Fügen Klebgerechtes Konstruieren
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Strukturelles Kleben besitzt zahlreiche Vorteile, daher sollte das Kleben so früh wie möglich in der Konstruktionsphase berücksichtigt werden. Sind die Fügeteile optimal konstruiert, lassen sich die Leistungsfähigkeit der Verbindung erhöhen, Kosten vermeiden und Produktionsprozesse beschleunigen.

Neue Materialien und Konstruktionsweisen erfordern oft den Einsatz der Klebetechnik. Besonders bei Faserverbundwerkstoffen wie CFK führt das Schweißen, Schrauben und Nieten nicht zu hoch belastbaren Verbindungen und umformtechnische Verfahren oder Ultraschallschweißen erreichen dies nur selten. Aber auch für Multimaterialbauweisen wird Kleben wichtiger.
Dabei gibt es einen klassischen Fehler, der immer wieder auftaucht: Ein Bauteil, das geschraubt oder geschweißt wurde, soll nun geklebt werden, ohne dass seine Geometrie dafür angepasst wird. Dadurch können Probleme bei der Klebstoffdosierung, dem Fügen der Bauteile und insbesondere der Festigkeit der Verbindung auftreten. Dass solche Fehler auftreten, ist an sich nicht verwunderlich, denn Klebstoff-Know-How müssen sich Ingenieure weiterhin in der Praxis aneignen. Trotzt des Klebe-Booms fristet es im Curriculum des Ingenieurstudium weiterhin ein Schattendasein.
Die richtige Verbindung macht´s
Einige Beispiele mit klassischen geometrischen Formen wie Quader und Zylinder sollen das Grundprinzip klebgerechten Konstruierens verdeutlichen. Das unterscheidet sich von den punktuellen bzw. linienförmigen Verbindungstechniken Schrauben und Schweißen unter anderem darin, dass seine Kraft in der Fläche wirkt. Der Klebe-GAU schlechthin ist daher eine kleine Klebefläche auf einem dünnen Blech, das Stoß auf Stoß verklebt ist. Die wichtigste Lektion lautet deshalb, die Fläche zu vergrößern. Der Konstrukteur erreicht dies am Einfachsten mit einer Überlappung der Fügeteile. Damit hat er die Festigkeit deutlich erhöht, gleichzeitig profitiert er davon, dass keine mechanische Bearbeitung der Fügeteile erfolgen muss und die bestehenden Formen weiterverwendet werden können. Ob die Konstruktion aber schon der Weisheit letzter Schluss ist, hängt von den Kräften in der konkreten Anwendung ab. Prinzipiell ist hier eine exzentrische Krafteinleitung zu befürchten. Dabei wirkt die Kraft nicht in einer Ebene, sondern dreht sich, um ins Gleichgewicht zu kommen. In diesem Fall droht eine Schälbeanspruchung, für eine Klebeverbindung äußerst ungünstig.
Als gutes Hilfsmittel des Konstrukteurs dagegen hat sich die Nut-Feder-Verbindung erwiesen, die in ihren Grundzügen der im Holzbau schon lange bekannten Schwalbenschwanzkonstruktion ähnelt. Neben einer größeren Klebefläche sorgt diese Konstruktion auch dafür, dass sich die beiden Fügeteile verkannten und mechanisch blockieren. Dadurch können sie nicht so leicht ver- oder aufgebogen werden.
Wird eine Schweißverbindung durch Kleben ersetzt, sollte die Konstruktion angepasst werden. Wenn beispielsweise ein Zylinder auf einen Quader geschweißt werden sollte, nun geklebt wird, erreicht die Konstruktion ordentliche Werte auf Zug und besonders auf Druck. Dabei sorgt schon eine leichte Schälbelastung für eine Destabilisierung. Mit einem breiteren Zylinderfuß lässt sich dem Problem einfach entgegen wirken. Eine vergleichbare Wirkung erzielt ein Bohrloch in der Platte, wodurch eine runde Nut-Feder-Konstruktion entsteht.
Umbiegen ist das Zauberwort
Auch wenn das Zauberwort für strukturelle Verklebungen Nut-Feder zu heißen scheint, gibt es noch andere Konstruktionsmöglichkeiten. Bei dünnen Blechen ist beispielsweise eine Nut-Feder-Lösung nicht praktikabel. Die Festigkeit des Verbundes kann erhöht werden, indem die Bleche umgebogen und zusammengelegt werden.
Die Festigkeit einer Rohrverbindung lässt hingegen zu wünschen übrig, wenn die beiden Teile an ihren jeweiligen Enden miteinander verklebt werden. Ein zusätzlicher, innen oder außen platzierter Ring wirkt dagegen große Wunder. er vergrößert nicht nur die Klebeflächen massiv, er sorgt auch für mehr Wiederstand gegen Schälbelastungen. Alternativ lassen sich die zwei Bauteile auch überlappend miteinander verkleben, indem eines im Durchmesser angepasst wird. Falls die Konstruktion Flüssigkeiten transportiert, ist das kein Problem, denn an der Verbindungsstelle profitiert sie von den dichtenden Eigenschaften des Klebstoffs.
Korrekt dimensionierter Klebespalt
Schließlich sollte der Konstrukteur bei seiner Arbeit auch einen korrekt dimensionierten Klebespalt nicht vergessen. Der sorgt für eine konstante Klebstoffdicke von zum Beispiel 0,1 - 0,2 mm, wodurch der Klebstoff seine Adhäsionskräfte voll entfalten kann. Ist er zu klein, pressen die Fügeteile den Klebstoff aus dem Klebespalt. Die Folge: die Klebeverbindung hält nicht. Der richtige Klebespalt kann über eine definierte Auflagefläche gewährleistet werden, etwa mit am Bauteil integrierten Abstandshaltern oder – einer geeigneten Nut-Feder-Geometrie. (jup)
Bild: flickr.de/Sam Cat/CC BY-ND 2.0
* *Wolfgang Werner ist Ingenieur im Trainingsmanagement bei Delo Industrie Klebstoffe.
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