Selektives Laserschmelzen Qualität des Metallpulvers sichert mechanische Bauteileigenschaften

Von Gunther Kuhn; Gregor Graf*

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Verfahren wie das selektive Laserschmelzen eröffnen neue konstruktive Freiheiten bei geringen Kosten. Um Unsicherheiten durch fehlende Materialkennwerte oder wenig Betriebserfahrung entgegen zu wirken, helfen unabhängige Audits und Zertifikate. TÜV SÜD Industrie Service und der Metallpulverhersteller Rosswag Engineering zeigen, worauf es dabei ankommt.

Für einen zuverlässigen additiven Fertigungsprozess auf pulverbettbasierten Laserstrahlmaschinen ist die Qualität des Metallpulvers von entscheidender Bedeutung.
Für einen zuverlässigen additiven Fertigungsprozess auf pulverbettbasierten Laserstrahlmaschinen ist die Qualität des Metallpulvers von entscheidender Bedeutung.
(Bild: Rosswag)

Die Studie „Additive Manufacturing with Metal Powders 2020” eines kanadischen Research-Unternehmens prognostiziert trotz der Corona-Pandemie ein moderates Wachstum bei den zugehörigen Material- und Produktionsleistungen. Grund dafür ist, dass viele Unternehmen sich neu aufstellen, um unterbrochene Lieferketten durch neue Partner oder eigene additive Fertigungslinien aufzufangen. Denn die Anlagen lassen sich leicht in bestehende Produktionsstraßen einbinden.

Oft fehlt es dabei aber an der Erfahrung und dem Wissen, das entscheidend ist, um eine gleichbleibende Bauteilqualität zu bekommen. Das gilt umso mehr für sicherheitsrelevante Teile, bei denen die Anforderungen noch höher sind. Benötigt werden vor allem gesicherte Angaben zu den mechanisch-technologischen Eigenschaften, wie beispielsweise Zugfestigkeit oder Kerbschlagzähigkeit. Wenn unklar bleibt, ob Bauteile die Auslegungsparameter später auch tatsächlich einhalten, drohen mitunter Rechtsunsicherheit und offene Haftungsfragen.

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Punktgenaue Produktion

Beim selektiven Laserschmelzen entsteht das Produkt im so genannten Pulverbett, das von einer inerten Schutzatmosphäre umgeben ist. Dort wird Schicht für Schicht Pulver durch einen Laser lokal aufgeschmolzen. Anschließend erstarrt das Metall genau nach dem digitalen Konstruktionsplan. Oft lassen sich so Bauteile zeit- und kostensparender herstellen, da beispielsweise nicht erst eine Guss- oder Negativform hergestellt werden muss. Das überschüssige, nicht geschmolzene Metallpulver, in das das Bauteil nach Fertigstellung eingebettet ist, wird abgesaugt und gelangt nach der Aufbereitung wieder in den Vorratsbehälter.

Konstruktion legt Grundstein für Qualität

Entscheidend ist neben konstruktiven Details wie der Materialstärke, Form und den Stützstrukturen die Wahl des richtigen Werkstoffs – und damit die Qualität des Metallpulvers. Für große Querschnitte eignen sich bspw. eher großvolumige Partikel, weil sie die hohen Energieeinträge eines Lasers eher tolerieren. Kleine Partikel verdampfen mitunter zu schnell und können zu Poren im Bauteil führen. Diese entstehen auch bei zu hoher Restfeuchte, wenn sich Wasserstoff und Sauerstoff, aufgespaltet durch den Laser, in die Matrix des Materials einlagern.

Bei Transport, Lagerung und Verarbeitung muss die gesamt Prozesskette geschützt sein. Im Bedarfsfall sollte das Pulver klimatisiert gelagert oder nachgetrocknet werden. Einige Qualitätsmerkmale kann der additive Fertiger selbst beeinflussen und mit dem Produzenten vereinbaren – zum Beispiel wie das Pulver hergestellt, verpackt, gelagert und transportiert wird. Andere Parameter lassen sich nur zusammen mit dem Zulieferer kontrollieren. So sind eigene oder externe Laboruntersuchungen nötig, um Form und Größenverteilung der Partikel anhand einer Probe mikroskopisch zu verifizieren.

Kalibrieren geht über Studieren

Entscheidend ist aber nicht nur, die Laborergebnisse zu studieren, sondern bereits zuvor tolerierbare Messunsicherheiten zu fixieren. Das ist herausfordernd, weil mitunter keine Rückführbarkeit auf so genannte Prüfnormale besteht. Diese Vergleichskörper dienen zur Kalibrierung der Messgeräte. Entscheidend ist zu klären, bis zu welchem Grad Abweichungen noch akzeptabel sind. Ziel ist, das richtige Maß an Genauigkeit zu finden, bei der weder Qualitätseinbußen noch unnötig hohe Prüf- und Kalibrierungskosten entstehen. In diesem Prozess sind eigene Referenzproben und Verfahren einzuführen, um Messunsicherheiten zu ermitteln und Grenzwerte zu definieren.

Fertigungssichere Werkstoffgruppen nachweisen

Rosswag Engineering, eine Division der Rosswag GmbH sorgt deshalb für eine geschlossene Prozesskette für den Metall-3D-Druck. Der Familienbetrieb hat über 100 Jahre Erfahrung mit gewalzten Ringen und Freiformschmiedeprodukten und beschäftigt sich seit mehr als 5 Jahren intensiv mit der additiven Fertigung. Vergangenes Jahr hat TÜV SÜD Industrie Service Rosswag Engineering als ersten Metallpulver-Hersteller für die additive Fertigung erfolgreich zertifiziert. Das zugehörige Zertifizierungsprogramm entwickelte TÜV SÜD auf Basis jahrelanger Erfahrung in der Schweißtechnik und spezifischen Regelwerken. Neben dem AD 2000-Regelwerk für Druckgeräte zählten dazu auch die Sicherheitsanforderungen der Druckgeräterichtlinie.

Neben der Pulverherstellung betrachteten die Experten bei Rosswag auch die Mitarbeiterqualifikation, die Qualitätssicherung sowie das Rosswag eigene Prüflabor. Das schließt die Kalibrierung der Prüfgeräte, Prüfung von Testkörpern sowie Fragen der Reproduzier- und Rückverfolgbarkeit ein. Ob die Verarbeitung fortlaufend überwacht und die Risikoanalysen aktualisiert werden, waren weitere Punkte. Schließlich wird die Fertigungssicherheit bestimmter Werkstoffgruppen und der Eignung von Metallpulvern nachgewiesen – und damit nach außen dokumentierbar.

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* Gunther Kuhn, Leiter Produktmanagement bei TÜV SÜD Industrie Service ;

* Gregor Graf, Leiter Engineering bei Rosswag

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