Grüner Wasserstoff Neue Methode zur direkten Elektrolyse aus Salzwasser

Von Henrik Bork Lesedauer: 3 min

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Man sollte vielleicht nicht immer gleich von „Revolutionen“ oder „großen wissenschaftlichen Durchbrüchen“ reden, aber was der 30-jährige Xie Heping in China gerade erfunden hat, könnte theoretisch eines Tages schon die Energieversorgung der Erde revolutionieren.

Eine neue Methode zur direkten Elektrolyse von Wasserstoff aus Meerwasser ohne vorherige Entsalzung soll eine nachhaltige Herstellung günstiger machen.
Eine neue Methode zur direkten Elektrolyse von Wasserstoff aus Meerwasser ohne vorherige Entsalzung soll eine nachhaltige Herstellung günstiger machen.
(Bild: frei lizenziert / Pixabay)

Eine neuartige Methode, die von chinesischen Wissenschaftlern um den 30-jährigen Forscher Xie Heping entwickelt wurde, ermöglicht die direkte Elektrolyse von Wasserstoff aus Meerwasser – ohne den bisher notwendigen Schritt der Entsalzung. Sie wurde gerade vom chinesischen Wissenschaftsministerium als eine der „Top 10-Fortschritte“ der chinesischen Wissenschaft im Jahr 2022 ausgezeichnet. Damit spielt das Wasserstoff-Projekt in einer Liga mit dem chinesischen Mars-Rover und ähnlichen Vorzeige-Forschungen in der Volksrepublik.

Was, wenn man Meerwasser direkt spalten könnte, ohne es zuvor entsalzen zu müssen?

Weltweit träumt man von grünem Wasserstoff

Grüner Wasserstoff erlebt derzeit weltweit so etwas wie eine weltweit Renaissance, nachdem die Technologie zuvor schon einmal in den Himmel gelobt und dann wieder kleingeredet worden war. Die Attraktion ist verständlich: Wasserstoff existiert zwar nicht auf natürliche Art und Weise in der Atmosphäre, ist jedoch in Verbindung mit anderen Elementen in Wasser und Methan auf unserem blauen Planeten weit verbreitet und leicht zugänglich.

Auch die Elektrolyse, bei der Wasser mit Hilfe von Elektrizität in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird, ist eine altbekannte und gut beherrschbare Technik. Das Salzwasser zerstörte bislang allerdings früher oder später immer die Elektrolyse-Anlagen, was die Erzeugung von grünem Wasserstoff aus Meerwasser selbst mit erneuerbarer Energie – etwa Offshore-Wind – zu teuer machte.

„Was, wenn man Meerwasser direkt spalten könnte, ohne es zuvor zu entsalzen?“ fragten sich die Wissenschaftler in China. Sie kombinierten mehrere Methoden aus der physikalischen Mechanik und der Elektrochemie, um die Ionen aus dem Seewasser zu isolieren. Nebenreaktionen und Korrosionsprozesse werden so vermieden.

Xie Heping, ein Forscher mit einem Hintergrund in Maschinenbau und Energietechnik, und eine Reihe von Kollegen von der Universität Shenzhen und der Sichuan-Universität haben kürzlich einen Aufsatz mit dem Titel „A membrane-based seawater electron for hydrogen generation“ im Magazin Nature publiziert.

Elektrolyse-Gerät bleibt durch Membran von Salzwasser getrennt

Die neuartige Methode stellt sicher, dass das Elektrolyse-Gerät durch eine Membran von dem Salzwasser getrennt bleibt. Lediglich pures Wasser wird durchgelassen und zu Wasserstoff umgewandelt.
Die neuartige Methode stellt sicher, dass das Elektrolyse-Gerät durch eine Membran von dem Salzwasser getrennt bleibt. Lediglich pures Wasser wird durchgelassen und zu Wasserstoff umgewandelt.
(Bild: Henrik Bork)

Sie schlagen eine „Methode zur Wasserstoff-Produktion mittels direkter Meerwasser-Elektrolyse vor, die ihren eigenen Worten zufolge radikal Probleme mit Nebenreaktionen und Korrosion adressiert”, so steht es in ihrem Aufsatz.

Die Methode stellt sicher, dass das Elektrolyse-Gerät durch eine Membran von dem Salzwasser getrennt bleibt. Lediglich pures Wasser wird durchgelassen und zu Wasserstoff umgewandelt. Sobald es aufgebraucht ist, wird neues „angesaugt“.

Die Wissenschaftler haben bereits einen Prototypen ihrer neuartigen Elektrolyse-Anlage ohne vorherige Entsalzung in der Bucht von Shenzhen im Küstengewässer installiert und „3.200 Stunden lang unter den Bedingungen praktischer Anwendung laufen lassen”, wie sie schreiben.

Prototyp erzeugt mehr als eine Million Liter Wasserstoff

Das sind 133 Tage und in dieser Zeit hat der Prototyp mehr als eine Million Liter Wasserstoff erzeugt, ohne dass eine Abnutzung von Komponenten beobachtet werden konnte.

„Da Meerwasser mehr als 96 Prozent des Wassers auf der Erde ausmacht, könnte dies ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Erzeugung von grünem Wasserstoff sein (der mit erneuerbarer Energie produziert wird),“ kommentiert die Financial Times in einem Bericht über diese Erfindung aus China.

Sollte die Methode erfolgreich skaliert werden können, dann sind Offshore-Windfarmen denkbar, mit denen der Strom für die Elektrolyse erzeugt wird. Von dort aus müsste der erzeugte Wasserstoff dann nur noch an Land transportiert werden. Eine schier unerschöpfliche und saubere Energiequelle stünde zur Verfügung, denn nach der Verbrennung von Wasserstoff bleibt lediglich reiner Wasserdampf (H2O) zurück.

Ähnliches Pilotprojekt „Gigastack“ im Norden Englands

Ein ähnliches Pilotprojekt namens „Gigastack“ gibt es bereits im Mündungsgebiet Humber im Norden Englands, wo der mithilfe von Windkraft erzeugt Wasserstoff in einer Raffinerie genutzt wird.

Bevor die nun in China neu vorgestellte Technologie die Energieprobleme des Planeten lösen könnte, müssten allerdings erst noch eine ganze Reihe von Problemen gelöst werden. So arbeiten die meisten Elektrolyse-Anlagen heute lediglich im Megawatt-, nicht im Gigawatt-Bereich.

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* Henrik Bork, langjähriger China-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung und der Frankfurter Rundschau, ist Managing Director bei Asia Waypoint, einer auf China spezialisierten Beratungsagentur mit Sitz in Peking. „China Market Insider“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Vogel Communications Group, Würzburg, und der Jigong Vogel Media Advertising in Beijing.

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