Wälzlager Mehr Power für Elektroantriebe mit Hybrid-Lagern

Autor / Redakteur: DI. Dr. techn. Gerwin Preisinger / Dipl.-Ing. (FH) Sandra Häuslein |

Elektroerosionen können Wälzlager in elektrischen Antrieben stark beschädigen. Wie spezielle Hybrid-Lager aus Stahl und Siliziumnitrit dies verhindern, lesen Sie hier.

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Die Hybrid-Wälzlager von SKF besitzen Ringe aus Stahl und Wälzkörper aus Siliziumnitrid.
Die Hybrid-Wälzlager von SKF besitzen Ringe aus Stahl und Wälzkörper aus Siliziumnitrid.
(Bild: SKF)

Elektrische Antriebe, beispielsweise in Bussen, Straßen- und Eisenbahnen oder in der Automobilindustrie, sind heute wahre Kraftpakete. Die in ihnen verbauten Komponenten müssen extremen Temperaturen standhalten, hohe Drehzahlen erreichen und starke Beschleunigungen ermöglichen. Dabei dürfen ihnen äußere Einflüsse wie Stürme, Regen, Matsch oder Schnee möglichst nichts anhaben. Also muss auch eine zuverlässige Schmierung sichergestellt sein, damit die Elektroantriebe lange arbeiten. Angesichts eines solchen Anforderungsprofils stoßen Wälzlager mit Standardkomponenten in elektrischen Anwendungen zunehmend an ihre Grenzen.

Erzfeind Stromdurchgang

Das gilt umso mehr, da bei herkömmlichen Lagern betriebsbedingt Stromdurchgang auftreten kann. Dieser unerwünschte Energiefluss findet in der Kontaktzone zwischen den Wälzkörpern sowie der Innen- und Außenringlaufbahn statt. Die Folge: Elektroerosion. Sie beschädigt sowohl die metallischen Lagerbauteile (wie Grund- und Gegenkörper) als auch den Schmierstoff im Wälzkontakt.

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Praxiserfahrungen von SKF haben gezeigt, dass Funkenentladung den Schmierstoff immer wieder zu stark erhitzt und ihn verkokt (erste Abbildung in Bildergalerie). Dadurch sinken Schmierleistung und Gebrauchsdauer des Schmierstoffs.

Darüber hinaus werden Wälzkörper und Laufbahnen der Ringe von herkömmlichen Stahl-Lagern im Laufe der Zeit von Mikrokratern überzogen, mit denen eine Gefügeveränderung der oberflächennahen Zone einhergeht. Das zweite Bild in der Bildergalerie zeigt links eine mit Mikrokratern übersäte Stahlkugel, deren Oberfläche gegenüber einer ungeschädigten Kugel (rechts) grau und matt erscheint.

Als Folgeschaden von Stromdurchgang kann es dann zu Riffelbildung an einer Innenringlaufbahn kommen (dritte Abbildung in der Bildergalerie). Diese erhöht den Verschleiß, verursacht Schwingungen und macht sich vor allem durch erhöhtes Lagerlaufgeräusch bemerkbar.

Kehrseite höherer Leistungsdichte

Um den Wirkungsgrad und die dynamische Leistung von drehzahlgeregelten Antrieben zu verbessern, kommen heute IGBTs (Bipolartransistoren mit isolierter Gate-Elektrode) zum Einsatz. Diese schnell schaltenden Leistungshalbleiter-Bauelemente ermöglichen die gewünschte pulsbreitenmodulierte Ausgangsspannungsform.

Allerdings gibt es dabei auch einen nachteiligen Effekt: Neben den herkömmlichen, niederfrequenten Spannungen und Strömen, die im Motor bei Netzbetrieb fließen, treten zusätzlich parasitäre, hochfrequente Ströme auf. Diese resultieren unter anderem aus den Phasenspannungen am Umrichterausgang, welche als Serie von Rechteckimpulsen auftreten. Die Summe der drei Phasenspannungen ist nicht gleich null, wodurch eine so genannte „Gleichtaktspannung“ erzeugt wird.

Darüber hinaus ändern sich die Spannungssignale nicht nur mit hoher Schaltfrequenz (= häufige Impulse), sondern auch sehr schnell innerhalb eines äußerst kurzen Zeitraums (= flankensteile Impulse). Aufgrund der hohen Anstiegsraten der Spannungssignale entstehen so genannte „dV/dt-Ströme“. Beide Phänomene führen zu hochfrequenten Lagerströmen – und diese können die Lebensdauer „konventioneller“ Lager erheblich verkürzen.

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