Elektrifizierung Chinesische Forscher berichten von Durchbruch bei Festkörperbatterien

Ein Gastbeitrag von Henrik Bork Lesedauer: 3 min |

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Dank einer neuen Legierung für die Anoden von Festkörperbatterien wollen chinesische Wissenschaftler das Problem des lästigen Dendritenwachstums unterdrücken. Damit werde die Serienfertigung effizienter Festkörperbatterien für die Elektromobilität wahrscheinlicher.

Einen Durchbruch bei Festkörperbatterien will ein chinesisches Forscherteam erzielt haben: Mit einer neuen Legierung für die Anoden werde ihre Kommerzialisierung einen Schritt wahrscheinlicher.
Einen Durchbruch bei Festkörperbatterien will ein chinesisches Forscherteam erzielt haben: Mit einer neuen Legierung für die Anoden werde ihre Kommerzialisierung einen Schritt wahrscheinlicher.
(Bild: RareStock - stock.adobe.com)

Alle reden von „Festkörperbatterien“ als der nächsten Wunderwaffe der Elektrifizierung. Nur hat es noch niemand geschafft, sie wirklich zu bauen. Für E-Autos versprechen sie mehr Reichweite, elektrische Linienflugzeuge wären ohne sie kaum vorstellbar, auch besonders leistungsfähige Energiespeicher oder medizinische Geräte könnten mit diesem „Upgrade“ der gegenwärtigen, flüssigen Lithium-Ionen-Batterien gebaut werden.

Nun hat ein chinesisches Forscherteam eine neue Legierung für die Anoden von Festkörperbatterien entdeckt, mit der ihre Kommerzialisierung einen Schritt weit wahrscheinlicher wird. Es handelt sich um eine Anode aus einer „harten, mit Kohlenstoff stabilisierten Lithium-Silizium“-Legierung, wie die Wissenschaftler in einem Aufsatz für „Nature Energy“ berichten.

Neues Anodenmaterial unterdrückt Lithium-Dendritenwachstum

Ihre Experimente hätten gezeigt, dass solche Anoden die Probleme lösen könnten, die derzeit der Serienfertigung von Festkörperbatterien im Wege stehen, schreiben Wu Fan und Li Hong vom „Beijing Key Laboratory for New Energy Materials and Devices” an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. Das am häufigsten auftauchende technische Problem bei verschiedenen Arten von Festkörperbatterien, die derzeit von Teams rund um die Erde entwickelt werden, ist das lästige Dendritenwachstum an den Anoden. Diese sind meist dafür verantwortlich, wenn Powerbatterien in E-Autos plötzlich Feuer fangen.

Dendriten sind kristallartige, wie verzweigte Äste aussehende Strukturen, die beim Aufladen von Lithium-Ionen-Batterien auf den Anoden wachsen, vergleichbar den Stalagmiten in einer Tropfsteinhöhle. Wenn sie so groß geworden sind, dass sie die Separatoren zwischen den Elektroden durchbohren, kann es zum Kurzschluss in der Batterie kommen.

Genau dieses Lithium-Dendritenwachstum kann nun mit dem neuen Anodenmaterial von Wu und Li aus Peking unterdrückt werden, berichtet das chinesische Fachmagazin für Materialwissenschaften „Cailiao Kexue yu Gongcheng“ in einer aktuellen Ausgabe. Auch ein weiteres gängiges Problem, unerwünschte Reaktionen an den Grenzflächen, werde verringert.

(Bild: Asia Waypoint)

Mit dieser neuen Legierung für Anoden werde der Bau von Festkörperbatterien möglich, die über viele Zyklen hinweg stabil bleiben und weitere Vorteile zeigten, schreiben die Forscher. Die aktive Fläche werde erweitert und die Stress-Konzentration verringert, was letztendlich zu einer „verbesserten Elektroden-Kinetik und mechanischen Stabilität“ führe, so die zwei chinesischen Experten in ihrem Aufsatz in Nature Energy.

Festkörperbatterien: mehr Energiedichte für mehr Reichweite

Besonders in der Autoindustrie wird derzeit fieberhaft an der Entwicklung von Festkörperbatterien oder „Solid-State“-Batterien geforscht, da sie wegen ihrer höheren Energiedichte eine viel höhere Reichweite für die Elektro-Flitzer versprechen. Industriebeobachter denken, dass Festkörperbatterien ein wirklicher „Game Changer“ für die E-Mobilität, aber auch für Powerbatterien in der Luft- und Raumfahrt und in vielen anderen Industrien werden könnten.

Erst Anfang Juli hatte beispielsweise Toyota angekündigt, möglicherweise schon im Jahr 2027 mit der Fertigung von Festkörperbatterien in großen Serien beginnen zu können. Da diese nur etwa die Hälfte des Gewichtes, Volumens und Produktionskosten der jetzigen Batteriegeneration haben, noch dazu in zehn Minuten komplett wieder aufladbar sind, wäre dies der Startschuss für eine Art Quantensprung der E-Mobilität.

Doch die Konkurrenz in China meldete sofort Zweifel an der Ankündigung von Toyota an. So sagte etwa Wu Kai, Chefwissenschaftler des weltgrößten Batterieherstellers CATL, der Nachrichtenagentur Reuters zufolge: „Was ich mit Sicherheit weiß, ist das niemand in der Industrie derzeit fähig ist, Festkörperbatterien in großen Serien zu produzieren“.

Viele Entwicklungsteams in Asien, auch die von CATL und dem E-Auto-Startup NIO, experimentieren derzeit mit Zwischenlösungen, sogenannten „Semi-Solid-State“-Batterien, die nicht mehr ganz flüssig, aber auch noch nicht komplett fest sind. Eine richtige Festkörperbatterie aber hat bislang noch kein Auto- oder Batteriehersteller auf den Markt gebracht. Vielleicht verheißt ja jetzt die neue Anoden-Legierung aus dem Pekinger Forschungslabor den lang ersehnten Durchbruch.

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* Henrik Bork, langjähriger China-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung und der Frankfurter Rundschau, ist Managing Director bei Asia Waypoint, einer auf China spezialisierten Beratungsagentur mit Sitz in Peking. „China Market Insider“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Vogel Communications Group, Würzburg, und der Jigong Vogel Media Advertising in Beijing.

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