Farbbeschichtung Intelligente Farbe soll Flugzeuge umweltverträglicher machen
Wissenschaftler an der Universität Hohenheim entwickeln eine drucksensitive Farbe, die Druckunterschiede am Flugzeug sichtbar und messbar macht. Die so gewonnenen Daten können Konstrukteuren dabei helfen, Flugzeuge umweltfreundlicher zu gestalten.
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Ein Flugzeug vom Typ Airbus A380 verbraucht für eine Strecke von Frankfurt nach New York etwa 50 t Kerosin. Dieser Verbrauch könnte sich künftig deutlich verringern. Daran arbeiten Wissenschaftler der Universität Hohenheim im Team um Prof. Dr. Beifuß. Sie entwickeln eine fluoreszierende Farbbeschichtung, die für Experimente mit Flugzeugen in einem Windkanal verwendet wird.
Drucksensitive Farbe erlauben bessere Druckmessung
In einem dunklen, 2 m hohen und 2,4 m breiten Windkanal leuchten Teile der Test-Flugzeuge in fluoreszierender Farbe. An diesem Leuchten arbeiten die Wissenschaftler: Sie entwickeln die spezielle Farbbeschichtung, die den Flugzeugkonstrukteuren während ihrer Tests exaktere Druckmessungen bei extremen Tieftemperaturen bei bis zu -160 °C ermöglicht. „Die Versuche dienen der Entwicklung von effizienteren und umweltverträglicheren Flugzeugen, die weniger Energie benötigen“, erläutert Prof. Uwe Beifuß, der Leiter des Projektes „Entwicklung drucksensitiver Farbe für den Tieftemperaturbereich“ und des Fachgebiets Bioorganische Chemie an der Universität Hohenheim. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) fördert das Projekt insgesamt mit rund 1,2 Mio. Euro. Rund 250.000 Euro davon entfallen auf die Universität Hohenheim.
Diese Experimente in Windkanälen sind ein wesentlicher Teil der Flugzeugforschung. „Damit die Versuche möglichst nah an der Realität und den komplexen Flugbedingungen von Flugzeugen sind, ist die Einhaltung der so genannten aerodynamischen Ähnlichkeitsgesetze von entscheidender Bedeutung“, erklärt Prof. Dr. Beifuß. Die Windkanalmodelle müssen um einen Faktor von bis zu 40 gegenüber dem realen Flugzeug verkleinert werden. Um Reibungseffekte an einem solchen Modell realitätsnah simulieren zu können, wird als Strömungsmedium reiner Stickstoff bei Temperaturen bis zu -160 °C und einem Druck von bis zu 4,5 bar verwendet. Diese Forschungsbedingungen existieren außerhalb der USA lediglich im European Transonic Windtunnel ETW in Köln. Dort führen die Hohenheimer Wissenschaftler auch die Versuche mit der Farbbeschichtung durch.
Neue Farbe macht Druckunterschiede sichtbar
„Diese drucksensitive Farbe, die wir gerade entwickeln – ein Gemisch aus Polymeren, Farbstoffen und anderen Zusatzstoffen – soll so beschaffen sein, dass sie einerseits bei sehr tiefen Temperaturen problemlos eingesetzt werden und andererseits die Druckunterschiede sichtbar und messbar machen kann“, erläutert Prof. Dr. Beifuß. Die Farbe wird auf die Oberfläche des Testobjekts aufgesprüht und anschließend mit UV-Licht bestrahlt. Dies regt zur Fluoreszenz an. „Entsprechend dem lokalen Druck des Sauerstoffs an der jeweils besprühten Stelle wird die Fluoreszenz gesenkt oder gesteigert – und die Farbe ändert ihre Leuchtkraft“, sagt Prof. Dr. Beifuß. So könne die Druckverteilung in der Fläche sichtbar gemacht werden.
Neues Verfahren zur Druckmessung
Diese Art der Druckbestimmung ist neu. „Bisher mussten zur Druckmessung Sensoren an den Flügeln angebracht werden“, erklärt Prof. Dr. Beifuß. Damit sei bisher allerdings nur eine punktuelle Messung möglich gewesen, die sehr aufwendig und teuer ist. Mit der neuen Methode können der Oberflächendruck flächig und in bisher für Drucksensoren unzugänglichen Flügelbereichen bestimmt werden. Diese Daten wiederum nutzen die Flugzeugbauer: Sie ermöglichen ihnen die Effizienz von Flugzeugen zu erhöhen und damit letztlich den Kerosinverbrauch zu reduzieren.
Eine wichtige Herausforderung für die Wissenschaftler der Universität Hohenheim ist die Haftung der drucksensitiven Farbe an der metallischen Oberfläche der Flugzeugmodelle im Windkanal: „Die Farbe muss auch bei diesen sehr tiefen Temperaturen noch haften, damit die Ergebnisse eine Relevanz für den Flugzeugbau besitzen“, sagt Prof. Dr. Beifuß. (kj)
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