Laserschweißen Laser-Mehrlagen-Engspalt-Schweißen soll Stahlbau revolutionieren

Von Juliana Pfeiffer

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Energie- und Ressourceneffizienz werden zunehmend wichtiger – auch beim Schweißen. Für den konventionellen Stahlbau hat das Fraunhofer IWS zusammen mit Partnern eine Alternative entwickelt, mit der sich der Energieeintrag ins Bauteil um bis zu 80 Prozent reduzieren lässt.

Dr. Dirk Dittrich vom Fraunhofer IWS hat mit einem Team aus Forschung und Industrie ein leistungsfähiges Laserschweißverfahren entwickelt. Anhand eines lasergeschweißten Hallenkransegments zeigte das Team, dass das Verfahren im Stahlbau in erheblichem Maß Ressourcen einsparen kann.
Dr. Dirk Dittrich vom Fraunhofer IWS hat mit einem Team aus Forschung und Industrie ein leistungsfähiges Laserschweißverfahren entwickelt. Anhand eines lasergeschweißten Hallenkransegments zeigte das Team, dass das Verfahren im Stahlbau in erheblichem Maß Ressourcen einsparen kann.
(Bild: René Jungnickel/Fraunhofer IWS)

Ob Containerschiffe, Schienenfahrzeuge, Brücken oder Windkrafttürme: In allen diesen Konstruktionen können mehrere 100 Meter Schweißnaht vorhanden sein. Um den Stahl miteinander zu verbinden wurden bisher konventionelle industrielle Verfahren wie das Metall-Aktivgas-Schweißen oder das Unterpulverschweißen eingesetzt. Das Problem dabei: Durch die geringe Intensität des Lichtbogens fließt ein Großteil der aufgewendeten Energie nicht in den gewünschten Schweißprozess. Sie geht in Form von Wärme in das Bauteil verloren. Bei der Nachbehandlung der Schweißnaht ist der Energiebedarf ähnlich hoch wie für den eigentlichen Schweißprozess. „Diese energieintensiven Verfahren rufen eine erhebliche thermische Schädigung des Werkstoffs hervor und führen zu starken Verzugserscheinungen der Konstruktion – somit zu hohen Kosten durch nachträgliche Richtarbeit“, betont Dr. Dirk Dittrich, der am Fraunhofer IWS die Gruppe Laserstrahlschweißen leitet, die Folgen.

Energieeintrag in das Bauteil um 80 Prozent reduzieren

Gemeinsam mit seinem Forscherteam und Industriepartnern hat Dittrich im Projekt „VE-MES – Energieeffizientes und verzugsarmes Laser-Mehrlagen-Engspalt-Schweißen“ eine energieeffiziente Alternative entwickelt: Das Laser-Mehrlagen-Engspalt-Schweißen (Laser-MES). Dabei wird ein marktüblicher Hochleistungslaser eingesetzt. Im Vergleich zu herkömmlichen Methoden benötigt dieses Verfahren eine verringerte Lagenanzahl und ein drastisch reduziertes Nahtvolumen. Daraus ergeben sich die entscheidenden Vorteile dieses Schweißverfahrens. „Wir können den Energieeintrag in das Bauteil beim Schweißen – je nach Komponente – um bis zu 80 Prozent und den Zusatzwerkstoffverbrauch um bis zu 85 Prozent im Vergleich zu herkömmlichen Lichtbogenverfahren senken“, unterstreicht Dirk Dittrich.

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Das Prinzip des Laser-Mehrlagen-Engspalt-Schweißens

Doch was passiert beim Laser-Mehrlagen-Engspalt-Schweißen genau? Beim Laser-MES-Verfahren wird der Laser in die Fuge zwischen den beiden zu verschweißenden Blechkanten positioniert, während ein Schweißzusatzwerkstoff hinzugefügt wird. Die Energie des Laserstrahls schmilzt die Flanke der Werkstücke auf, ebenso wie den Zusatzwerkstoff aus dem Draht. Dieser Zusatzstoff füllt das Volumen zwischen den beiden Stücken auf und erzeugt eine Schweißnaht. Das Verfahren ermöglicht das Schweißen typischer Stoßkonfigurationen im Stahlbau. Die Blechkanten sind plasmageschnitten, und die Fügestelle weist zum Teil Spalte von bis zu zwei Millimetern Breite auf, die der Laserschweißprozess überbrückt. Sowohl beim Schweißen eines Stegblechs (T-Stoß) als auch beim Schweißen des Stumpfstoßes gewährleistet das Verfahren einen Vollanschluss: Die beiden Teilstücke sind über die gesamte Kontaktfläche miteinander verbunden. Beim konventionellen Stahlbau wird dies verfahrensbedingt nicht immer zu 100 Prozent erreicht, insbesondere beim T-Stoß bestehen technologische Grenzen.

Kosten für einen Meter Schweißnaht halbieren sich

Die Forschenden des Fraunhofer IWS haben die Leistungsfähigkeit ihrer Entwicklung anhand eines Praxisbeispiels aus dem Hallenkranbau demonstriert. Sie setzten die neue Schweißtechnologie mit einer speziellen Systemtechnik und einem integrierten Strahlschutzkonzept ein.

Für einen Meter Schweißnaht ließen sich die Kosten für eine Blechdicke von 30 Millimetern gegenüber dem Unterpulverschweißen inklusive des nachträglichen Richtprozesses um 50 Prozent senken

Die Konstruktion des experimentell aufgebauten, vier Meter langen Rechteckprofils eines Hallenkran-Segments entsprach den Design- und Fertigungsrichtlinien vergleichbarer, konventionell hergestellter Bauteile. Erzeugt wurden anwendungstypische Schweißnähte: Ein Stumpfstoß an 30-Millimeter-Blechen und ein vollangeschlossener T-Stoß (15-Millimeter-Blech). Für einen Meter Schweißnaht ließen sich die Kosten für eine Blechdicke von 30 Millimetern gegenüber dem Unterpulverschweißen inklusive des nachträglichen Richtprozesses um 50 Prozent senken. „Zudem war am betrachteten Bauteil kein Richtprozess mehr erforderlich. Dadurch reduzieren wir Fertigungszeit und -kosten, können auch hochfeste Stahlwerkstoffe verarbeiten und verbessern die CO2-Bilanz der gesamten Fertigungskette deutlich. Das könnte bei der Vielzahl von Stahlbaukonstruktionen, die in Deutschland und in der Welt erstellt werden, einen erheblichen Vorteil darstellen“, erklärt Dittrich. Denn die hohe Intensität des Laserstrahls garantiert einen sehr lokalen Energieeintrag an der Schweißstelle, wohingegen die umliegenden Bauteilbereiche vergleichsweise kalt bleiben. „Die Schweißzeit reduziert sich zudem um 50 bis 70 Prozent“, nennt Dittrich einen weiteren Vorteil. Bei der Qualität der Schweißnähte punktet das neue Verfahren ebenfalls – die Nähte sind deutlich schlanker und nahezu flankenparallel, während sie bei konventionellen Schweißprozessen V-förmig ausgeführt sind.

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Bis zu 100.000 Euro im Jahr an Zusatzwerkstoffen einsparen

Für Blechdicken unter 20 Millimetern, bei der herkömmlicherweise auch Metall-Aktiv-Gas- Schweißverfahren eingesetzt werden, liegt die potenzielle Kostenersparnis mit bis zu 80 Prozent noch höher. Allein die Kostenersparnisse bezüglich der Schweißzusatzwerkstoffe kann in größeren Unternehmen bei mehr als 100 000 Euro pro Jahr liegen. Zusätzlich bieten die eingesetzten Laserstrahlquellen aufgrund ihres hohen Wirkungsgrades (ungefähr 50 Prozent) und der guten Prozesseffizienz (Reduktion des Energieeintrages um 80 Prozent) großes Potenzial, die steigenden Energiekosten einzudämmen. „Den Laser in den Stahlbau einzuführen, würde für die mittelständische Industrie in Deutschland ein Alleinstellungsmerkmal darstellen und ihre Marktposition im internationalen Wettbewerb stärken“, ist sich Dittrich sicher. „Wir stellen eine effiziente Fügetechnologie für die Industrie bereit, die aufgrund ihres wirtschaftlichen Einsatzes und eines ressourcenschonenden Fertigungsablaufs den Stahlbau revolutionieren soll.“ (jup)

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