Additive Fertigung Mobile Arbeitsmaschinen: Vom Pulver zum fertigen Bauteil

Von Juliana Pfeiffer Lesedauer: 5 min

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Individuelle Verfügbarkeit, Passfähigkeit, kleine Stückzahlen sowie eine hohe Freiheit in Form und Gestalt – die additive Fertigung rückt in den Fokus der Hersteller mobiler Arbeitsmaschinen: von der Prototypen- und Kleinserienproduktion bis hin zur voll integrierten Serienproduktion mittels 3D-Druck.

Technologien wie das Fused Deposition Modeling (FDM) oder Selektive Lasersintern (SLS) ermöglichen es, seriennahe Materialien in Prototypen und Vorserienbauteilen umzusetzen, die sich auf Anwendungen in industriellen Großserien übertragen lassen.
Technologien wie das Fused Deposition Modeling (FDM) oder Selektive Lasersintern (SLS) ermöglichen es, seriennahe Materialien in Prototypen und Vorserienbauteilen umzusetzen, die sich auf Anwendungen in industriellen Großserien übertragen lassen.
(Bild: CR-3d)

Die additive Fertigung verlässt die Nische des Rapid Prototyping und macht sich bereit, die industrielle Wertschöpfungskette auf breiter Front maßgeblich zu verändern. Viele Bau-, Forst- und Landmaschinenhersteller wie auch ihre OEM-Partner haben die Vorteile, die der 3D-Druck mit sich bringt, für sich entdeckt: Anders als bei der konventionellen subtraktiven Fertigung, bei der Material durch Fräsen, Drehen oder Schleifen abgetragen wird, trägt man bei der additiven Fertigung schichtweise Material auf, um ein Bauteil zu formen. Dabei kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz, und das Spektrum der Werkstoffe reicht von diversen Kunststoffen und Metallen bis hin zu Keramiken.

Binder-Jetting-Technologie als Basis für den Guss von Bauteilen

So arbeiten die Hersteller mobiler Arbeitsmaschinen neben den bekannten pulver- und drahtbasierten Technologien auch an innovativen Werkstoffkombinationen, um die Grenzen des 3D-Drucks neu auszuloten. Zum einen nutzen sie die Binder Jetting-Technologie, ein additives Verfahren zur schnellen Fertigung von Sandkernen, als Basis für den hochwertigen Guss von Bauteilen wie Achsgehäusen oder Radnaben. Dieser 3D-Formenbau mit Sand hat entscheidende Vorteile für den Leichtbau. Zudem kann die Komplexität der Gussteile größer sein als beim typischen Sandguss, da der Bedarf an Verzugs- und Trennlinien stark reduziert ist. Die Gießereien und Modellbauwerkstätten für Off-Highway-Anwendungen haben ebenso wie Erstausrüster entsprechende Druckanlagen in ihre Fertigungslinien integriert, um die laufende Produktion von Sandgussformen zu ermöglichen.

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Vor allen aber die Landmaschinenhersteller und ihre OEM-Partner nutzen das volle Potenzial der additiven Fertigung und drucken mittlerweile diverse Komponenten. Technologien wie das Fused Deposition Modeling (FDM) oder Selektive Lasersintern (SLS) ermöglichen es, seriennahe Materialien in Prototypen und Vorserienbauteilen umzusetzen, die sich auf Anwendungen in industriellen Großserien übertragen lassen. Besonderheiten, die die additive Produktion bietet, sind etwa flexible Dämpfungselemente aus thermoplastischem Polyurethan (TPU), Motoradabdeckungen aus hochfestem faserverstärktem Kunststoff oder Baugruppen, die mehr Freiheitsgrade bei der Ausstattung der Fahrerkabine erlauben. Im 3D-Druck sind zudem Bauteile realisierbar, die im Spritzguss nicht aus einem Stück zu fertigen sind.

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John Deere druckt seine Ventile im Metall-Binder-Jetting-Verfahren

Zu den aufstrebenden Verfahren der additiven Fertigung zählt auch das Metall Binder Jetting (MBJ). Mittels 3D-Metalldruck können komplexe Geometrien mit Hohl- und Innenstrukturen ohne zusätzliche Werk- und Halbzeuge erzeugt sowie direkt aus einer digitalen Konstruktionsdatei, dem CAD-Modell, gefertigt werden. So lassen sich Hinterschneidungen und innere Hohlräume ohne weitere Montage- oder Verbindungselemente herstellen. Das Gewicht kann reduziert und die Steifigkeit erhöht werden.

John Deere beispielsweise nutzt die Metal Jet S100-Technologie von HP für die Produktion von Ventilen, die unter extremen Wetterbedingungen funktionsfähig sind und im Kraftstoffsystem von Traktoren zum Einsatz kommen. Ähnlich wie beim Selektiven Laserschmelzen von Metall (SLM) wird ein Pulverbett verwendet, das ein Materialschlitten im Bauraum ausbringt, welches aber nicht durch einen Laserstrahl geschmolzen wird. Zur Herstellung des Bauteils wird stattdessen über einen Druckkopf an definierten Zonen ein lichthärtendes Bindemittel (der Binder) aufgedruckt. Es verbindet die Partikel überall dort, wo später festes Metall entstehen soll. Schicht für Schicht entsteht so der Grünling. Dieser muss anschließend entbindert und gesintert werden – fertig ist das Bauteil. Die 3D-Drucker von HP können pro Sekunde bis zu 630 Millionen Nanotröpfchen des Binders präzise auf das Pulverbett auftragen. John Deere setzt die Technologie auch für Prototypen zum Testen und zur Feinabstimmung von Komponenten wie Windschutzscheibenhaltern ein. „Wir gehören zu den Ersten in der Agrarindustrie, die die Vorteile des 3D-Drucks sowohl für die Prototypenerstellung als auch für die Endfertigung von Bauteilen nutzen“, betont Dr. Jochen Müller, Manager Global Digital Engineering bei John Deere.

Ersatzteile einfach additiv fertigen

Mithilfe des 3D-Druckers lassen sich zunehmend mehr Ersatzteile fertigen, die exakt den Anforderungen des Kunden und der Qualität des Originals entsprechen. Der Vorteil: Die Ersatzteile müssen lediglich als Datenmodelle erstellt und gespeichert werden, während die Produktion in beliebiger Anzahl zum gewünschten Zeitpunkt erfolgen kann. Speziell für ältere Landmaschinen, bei denen ausgediente Teile nicht mehr effizient mittels traditioneller Produktionsmethoden gefertigt werden können, ist der 3D-Druck hier von Vorteil.

Konstruktionsleiterforum

Produktentwicklung neu denken

Der Schlüssel für den Erfolg eines Unternehmens liegt in Konstruktion und Entwicklung. Hier entstehen innovative Produkte, die die Wettbewerbsfähigkeit sichern. Doch kennen Sie die Herausforderungen der Produktentwicklung im 21. Jahrhundert?

Das Konstruktionsleiterforum will Konstruktions- und Entwicklungsleiter für Hürden sensibilisieren, sowie Tools und Methoden aufzeigen, um innovative Ideen strukturiert zu entwickeln und den Produktentstehungsprozess so schlank und effizient wie möglich zu gestalten.

Multimaterial-Fertigung steckt noch in den Kinderschuhen

Fest steht: Die Weiterentwicklungen in der additiven Fertigung sind nur im Zusammenspiel aus Anlage, Werkstoff und Prozess möglich. Die aktuell verwendeten Werkstoffe genügen den vielschichtigen Anforderungen – etwa Biegsamkeit, Temperaturstabilität und magnetische Eigenschaften in einem Teil zu vereinen – aufgrund ihrer Materialeigenschaften oftmals noch nicht. Hinzu kommt, dass die Mehrheit der Stähle und Legierungen wegen möglicher Rissbildungen nicht gedruckt werden kann. Dieses Problem ist noch ausgeprägter, wenn zwei oder mehr Materialien additiv miteinander verbunden werden sollen. „Die Multimaterial-Fertigung durch 3D-Druck steckt derzeit noch in den Kinderschuhen. Die fehlenden Materialkombinationen sind die größte Herausforderung, die den Durchbruch dieser Technologie behindern“, betont Prof. Dr. Thomas Tröster, Vorsitzender des Instituts für Leichtbau mit Hybridsystemen (ILH) und des Instituts für Additive Fertigung (PIAF) der Universität Paderborn. Ein Forschungsteam, geleitet von der Universität Paderborn, will nun Industrieanwendungen für diese revolutionäre Technologie entwickeln. MADE-3D (Multi-Material Design using 3D Printing) – so der Name des Projekts, das Tröster koordiniert – soll die additive Fertigung aus mehreren Werkstoffen mit unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften auf das nächste Level heben. Ziel ist es, eine noch nie dagewesene Gestaltungsfreiheit für hochkomplexe Leichtbauteile zu ermöglichen, von der künftig auch die Off-Highway-Sektoren profitieren könnten.

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