Maschinensicherheit Neues Sicherheitskonzept für bestehenden Palettierer

Autor / Redakteur: Götz Fiessler* / Jan Vollmuth

Dank eines durchdachten Sicherheitskonzepts entspricht eine alte Palettieranlage wieder den neuesten Safety-Standards – ohne dadurch an Verfügbarkeit einzubüßen.

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Damit das Sicherheits-Lichtgitter nur beim Betreten einer Person einen Stopp auslöst, aber die Beschickung mittels Gabelstapler erfolgen kann, wurde eine sogenannte Muting-Funktion für das Lichtgitter implementiert.
Damit das Sicherheits-Lichtgitter nur beim Betreten einer Person einen Stopp auslöst, aber die Beschickung mittels Gabelstapler erfolgen kann, wurde eine sogenannte Muting-Funktion für das Lichtgitter implementiert.
(Bild: Fiessler Elektronik)

Arbeitssicherheit ist oberstes Gebot für das Unternehmen Südbayerisches Portland-Zementwerk Geb. Wiesböck & Co. GmbH, auch als Rohrdorfer Zementwerk bekannt: Seit der Gründung des Produktionswerkes haben sich die Anlagen und Ausstattungen durch Einsatz modernster Technik stark verändert – wobei die Anlagen kontinuierlich mit aktueller Sicherheitstechnik nachgerüstet wurden und werden. Beispiel dafür ist eine Palettieranlage, die nicht einfach nur ersetzt, sondern nach neuesten Vorgaben und Normen sicherheitstechnisch auf den Stand der Technik gebracht werden sollte.

Die Aufgabestation für die Verpackungsfolie.
Die Aufgabestation für die Verpackungsfolie.
(Bild: Fiessler Elektronik)

Die betreffende Anlage besteht aus 2 Palettiereinheiten, einem Hochpalettierer der Firma Beumer sowie einem sogenannten Verpackungspalettierer der Firma Möllers. Grundsätzlich ist ein Palettierer ein System der Prozessautomatisierung, um automatisch Packstücke auf Ladungsträgern zusammenzufassen. Bei Rohrdorfer kommt die die Gesamtanlage zum Einsatz, um z.B. 25 kg schwere Säcke in entsprechende Packgutformaten schonend und optimal zu stapeln.

Schutzeinrichtung soll Paletten-Handling nicht behindern

Außerdem wird mithilfe einer Dehnungsfolie das Packgut auf jeweils einer Europalette effektiv und ladungsstabilisierend für den späteren Transport verpackt. Über ein Rollen- bzw. Transportband werden die fertigen Gebinde an zwei Abnahmestellen bereitgestellt. Dort können die Paletten von einem Gabelstapler abgeholt werden.

Unter sicherheitstechnischen Gesichtspunkten spielen bei dieser Anlage vier Bereiche eine Rolle: die Aufgabestation für Leerpaletten, die Aufgabestation für die Verpackungsfolie und die beiden Abnahmestationen für die Entnahme der gepackten Paletten. Bei allen Stationen könnten Personen in die Anlage gelangen und durch bewegliche Teile bzw. dem Fördergut verletzt werden.

Auf der Suche nach einem geeigneten Sicherheitskonzept für diese Anlage arbeitete Franz Stocker, Leiter der Elektrotechnik und Sicherheitsfachkraft beim Rohrdorfer Zementwerk, mit dem Unternehmen Fiessler Elektronik aus Aichwald und einer externen Sicherheitsfirma zusammen. Hauptaugenmerk lag dabei auf einer Lösung, welche die Anlage gegen Betreten absichert als auch die tägliche Arbeit beim Beschicken der Anlage bzw. Entnehmen der Paletten nicht beeinträchtigt und somit eine hohe Verfügbarkeit der Gesamtanlage gewährleistet wird.

Auf einer der beiden Abnahmestationen steht eine gepackte Palette zum Abholen bereit.
Auf einer der beiden Abnahmestationen steht eine gepackte Palette zum Abholen bereit.
(Bild: Fiessler Elektronik)

Für die Zugangsabsicherung der verschiedenen Stationen wurde ein Sicherheits-Lichtgitter vom Typ ULVT 800/3 aus dem Hause Fiessler Elektronik gewählt. Montiert in Schutzsäulen und mit einer hohen Reichweite ausgestattet ist das Lichtgitter prädestiniert für den Einsatz in rauen Umgebungen.

Damit das Sicherheits-Lichtgitter nur beim Betreten einer Person einen Stopp auslöst, aber die Beschickung mittels Gabelstapler erfolgen kann, wurde eine sogenannte Muting-Funktion für das Lichtgitter implementiert. Dies bedeutet, dass das Lichtgitter bei einer definierten Konstellation überbrückt wird und somit der Stapler die Palette aufsetzen bzw. entnehmen kann.

Sichere Differenzierung zwischen Mensch und Gabelstapler

Die Bedingungen für die zeitliche Überbrückung der Lichtgitter werden mittels der Sicherheitssteuerung FMSC gebildet und ausgewertet.
Die Bedingungen für die zeitliche Überbrückung der Lichtgitter werden mittels der Sicherheitssteuerung FMSC gebildet und ausgewertet.
(Bild: Fiessler Elektronik)

Die Bedingungen für die zeitliche Überbrückung der Lichtgitter werden mittels der modularen Sicherheitssteuerung FMSC von Fiessler Elektronik gebildet und ausgewertet. Werden die jeweiligen Mutebedingungen für die Lichtgitter unwahr, so wird das Lichtgitter wieder aktiv und die Station ist wieder gegen das Betreten gesichert. Die jeweiligen Zustände der Stationen werden über Leuchten angezeigt. Somit weiß jeder Beschäftigte sofort über den Sicherheitszustand der Station Bescheid. Die Gefahr eines unabsichtlichen Betretens der Anlage wird somit deutlich verringert. Damit eine sichere Differenzierung zwischen Mensch und Gabelstapler erfolgen kann, wurden in den Boden pro Station jeweils zwei Induktionsschleifen eingelassen.

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Die Gesamtanlage wurde mit vier Muting-Stationen und folgendem Ablauf umgesetzt:

  • 1. Die Lichtgitter sind mit einer Wiederanlaufsperre programmiert. Dies bedeutet, dass die Lichtvorhänge wie folgt zu quittieren sind: a) Nach Spannungswiederkehr der Anlage; b) Nach Unterbrechung des Lichtvorhangs ohne Muting-Anforderung.
  • 2. Eine Muting-Anforderung wird dann eingeleitet, wenn: a) die Induktionsschleife 1 vor der Induktionsschleife 2 belegt wird; b) Beide Induktionsschleifen nach Punkt a) gleichzeitig belegt sind.
  • 3. Die Muting-Anforderung wird aufgehoben, wenn: a) Eine der Induktionsschleifen wieder frei wird; b) Wenn die eingestellte maximale Muting-Zeit überschritten wird. Die Mutingzeiten wurden nach Vorgabe umgesetzt und diese Zeit sollte so kurz als möglich gehalten werden.
  • 4. Die Gesamtanlage wird über ein Sicherheitsrelais FSEM bei Bedarf abgeschaltet. Das Relais wird dabei ebenfalls mittels einem Kontakt überwacht und sollte ein Überwachungsfehler festgestellt werden, so muss dieser gesondert quittiert werden.
  • 5. Der Zustand der Stationen wird jeweils über einen sog. Dreifach-Signalgeber angezeigt: a) Grün: Anlage ist betriebsbereit und der Schutzbetrieb aktiv; b) Gelb: Lichtvorhang ist überbrückt (Muting). Stapler Material einbringen bzw. abholen; c) Rot: Lichtvorhang wurde im aktiven Zustand unterbrochen. Lichtvorhang muss quittiert werden. Gesamtanlage muss quittiert werden.

Sichere Abschaltung der Gesamtanlage bei Betreten des Gefahrenbereichs

Sollte eine Person durch die offenen „Bereiche“ bzw. durch die Sicherheits-Lichtgitter in den Gefahrenbereich gelangen, erfolgt direkt eine sichere Abschaltung der gesamten Anlage, so dass keinerlei Verletzungsgefahr mehr bestehen kann. Die Anlage kann erst nach entsprechender Quittierung von außen wieder in den normalen Betrieb zurückgesetzt werden.

* Götz Fiessler ist Geschäftsführer der Fiessler Elektronik GmbH & Co. KG aus Aichwald

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