Faserverbundwerkstoff Naturfasern ersetzen Glasfasern
Lorenz Kunststofftechnik hat ein BMC mit Jute-, Baumwoll- oder Sisal-Fasern entwickelt, das je nach Rezeptur ähnliche Eigenschaften wie klassische GFK aufweist.
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Basis für die Neuentwicklung war das bewährte Bulk Molding Compound BMC 0204, das mit Calciumcarbonat als Füllstoff und ATH als Flammschutzmittel bereits zwei umweltfreundliche Komponenten enthält. Die neuen Naturfasern ersetzen nun auch die Glasfasern, was zu einem deutlich geringeren Energieverbrauch bei der Herstellung und dadurch auch zu einer sehr guten CO2-Bilanz führt. Welche Faser in welcher Länge eingesetzt wird, lässt sich an die jeweilige Anwendung anpassen: So zeichnet sich das Gemisch mit Sisal beispielsweise durch eine sehr niedrige Verarbeitungsschwindung von -0,1 bis -0,3 % aus, während baumwollverstärktes Duroplast ein hohes Elastizitätsmodul von über 8000 MPa und einen geringen Abrieb aufweist. Allen gemeinsam ist eine sehr niedrige Dichte von 1,65 bis
1,7 g/cm³, wodurch sich selbst gegenüber GFK noch Gewicht einsparen lässt, so dass sich daraus gefertigte Teile ideal für den Leichtbau eignen.
Generell bieten die naturfaserverstärkten Kunststoffe (NFK) eine gute Thermo- und Schallisolierung. Über die konkrete Zusammensetzung des BMC können zudem weitere spezifische Eigenschaften individuell eingestellt werden. Auf diese Weise ist es unter anderem möglich, trotz der grundsätzlichen Brennbarkeit der Naturfasern eine sehr hohe Flammhemmung zu erreichen: Im Brennbarkeitstest nach UL94 erlosch eine 1,5 mm dicke Probe innerhalb von zehn Sekunden, was die beste Klassifizierung von V0 bedeutet. Auch konnte das bei NFK häufige Problem der hohen Feuchtigkeitsaufnahme durch eine entsprechende Materialkomposition gelöst werden, so dass das Öko-BMC mit Baumwolle gemessen nach ISO 62 bei lediglich ± 0,5 %, mit Jute bei
± 1,3 % und mit Sisal bei ± 1,8 % liegt.
Umweltfreundlich und recycelbar
Die Herstellung als BMC eröffnet darüber hinaus im Gegensatz zu bekannten, meist thermoplastischen NFK-Platten verschiedene Verarbeitungswege. Damit ist neben dem Formpressen auch der Spritzguss möglich – und so die Produktion komplexer oder filigraner Bauteile, die bislang noch aus GFK gefertigt werden mussten. Die nötige Spritzgießtemperatur beträgt im Zylinder 20 bis 40 °C, im Werkzeug 140 bis 170 °C. Damit eignet sich das Material für unterschiedliche Anwendungsbereiche von großen Formteilen, etwa für das Automobil-Interieur, bis hin zu kleinsten Komponenten, beispielsweise für den Elektronikbereich.
Alle Naturfaser-Duroplaste von Lorenz können recycelt werden, Schnitt- und Stanzabfälle lassen sich je nach Materialzusammensetzung zu 100 % wiederverwenden. Im Fall einer energetischen Verwertung verbrennen die Fasern CO2-neu-
tral und praktisch rückstandsfrei. Da die RoHS-konformen Komposite zudem weder Halogene noch Schwermetallverbindungen enthalten, sind sie insgesamt sehr umweltfreundlich und unbedenklich für Mensch oder Ökosystem. Um diesen Aspekt noch zu verstärken, arbeiten die Experten bei Lorenz bereits an einer biologischen Harz-Matrix, mit der künftig das derzeit noch verwendete Polyesterharz ersetzt werden soll. Damit erhielte man einen vollständig aus natür-
lichen Materialien bestehenden Verbundwerkstoff. (qui)
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