eingeführt. Ziel: Die Produktion mit so wenig Aufwand wie möglich durchzuführen.

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Elektronik lässt sich in Deutschland nur zu wettbewerbsfähigen Konditionen herstellen, wenn die Fertigung jeden Tag ein bisschen besser wird.
Elektronik lässt sich in Deutschland nur zu wettbewerbsfähigen Konditionen herstellen, wenn die Fertigung jeden Tag ein bisschen besser wird.
(Bild: Siemens PLM)

„Unsere Vision lautet 100 % Qualität, 100 % Lieferleistung und 100 % Verschwendungsfreiheit, d.h. wir wollen unsere Produkte mit so wenig Aufwand wie möglich fertigen“, betont Werksleiter Bernd Schmid. „Voraussetzung ist, dass die Fertigungsprozesse so laufen, wie wir uns das vorgestellt haben. Dabei ist uns Plant Simulation eine große Hilfe.“ Für den konsequenten Einsatz der Simulationssoftware wurde Siemens Manufacturing Karlsruhe kürzlich als einer der Preisträger im Wettbewerb „100 Orte für Industrie 4.0 in Baden-Württemberg“ ausgezeichnet. Die Expertenjury prämierte praxisrelevante Konzepte für die intelligente Vernetzung von Produktions- und Wertschöpfungsketten.

MF-K ist ein Paradebeispiel für die Herausforderungen, die Fertigungsunternehmen heute mit Hilfe von Industrie 4.0 meistern: Hohe Varianz, kleiner werdende Losgrößen und schwerer vorhersehbare Schwankungen des Auftragsvolumens. Das Werk baut z.B. 125.000 Industrie-PCs pro Jahr, aber die mittlere Losgröße pro Auftrag beträgt nur 1,8 Stück. Von 90 Mio. möglichen Varianten, die im Regelwerk des Konfigurators abgebildet sind, werden ca. 10.000 tatsächlich genutzt.

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Die Industrie-Kunden verhalten sich heute wie die Käufer eines Consumer PCs: Sie wollen ihr Produkt im Internet konfigurieren und nach Möglichkeit schon morgen geliefert bekommen. Um agiler auf solche individuellen Kundenwünsche und Schwankungen in der Auftragslage reagieren zu können, wird das MF-K die Fertigung in den nächsten Monaten komplett umbauen. Eine Operation am „offenen Herzen“, die ebenfalls mit Plant Simulation simuliert werden soll. Um beim Umzug Kollisionen zu vermeiden, müssen die bislang nur in 2D abgebildeten Anlagen erst mit dem NX Line Designer in 3D nachmodelliert werden.

Keine Neuanschaffung erforderlich

Die Vision, mit Plant Simulation ein digitales Abbild der Fabrik zu schaffen, wurde vor vier Jahren nach einer Präsentation der Kollegen von Siemens PLM Software geboren. Als Pilotprojekt für die Erprobung der Software wählte das MF-K eine Selektivanlage, die an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen war und eigentlich ersetzt werden sollte. In dieser Anlage werden THT-Elemente (Through Hole Technology) selektiv auf bereits mit anderen Bauteilen bestückte Flachbaugruppen gelötet. „Die Schwierigkeit besteht darin, dass in der Anlage gleichzeitig verschiedene Produkte mit unterschiedlich langen Zeiten für die einzelnen Prozessschritte bearbeitet werden“, erläutert Bernd Bastian, einer der Plant Simulation-Anwender der ersten Stunde.

Durch Optimierung der Einsteuerung der Produktpaarungen und der Austaktung der Prozessschritte in der Anlage erreichte das MF-K eine deutliche Steigerung des Outputs, so dass auf die Anschaffung einer neuen Anlage verzichtet werden konnte. Sie hätte das Werk einen sechsstelligen Betrag gekostet, wie Markus Fischer, Leiter Continuous Improvement Processes in Karlsruhe, sagt. Aufgrund der positiven Erfahrungen mit dem Pilotprojekt entschied sich die Werksleitung, die Software flächendeckend für die Optimierung der Fertigung einzusetzen.

Die bestehenden Arbeitsinseln, Anlagen und Fertigungszellen in Plant Simulation aufzubauen, kostet Bernd Bastian und seine Kollegen etwas Zeit. Die Software bringt zwar Bibliotheken mit für die Abbildung von Montagelinien und Materialflüssen bzw. Werkströmen mit. Sie mussten allerdings angepasst werden, um den Anforderungen der Elektronik-Fertigung zu genügen. Inzwischen haben die drei Anwender ca. 60 bis 70 % des Anlagenbestands abgebildet, was dadurch erleichtert wird, dass sich die Anlagen aus wieder verwendbaren Modulen zusammensetzen, wie Fischer sagt. „Dank unseres Baukastensystems ist das Grobmodell einer Arbeitsinsel heute in zwei Stunden erstellt.“

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