Schraube Versagen von Schraubverbindungen verhindern

Von Juliana Pfeiffer |

Mensch, Material, Maschine, Mitwelt und Methode beeinflussen die Qualität einer Schraubverbindung. Um schädliche Einflussfaktoren zu erkennen, ist die VDI/VDE-MT 2637 – Blatt 1 ein Muss in der Schraubtechnik.

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Mensch, Material, Maschine, Mitwelt, Methode – die sogenannten 5 Ms – beeinflussen entscheidend die Qualität einer Schraubverbindung.
Mensch, Material, Maschine, Mitwelt, Methode – die sogenannten 5 Ms – beeinflussen entscheidend die Qualität einer Schraubverbindung.
(Bild: Akademie der Schraubverbindung)

Jeder Hersteller von Maschinen und Anlagen muss beweisen können, dass sein Handeln sicher war. Demnach sollen nicht nur zugelassene Technik eingesetzt, sondern auch die anerkannten Qualifikationsmaßnahmen der Mitarbeiter nachgewiesen werden. Die Qualifikationsrichtlinie VDI/VDE-MT 2637 – Blatt 1 hilft dem Mitarbeiter in individuellen Qualifikationsprofilen zu erkennen, welche konkreten Kompetenzen weiterentwickelt werden müssen. Die insgesamt 52 Qualifizierungsbausteine beschreiben dies genauer. Schulungspflichtig sind demgemäß alle Anwender im Umfeld der Schraubtechnik. Dazu zählen Monteure im Innen- und Außendienst sowie Mitarbeiter der Qualitätssicherung, Konstruktion, Berechnung, Einkauf, Service und Personalabteilung. Besonders wichtig sind die Qualifizierungsmaßnahmen auch für Führungskräfte, denn jeder Mitarbeiter mit Personalverantwortung muss dafür sorgen, dass alle Mitglieder seiner Abteilung nachweislich ausreichend qualifiziert sind für ihre Aufgaben.

Maßgeblich für sichere Schraubverbindungen ist der Mensch. Er steht bei uns im Mittelpunkt. Seine Qualifikation und seine für die Problematik geschärften Sinne bestimmen darüber, welche Macht die übrigen 4 Ms entfalten können.

Catrin Junkers, Geschäftsführerin der AdSV

Welcher Mitarbeiter hat welchen Schulungsbedarf?

Doch welcher Mitarbeiter benötigt welchen der 52 Qualifizierungsbausteine? Und muss er für seine Aufgabe diese Techniken nur kennen, anwenden können oder sicher beherrschen? Erschwerend kommt hinzu, dass keine Standardschulungslösungen für einzelne Berufsgruppen existieren. Zu verschieden sind die Anwendungsfälle der Schraubtechnik in den unterschiedlichen Branchen und Firmen.

Individuelle Lehrpläne

An der Akademie der Schraubverbindung (AdSV) bieten die Dozenten ihre zeit- und kostensparende Hilfe an, wenn es darum geht, die richtige Schulungsmaßnahme zu ermitteln. Dabei erstellen sie in einem der Schulung vorgelagerten Seminar anhand der unternehmensspezifischen Prozesse und Anforderungen eine Bedarfsanalyse. Auf dieser Basis entwickelt die AdSV einen individuellen Lehrplan, der spezielle Schwerpunkte setzt und sicherstellt, dass die Vorschriften der VDI-Richtlinie erfüllt werden. Die AdSV-Trainer übersetzen die sperrigen Fachtexte in griffige Lerninhalte und vermitteln praxiserprobtes Anwenderwissen, das die Teilnehmer an ihren Arbeitsplätzen sofort umsetzen können. Geschult wird entweder am AdSV-Standort in Augsburg oder vor Ort beim Kunden.

Konkrete Anwendung der VDI/VDE-MT 2637

Die VDI 2030 beispielsweise beschreibt die rechnerische (theoretische) Auslegung von Schraubverbindungen. Es sind zudem im Fertigungsprozess mannigfaltige Einflüsse zu beachten. Diese teils systematischen, teils zufälligen Einflussgrößen werden im Allgemeinen als 5M bezeichnet: Mensch, Material, Maschine, Mitwelt (Umwelt), Methode. In folgenden Praxisbeispielen werden diese Einflussgrößen anhand von Praxisbeispielen vorgestellt.

Einflussfaktor Mensch

(Bildquelle: Akademie der Schraubverbindung)

Praxisbeispiel: Ein Mitarbeiter schmiert aufgrund mangelnder Qualifikation seine Schraubengarnitur zusätzlich mit Graphitpaste, um das unangenehme Quietschen bei der Montage zu vermeiden. Dabei sinkt der Gesamtreibwert der Verbindung auf kleiner 0,06 und die Schrauben einer Verkehrsleitbrücke lösen sich selbsttätig. Infolge dessen stürzt die Brücke um. In diesem Fall greift die persönliche Haftung. Alle anderen von diesem Mitarbeiter montierten Brücken müssen überprüft werden.

Lösung: Unternehmen müssen beweisen können, dass ihr Handeln jederzeit sicher war. Neben dem Einsatz zugelassener Technik müssen sie auch den Nachweis anerkannter Qualifikationsmaßnahmen ihrer Mitarbeiter erbringen. Um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, ist für alle mit Schraubtechnik befassten Mitarbeiter eine Grundlagenschulung VDI/VDE-MT 2637 – Blatt 1 erforderlich. Zusätzlich empfehlenswert sind die Spezialmodule Q37, Q38, Q39, Q40, Q42, Q43, Q44 und Q50, die den damit befassten Personen das nötige Handwerkszeug für die selbstständige Arbeit vermitteln. Der Mitarbeiter lernt zum einen eine Schraubverbindung herzustellen, aber auch Prüfpläne zu erstellen und die Überprüfung durchzuführen. Der so trainierte Mitarbeiter, beispielsweise der Monteur, ist somit gerüstet, um auch bei schwierigen Bedingungen jederzeit kompetent entscheiden und sicher verschrauben zu können.

Relevante Q-Bausteine:

  • Q37: Herstellung einer Schraubverbindung im Feld oder außerhalb der Serienfertigung
  • Q38: Optimierung der eingestellten Überwachungs- und Zusatzparameter unter Einhaltung der vorgegebenen Ziel- und ggf. Zusatzparameter
  • Q39: Erstellung von Prüfplänen für festgelegte Schraubverbindungen
  • Q40: Festlegung der Strategie und Parameter für die Prozessfähigkeitsuntersuchung (PFU)
  • Q42: Messung von Schraubverbindungen außerhalb der Serienfertigung nach dem Montageprozess
  • Q43: Attributive Prüfung von Schraubverbindungen nach dem Montageprozess
  • Q44: Auswertung und Interpretation der PFU
  • Q50: Analyse des Verschraubungsprozesses

Einflussfaktor Maschine

(Bildquelle: Akademie der Schraubverbindung)

Praxisbeispiel: In einer Serienproduktion tritt ein Maschinenfehler auf. Der nachgelagerte Prüfprozess hat nicht stattgefunden oder ist unzureichend, weil die falsche Schraubfallkategorie verwendet wurde. Nach 50.000 ausgelieferten Fahrzeugen tritt aufgrund einer versagenden Schraubverbindung ein schwerer Schaden im Feld auf. Da nicht bekannt ist, ab wann der Maschinenfehler am Schraubgerät aufgetreten ist, muss ein Rückruf für alle ausgelieferten Fahrzeuge erfolgen.

Lösung: Routine in der Großserienfertigung birgt die Gefahr, dass sich Fehler einschleichen und über viele produzierte Einheiten hinweg unentdeckt bleiben. Der Schaden, den die vermeintlich kleine Ursache anrichtet, ist bei hohen Stückzahlen immens. Auch der Imageverlust bei Tausenden betroffenen Kunden ist gravierend. Neben der Grundlagenschulung VDI/VDE-MT 2637 – Blatt 1 sind für Mitarbeiter in der Serienproduktion auch die Spezialmodule Q4, Q23, Q25 und Q28 empfehlenswert. Hierbei lernen die Seminarteilnehmer die Schraubfallkategorie festzulegen, aber auch, wie Schraubwerkzeuge fachkundig geprüft und gewartet werden. Ergänzend dazu bieten sich die Module Q40, Q41, Q43, Q44 und Q50 an, um die Kenntnisse zu den Themen Messen und Prüfen von Schraubverbindungen zu vertiefen.

Relevante Q-Bausteine:

  • Q4: Festlegung der Schraubfallkategorie
  • Q23: Durchführung einer MFU, Sicherstellung der Maschinenfähigkeit von Schraubwerkzeugen
  • Q25: Wartung und Instandhaltung von Schraubwerkzeugen und -systemen
  • Q28: Bereitstellung von Mess- und Prüfmitteln sowie Adapterwerkzeugen für die Produktprüfung
  • Q40: Festlegung der Strategie und Parameter für die PFU
  • Q41: Messung von Schraubverbindungen innerhalb der Serienfertigung nach dem Montageprozess
  • Q43: Attributive Prüfung von Schraubverbindungen nach dem Montageprozess
  • Q44: Auswertung und Interpretation der PFU
  • Q50: Analyse des Verschraubungsprozesses

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