Corona-Krise Schutzmasken, Gesichts-Schutzschilde und Beatmungsgeräte aus dem 3D-Drucker
Im Kampf gegen das Coronavirus ist jede Hilfe Gold wert. So unterstützen mittlerweile viele branchenfremde Unternehmen, Hochschulen und Universitäten mit dringend benötigten Schutzmasken, Gesichtsvisieren und Beatmungsgeräte – hergestellt mittels 3D-Druck.
Anbieter zum Thema

Schutzausrüstung für klinisches Personal ist dieser Tage weltweit Mangelware. Viele branchenfremde Unternehmen, Hochschulen und Universitäten unterstützen deshalb mit der additiven Fertigung von Schutzmasken, Gesichtsvisieren und Beatmungsgeräten im Kampf gegen das Corona-Virus.
3D-gedruckte Schutzmaske mit wiederverwendbarem Rahmen
Das amerikanische Unternehmen Essentium hat ein Schutzmasken-Kit entwickelt, das aus einem wiederverwendbaren 3D-gedruckten Maskenrahmen und Filtermedium besteht. Der Maskenrahmen wird aus Essentium TPU74D, ein thermoplastisches Urethan, hergestellt. Dieses Material ermöglicht eine leichte Reinigung und wird mit einem austauschbaren Einweg-Filtrationsmedium verwendet. Die erste Serie von 500 Masken wurden bereits an die Polizei und Feuerwehr von Pflugerville, einer Stadt in der Nähe von Texas, dem Hauptsitz von Essentium, geliefert. Da Essentium seine Ressourcen aktuell auf die Produktion dieser Persönlichen Schutzausrüstung (PSA) konzentriert, rechnet das Unternehmen mit einer anfänglichen Produktionskapazität von 5.000 Einheiten pro Woche. Das Unternehmen hat das Design der Maske über das Open-Source-Modell des National Institute of Health (NIH) frei verfügbar gemacht.
Gesichts-Schutzschilde aus dem 3D-Drucker
Eine Initiative des Instituts für Innovation und Industrie Management der TU Graz fertigt für die Steirische Krankenanstalten GmbH 10.000 dringend benötigte Gesichts-Schutzschilde im 3D-Druckverfahren. Das Schutzschild esteht im Wesentlichen aus drei Bauteilen: Das Trägerteil des Schildes wird mittels FDM-3D-Druckverfahren aus PLA Kunststoff gefertigt. Dieses Material zeichnet sich durch gute Druckbarkeit aus, ist biokompatibel und biologisch abbaubar. Das Schild selbst besteht in der Pilotserie aus einer handelsüblichen Overheadfolie, die mittels eines DIN-A4-Vierfachlochers gelocht und am Trägerteil fixiert wird. Dies ermöglicht bei Bedarf den einfachen Tausch des Schildes beziehungsweise eine leichte Reinigung desselben. Befestigt wird das Schutzschild mit einem in der Länge einstellbarem, waschbarem Gummiband.
Das Institut für Innovation und Industrie Management ist zudem mit zwei österreichischen Unternehmen dabei, die Serienproduktion des Produktes zu starten. Damit können diese Schutzschilde schon bald auch anderen medizinischen Versorgungseinrichtungen in Österreich geliefert werden.
Gesichts-Schutzschild von der Beuth Hochschule
Ein Team von engagierten Studierenden, Mitarbeitenden und Lehrenden der Beuth Hochschule für Technik Berlin konstruiert Prototypen eines Gesichts-Schutzschildes. Die Idee stammt vom Studierenden Paul Jerchel vom Rat für Zukunftsweisende Entwicklung. Gemeinsam mit Laboringenieur Tasso Mulzer koordinieren sie die Aktion, an der sich neben 16 Hochschulmitgliedern auch die gemeinnützige Hilfsorganisation CADUS sowie Berliner und Brandenburger Makerspaces (öffentlich zugängliche Werkstätten) beteiligen. An der Beuth Hochschule haben die Freiwilligen nun erstes Material wie Folien und Gummibänder erhalten. Im Labor für Produktionstechnik wurden zunächst verschiedene Visiertypen in unterschiedlichen Verfahren entwickelt und erprobt, bevor dann die Produktion starten wird. Durch Materialspenden wurde das Vorhaben durch 1st-mould, Biesterfeld Spezialchemie, Bleher Folientechnik und das Zeichencenter Ebeling unterstützt.
Wer Visiere und Masken braucht, kann seinen Bedarf per E-Mail anmelden: bedarf@masken.berlin
80 Gesichts-Schutzschilde in 11 Stunden 3D-gedruckt
Auch in den Laboren der Fachhochschule Dortmund laufen aktuell die 3D-Drucker auf Hochtouren, um die Kliniken in der Region bei der Produktion von medizinischer Schutzausrüstung zu unterstützen. Auslöser für den außergewöhnlichen Druckauftrag war eine Anfrage der Ruhrlandklinik, die bei dem vorherrschenden Mangel an medizinischer Schutzausrüstung die FH Dortmund um Unterstützung beim 3D-Druck gebeten hatte.
Die Labore der Fachbereiche Maschinenbau und Informatik fertigen anhand eines zur Verfügung gestellten 3D-Modells im 3D-Druckverfahren passgenaue Bauteile aus Kunststoff für den Gesichtsschutz: Stirnbänder und Kinnteile, also Ober- und Unterteile einer Schutzhaube. Die transparente Kunststoff-Folie dazwischen – der eigentliche Schutz – wird mit Lasern zugeschnitten, die normalerweise für den Bau von Modellen im Fachbereich Architektur der Fachhochschule genutzt werden. Rund 300 Sets werden so pro Woche gefertigt. Dabei dauert ein Druckauftrag mit 80 Gersichts-Schutzschilde elf Stunden. Sämtliche Einzelteile übergibt die FH Dortmund dann an die Kliniken, wo sie erst sterilisiert und dann zusammengebaut werden. Im Unterschied zu einfachen Masken können die medizinischen Schutzschilde länger eingesetzt, desinfiziert und wiederverwendet werden.
Gesichts-Schutzschilde anstatt Ventilatoren
Auch der Ventilatorenhersteller Ziehl-Abegg unterstützt mit seinen 3D-Druckerfahrungen im Kampf gegen die Corona-Krise. In Künzelsau entstehen nun Gesichts-Schutzschilde auf den 3D-Druckern, die an Landrat Dr. Matthias Neth überreicht werden. Die Bauanleitung hatte eine Mitarbeiterin von Ziehl-Abegg zufällig per WhatsApp erhalten – und schon am nächsten Vormittag schickte Ziehl-Abegg ein Foto der ersten Gesichts-Schutzschilde an den Krisenstab im Landratsamt. Als es von dort sofort grünes Licht gab, liefen beide 3-D-Drucker im Künzelsauer Entwicklungszentrum InVent an. Normalerweise werden auf den 3D-Druckern, die bereits seit 2010 im Einsatz sind, Prototypen von neuen Ideen erstellt.
Das Erstellen der Schutzschilde verlief schnell und unkompliziert: Der Träger wird gedruckt, die Sichtscheibe ist eine Folie für einen Tageslichtprojektor, ein handelsüblicher Locher stanzt die Öffnungen, und befestigt wird mit Gummibändern.
Notfall-Beatmungsgerät aus dem 3D-Drucker
Innerhalb von sieben Tagen ist es den Wissenschaftlern den Wissenschaftlern der Uniklinik Leipzig, der WHZ und des Fraunhofer IWU gelungen einen Prototypen eines Notfall-Beatmungsgeräts zu entwickeln. Wichtig bei der Entwicklung war es, Sensorik und Regelungsmöglichkeiten zu integrieren, um die Hauptparameter der Beatmung einstellen bzw. überwachen zu können. Verschiedene mechanische Antriebskonzepte mussten konstruiert und getestet, Rotations- und Linearmotoren evaluiert, Getriebe integriert werden.
Auch Projekte wie „Hirnspatel“, „Erweiterte Realität im OP“ machte die schnelle Entwicklung möglich. Die WHZ konnte das Projekt durch die Bereitstellung des Lungenphantoms zum Test des Beatmungssystems unter realistischen Bedingungen unterstützen. Mittlerweile wurde das Notfall-Beatmungsgerät aus dem 3D-Drucker an der Uniklinik in Leipzig erfolgreich getestet.
Mit einem 3D-Drucker können drei Systeme pro Tag gedruckt werden. Eingesetzt werden können diese Notfall-Beatmungsgeräte international in allen Einrichtungen, in denen nicht genügend Hightech-Beatmungssysteme zur Verfügung stehen. Durch den Zugriff auf ein internationales Netzwerk an 3D-Druckern könnten die Systeme auch in großen Stückzahlen in verschiedenen Ländern hergestellt werden. Alle anderen benötigten Komponenten wie Motoren, Elektronik oder Sensoren sind aktuell noch schnell in großer Stückzahl lieferbar.
Silikon-Dichtungen für Beatmungsmasken
Die 3D-Drucker des ETH-Spin-offs Spectroplast sind so gut ausgelastet wie nie zuvor: Das Jungunternehmen stellt im Auftrag von Medizinfirmen unter anderem Silikonaufsätze für Atemmasken her. Quasi über Nacht hat die Corona-Krise auch das Jungunternehmen erreicht – und die Auftragsbücher prall gefüllt. Grund für die plötzliche Nachfragesteigerung: Spectroplast stellt mithilfe eines 3D-Druckverfahrens massgeschneiderte Einzelstücke aus Silikon her. Zwei der fünf firmeneigenen 3D-Drucker laufen Tag und Nacht, um die bestellten Maskendichtungen herzustellen. Zusätzlich sind zwei weitere 3D-Drucker in Betrieb. So entstehen 50 bis 70 Maskendichtungen pro Tag. Die 3D-Daten, um die Drucker anzusteuern, erhielten die Jungunternehmer vom Auftraggeber. Das beschleunigt die Abwicklung des Auftrags enorm.
Noch mehr additive Schutzmasken und Mundschutze finden Sie in dieser Übersicht.
:quality(80)/images.vogel.de/vogelonline/bdb/1691500/1691541/original.jpg)
3D-Druck
Corona-Krise – Wie die 3D-Druck-Industrie hilft
(ID:46497962)