Keramik Metal like Ceramics – Leicht wie Keramik, härter als Stahl
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Zahlreiche Bauteile in vielen Maschinen sind häufig aus Stahl oder Keramik gefertigt. Doch keiner der beiden Werkstoffe ist in sämtlichen Umgebungen nutzbar. Ein neu entwickelter Werkstoff soll das nun ändern: Er vereint die Vorteile beider Materialien und erlaubt hohe Designfreiheit.

Die Auswahl an Komponenten wie Wälz- und Kugellagervarianten oder Linearführungen für Maschinenhersteller ist groß, denn jede Maschinenumgebung stellt unterschiedliche Anforderungen an die Materialien. Während Stahl sich leicht bearbeiten lässt, eignet er sich ohne Speziallegierungen weniger in korrosionsgefährdeten Bereichen. Auch sehr hohe Drehzahlen sind mit dem schweren Werkstoff nur eingeschränkt möglich. Generell lassen harsche Umgebungen wie Korrosion das Material ermüden und schädigen das Materialgefüge. „Dort, wo Stahllager an ihre Grenzen kommen, wird üblicherweise auf Hybridlager oder auch vollkeramische Lager zurückgegriffen“, weiß Dr. Michael Schubert, Leiter Produkt- und Prozessentwicklung bei MLC.
Keramische Komponenten haben höhere Anschaffungskosten. Darüber hinaus lässt sich Keramik weniger gut mechanisch bearbeiten, was die Formgebung einschränkt. „Vollkeramische Lager bieten vor allem in Bezug auf Verschleiß-, Korrosions- und Temperaturbeständigkeit bei anspruchsvollen Anwendungsarten große Vorteile gegenüber den beiden anderen Lagerarten. Allerdings gehen damit höhere Anschaffungskosten einher, die sich nicht für jede Situation rechtfertigen lassen.“ Letztendlich sind Maschinenhersteller darauf angewiesen, verschiedene Lagertypen bereitzuhalten und je nach Maschinendesign und späterem Einsatzort entsprechend zu verbauen.
Die MLC Metal Like Ceramics GmbH hat deshalb mit Metal-like Ceramic einen Werkstoff entwickelt, der die Vorteile von Stahl und Keramik vereint. Der Werkstoff ist im Vergleich zu Stahl robuster, gewichtsreduziert und verschleißbeständiger, lässt sich aber gleichzeitig im Rahmen der Herstellung und Formgebung leichter bearbeiten als herkömmliche Keramik. Mit dem universalen Werkstoff lassen sich zahlreiche Lager- und Komponentenvarianten herstellen. Dabei fallen die Produktions- und Anschaffungskosten deutlich geringer als bei klassischen Hybrid- und Vollkeramiken aus Standardkeramiken wie z.B. SiN aus.
Spezielles Verfahren ermöglicht kostengünstige Herstellung
Die Materialeigenschaften ergeben sich durch die patentierte Materialmischung. Im speziellen Herstellungsverfahren wird der keramische Werkstoff im ersten Schritt aus einem polymeren Grundmaterial, das mit aktiven und passiven Füllstoffen angereichert wird, hergestellt. Dadurch wird eine präzise endkonturnahe Formgebung durch beispielsweise Extrusions- oder Spritzgussverfahren ermöglicht. Dies erlaubt eine hohe Designfreiheit und vergleichsweise niedrige Kosten für die Produktion von MLC.
Im Anschluss an die Formgebung wird das Material bei über 800 °C keramisiert (pyrolysiert). Hierbei wird die polymere Matrix durch chemische Reaktionen mit den Füllstoffen vollständig in keramisches Material umgewandelt. Es kommt zu einem Volumenschwund von etwa fünf bis acht Prozent. Dieser kann bereits während der ersten Formgebung berücksichtigt werden.
Grünkörper besitzt plexiglasähnliche Beschaffenheit
Mithilfe einer ersten Wärmebehandlung wird die Vorform in einen bearbeitbaren Grünkörper verwandelt. Dieser besitzt eine plexiglasähnliche Beschaffenheit, wodurch ein endkonturnahes Bauteil mit nur geringem maschinellem Aufwand herausgearbeitet werden kann. Durch diese leichte Bearbeitung lassen sich nahezu alle gewünschten Geometrien realisieren und der Werkzeugverschleiß ist im Vergleich zur Bearbeitung anderer Werkstoffe äußerst gering. „Bei der klassischen Keramikherstellung erfolgt eine aufwändige Herstellung durch die eingesetzte Pulvertechnologie, die nur begrenzte Möglichkeiten in der Geometrie- und Formgebung bietet, sodass nachfolgende Sinterprozesse erforderlich sind. Die Grünkörperfertigung wird so zu einem relativ teuren Produktionsschritt, sodass der Einsatz vollkeramischer Bauteile wohl überlegt sein will“, erklärt Dr. Schubert.
Desto aufwändiger die Geometrie, desto preiswerter wird unser Material aber im Vergleich, da wir im Grünzustand bereits endkonturnah fertigen können und dabei durch die geringe Härte und den geringen Werkzeugverschleiß auch nur geringe Kosten auftreten.
Stahlähnliche Härte von 1000 HV
Zum Abschluss wird das Bauteil, das aus dem Grünkörper geformt wurde, in einem Hochtemperaturschritt final gefestigt, wodurch es seine stahlähnliche Härte von 1000 HV bekommt. Dabei wird das Silikonharz vollständig umgesetzt und Rückstände bleiben aus. Für hochgenaue Bauteile kann das keramische Material deshalb ohne großen Aufwand und den Einsatz teurer Werkzeuge wie Diamantschleifer nachbearbeitet werden.
Doch wie gestaltet sich nun die Kostenfrage? „Die Frage lässt sich nicht pauschal beantworten“, erklärt Schubert. Bei sehr einfachen Geometrien, wie beispielsweise einer Kugel, ist der Preisvorteil gegenüber einer üblichen Keramik gering. „Desto aufwändiger die Geometrie, desto preiswerter wird unser Material aber im Vergleich, da wir im Grünzustand bereits endkonturnah fertigen können und dabei durch die geringe Härte und den geringen Werkzeugverschleiß auch nur geringe Kosten auftreten“, betont Schubert. Bei der Auslegung muss der neue Werkstoff analog einer üblichen Keramik angesehen werden. Demnach müsse die Konstruktion entsprechend ausgelegt werden, so der Experte weiter. „Die Auslegung sollte unter Beachtung der spezifischen Materialkennwerte von MLC geschehen. Schlussendlich muss das Material aber zunächst wie eine spröde Keramik ausgelegt werden“, erklärt Schubert.
Einsatzgebiete liegen vom Leichtbau bis hin zur Medizintechnik
Der Keramikwerkstoff ist robust und widerstandsfähig und eignet sich somit für Bauteile im Reinraum und Vakuum, aber auch korrosive oder verschmutzte Umgebungen, in denen schlechte Schmierbedingungen herrschen. „Die Leistungsfähigkeit unseres Materials wird von solchen Faktoren ebenso wenig beeinträchtigt wie durch schwankende oder hohe Temperaturen“, so Dr. Schubert. Da die Formgebung sowie die Herstellung sehr flexibel und vergleichsweise einfach durchgeführt werden können, ist der Einsatz auch jenseits reiner Lager- und Antriebskomponenten denkbar. Dazu zählen etwa Leiterplatten- und Halbleiterfertigung, Elektronik und Mechatronik, Leichtbau, Medizintechnik sowie die Nutzung in kunststoffverarbeitenden Betrieben. „Wir sind kontinuierlich dabei, das Material mit Partnern weiterzuentwickeln, um neue Einsatzgebiete wie die Verarbeitung im 3D-Druck zu ermöglichen. Dazu bauen wir unsere Fertigungsmöglichkeiten aus und setzen auch zukünftig auf Partnerschaften, um MLC als universalen Werkstoff etablieren zu können“, resümiert Dr. Schubert.
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