Fahrerassistenzsysteme Neue Lkw-Assistenzsysteme sollen Straßen sicherer machen

Autor / Redakteur: Hartmut Hammer / Jens Scheiner

Die ZF Friedrichshafen und Wabco haben hat neue Sicherheits-Assistenzsysteme für Lastkraftwagen vorgestellt, die über das heutige Pflicht-Assistenz-Portfolio weit hinausreichen. Möglich macht das ein intelligentes Zusammenspiel aus Sensorik, Software und Mechanik.

Anbieter zum Thema

ZF und Wabco wollen mit dem Truck die gefürchteten Auffahrunfälle an Stauenden entschärfen.
ZF und Wabco wollen mit dem Truck die gefürchteten Auffahrunfälle an Stauenden entschärfen.
(ZF)

Der Umfang der vorgestellten Assistenzsysteme geht weit über das hinaus, was der Gesetzgeber aktuell vorschreibt: etwa die elektronische Stabilitätskontrolle, das automatische Notfallbremssystem und die Spurverlassenswarnung. Der gemeinsam mit Wabco entwickelte Ausweichassistent (Evasive Maneuver Assist, EMA) etwa lenkt Sattelzüge automatisiert und fahrstabil an Gefahrenstellen vorbei. Der Autobahnassistent (Highway Driving Assist, HDA) – eine Entwicklung von ZF – hält Nutzfahrzeuge aktiv in der Bahn und den passenden Sicherheitsabstand zum Vorausfahrenden ein. Beide Systeme sind noch in der Vorentwicklungsphase, könnten aber rasch in die Serienentwicklung überführt werden, so ein ZF-Unternehmenssprecher.

Bildergalerie

Möglich geworden sind EMA und HDA durch das intelligente Zusammenspiel von Sensorik, Software und Mechanik. Sowohl EMA als auch HDA nutzen Radarsensorik und Kameras aus dem Portfolio der Division ZF-TRW, gepaart mit leistungsfähigen Steuergeräten und schnell handelnder, elektrifizierter Mechanik. Beide Systeme sind Spin-Offs aus dem Pkw-Bereich, wo ZF bereits solche Systeme entwickelt hat. ZF liefert für den EMA die elektrohydraulische Servolenkung, Wabco das elektronisch unterstützte Bremssystem, den Notbremsassistenten, die elektronische Stabilitätskontrolle und das fahrdynamische Regelsystem. Der EMA soll vor allem Verkehrshindernisse oder Stauenden erkennen. Das System warnt den Fahrer in Stufe eins akustisch und optisch per Display vor, in Stufe zwei folgen haptische Signale in Verbindung mit einer moderaten Verzögerung von bis zu 3,5 Metern pro Sekundenquadrat. Stufe drei bedeutet schließlich eine Notbremsung bis zum Stillstand.

Kann das Bremsmanöver einen Auffahrunfall nicht verhindern, genügt ein Lenkimpuls des Fahrers nach links oder rechts und der Ausweichassistent führt den Truck automatisch am Hindernis vorbei. Dafür berücksichtigt das System etwa die Lage der freien Fahrgasse, die Straßenverhältnisse, die Geschwindigkeit sowie den Beladungszustand des Sattelzugs. Während des automatischen Steuerns berechnet die Funktionssoftware die optimale Ausweichbahnkurve laufend neu voraus und justiert den Lenkwinkel entsprechend. Ziel ist, den Sattelzug so zu stabilisieren, dass ein Einklappen des Aufliegers oder gar Umkippen des ganzen Sattelzugs vermieden wird. Überstimmen lässt sich der EMA übrigens jederzeit: Der Fahrer muss dazu während der autonomen Ausweichphase kurz selbst lenken, bremsen oder aufs Fahrpedal treten.

Weniger Fahraufgaben für den Fahrer

Die Spurhaltung auf der Straße ist die Domäne des HDA. Er überwacht – ebenfalls per Radar- und Kamerasensorik – die Fahrspur, warnt den Fahrer vor einem unbeabsichtigten Verlassen der Bahn und hält den Sattelzug zusätzlich selbständig auf Kurs. Zugleich wahrt er über alle Tempobereiche automatisch den Sicherheitsabstand zum Vorausfahrenden, inklusive Anhalten und Wiederanfahren. Auch dieser Assistent ist dafür mit den Bremsen, dem automatische Getriebesystem, der Lenkung und der vorausschauenden Schaltstrategie vernetzt. Im Jahr 2018 könnte der HDA in Serie gehen.

Bildergalerie

Kombiniert war der HDA-Prototyp mit einem automatischen Hybrid-Getriebesystem, das aktuell bis zu Tempo 35 den Sattelzug elektrisch antreibt. Diesen elektrischen Zusatzantrieb nutzt ZF außerdem für eine Manövrierfunktion, die zum Beispiel auf dem Betriebshof den Truck vollautomatisch bis an die Rampe fährt. Dazu muss nur das Fahrzeug in die am Betriebshof installierte Sensorik und Elektronik eingebunden sein: Dann lässt sich per Tablet die Zielposition des Sattelzugs definieren. Die Daten gelangen per WLan an die On-Board-Unit des Trucks, die damit mit Hilfe des Elektromotors lokal emissionsfrei und sanft an die Zielposition dirigiert. Die 360-Grad-Sensorik erkennt bei diesem Manöver auch stationäre Hindernisse oder Menschen, die sich im Rangierbereich befinden.

(ID:44154954)