Schweißlösungen für den Supersportwagen

Redakteur: Juliana Schulze

Die Aluminium-Karosserie des Mercedes-Benz SLS AMG stellt hohe Anforderungen an die Schweißnähte. Die Lichtbogen-Schweißtechnologie CMT Advanced von Fronius bietet die Lösung.

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Nach dem mechanischen Bearbeiten der Nahtüberhöhung “glänzt” eine einwandfreie Fläche ohne sichtbare Nahtstellen oder Poren. (Bild: Fronius)
Nach dem mechanischen Bearbeiten der Nahtüberhöhung “glänzt” eine einwandfreie Fläche ohne sichtbare Nahtstellen oder Poren. (Bild: Fronius)

Die exklusive Konstruktion des Supersportwagens von Mercedes Benz und AMG vereint intelligenten Leichtbau mit hoher Festigkeit. Doch bevor die Gestalt des Sportwagens sowohl technisch als auch wirtschaftlich realisierbar war, hatte der Hersteller des 241 kg leichten Rohbaus, Magna Steyr, in seinem Grazer Werk einige Hürden zu nehmen. Denn: „Erstmals präsentieren Mercedes-Benz und AMG ein Automobil, bei dem Chassis und Karosserie aus Aluminium gefertigt sind. Das sorgt gegenüber der traditionellen Stahlbauweise für eine signifikante Gewichtsersparnis“, beschreiben die Stuttgarter den SLS AMG.

Rohbau des Supersportwagens besteht mit noch zu 4 % aus Stahl

975 Stanznieten, 581 FDS(Flow Drill Screw)-Verbindungen und 70.000 mm CMT(Cold Metal Transfer)-Nähte bringen 16 Guss-, 146 Profil- und 197 Blechteile in die Form der Flügeltüren-Sportwagenkarosserie. Ihr Vorbild ist der legendäre Mercedes 300 SL der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Allerdings besteht der aktuelle Rohbau nur noch zu 4 % aus Stahl. Und die Schweißnähte am Luxussportwagen müssen besondere technische, organisatorische und wirtschaftliche Anforderungen erfüllen. Deshalb nutzt Magna Steyr nach umfangreichen Vergleichen und Untersuchungen dafür das modifizierte Equipment zum manuellen CMT-Schweißen von Fronius im industriellen Serienbetrieb. Den generellen Schwierigkeitsgrad der Nähte von insgesamt 70.000 mm Länge übertreffen zwei kurze Nahtpaare jedoch noch markant. „Dies ist die schwierigste Naht meiner drei-ßigjährigen Berufszeit bei Magna Steyr,“ berichtet Werner Karner, der erfahrene Leiter des Fügezentrum Versuchsbau in Graz.

Naht zwischen B-Säule und Dach muss hohen Anforderungen trotzen

In erster Linie realisieren metallurgische Verbindungen noch vor den mechanischen und chemischen die geforderte hohe Festigkeit. Zugespitzt gilt dies für die Fügestelle zwischen der B-Säule (Seitenwand) und dem Dach. Hier treffen zwei parallel verlaufende Bleche auf ein einzelnes; die drei sind aus jeweils 1,1 mm dünnen AlMg 6014. Die jeweils auf der linken und rechten Seite des Fahrzeuges angeordnete 150 mm kurze Naht muss mehrere extreme Anforderungen erfüllen. So schwankt das Spaltmaß zwischen den zu fügenden Blechen stark und kann in Folge der Summe von Bauteiltoleranzen mehrere Millimeter betragen. Außerdem müssen der Nahtquerschnitt und die Nahtkontur so gestaltet sein, dass ein Übermaß zum mechanischen Nachbearbeiten entsteht, denn das Spachteln zum Ausgleich von Unebenheiten ist bei PKW dieser Kategorie ein absolutes Tabu. Auch der Verzug muss so gering sein, dass maximal 0,2 mm mechanische Nachbearbeitung zum Ausgleich genügen. Zudem muss die Oberfläche riss- und porenfrei sein und das end-gültige Verfahren muss in der gegebenen Taktzeit auch wirtschaftlich darstellbar sein.

Breite und dicke Nähte erforderten hohen Nacharbeitsaufwand

Gängige Lichtbogenverfahren wie das MIG(Metall-Inertgas)-, WIG(Wolfram-Inertgas)- oder Plasma-Schweißen scheiden wegen unterschiedlicher technischer (Spritzer, Wärmeeintrag, Verzug, fehlende Nahtüberhöhung), wirtschaftlicher (Geschwindigkeit, Taktzeit) oder organisatorischer (zweite parallele Fertigungslinie zum Schweißen) Vorraussetzungen aus. Der Prozess CMT (Cold Metall Transfer) manuell entwickelte sich positiv. Allerdings fiel bei diesen häufig sehr breiten und dazu erforderlich relativ dicken Nähten ein hoher Nacharbeitsaufwand an. Die Finish-Experten der folgenden Fertigungsprozesse wünschten stattdessen immer wieder eine stärker überhöhte homogene Naht. Vorschläge, mehrere Lagen zu schweißen, wurden wieder verworfen, weil damit bei Aluminium Grobkorn entsteht, die Festigkeit leidet und der Verzug zunimmt. Die Idee, das in der Stahlblechverarbeitung bewährte Pendeln per Roboter zu nutzen, wurde schnell verworfen. Denn durch das langsame Hin- und Herbewegen steigt der Wärmeeintrag und hebt so den Hauptvorteil des „kalten“ CMT-Schweißens auf.

Teil 2: CMT Advanced arobotergeführt getestet

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