Als 1990 die erste Ausgabe der konstruktionspraxis erschien, zählten Dichtungen bereits zu den wichtigsten Konstruktionsbauteilen. Daran hat sich bis heute nichts geändert – außer den Dichtungen selbst. Steigen Sie ein: Unsere Zeitmaschine zeigt Ihnen die Entwicklungen der letzten 25 Jahre und wagt einen Sprung ins Jahr 2040.
Die Daten für unsere Reise durch die Geschichte der Dichtungen sind eingegeben, der Flux-Kompensator ist mit 1,21 Gigawatt aufgeladen. Es kann losgehen.
Wir schreiben das Jahr 1990. Wendezeit – und damit eines der wichtigsten Jahre der deutschen Nachkriegsgeschichte. Das Internet wird online gehen und das Hubble-Teleskop wird in den Weltraum geschossen. In dieser Zeit des politischen und technischen Umbruchs erscheint die erste Ausgabe der konstruktionspraxis. Ein Blick in die ersten Ausgaben dieser Zeit zeigt, wie stark sich Dichtungen verändert haben.
Evolution der Dichtung – die Geschichte des Simmerrings
Der Simmerring oder Wellendichtring nimmt seine Anfänge im Jahre 1919 als Walther Simmer in der Lederfabrik Carl Freudenberg eine Maschine zur Lederspaltung entwickelte. In dieser Spaltmaschine wurde Ochsenfell gespalten, das in einem vorhergehenden Arbeitsgang mit einer Salzlauge für die weitere Verarbeitung vorbereitet wurden. Dabei zeigte sich ein Problem mit den Kugellager an der Maschine: Sie wurden aufgrund mangelhafter Abdichtungen zerstört wurden. Ursache hierfür waren die damals eingesetzten Filzdichtungen, die bei weitem nicht ausreichend dicht hielten. Zwar war es zu dieser Zeit möglich, Dichtringe aus den USA zu beziehen, für eine kleine Firma wie der Lederfabrik von Walther Simmer war das jedoch finanziell nicht machbar.
Simmer experimentierte daher mit Leder in einem Manschettenring, der in ein Blechgehäusering eingebettet wurde. Mithilfe einer Schraubenzugfeder wurde dieser gegen die Welle der Maschine gedrückt. So konnte eine ausreichende Abdichtung und Standzeit erreicht werden.
Der Simmerring war geboren. Bald setzte sich Simmers Erfindung in der Autoindustrie durch, so dass ein schleichender Ölverlust sowie Ölflecken auf der Straße und Parkplätzen wenige Jahre später der Vergangenheit angehörten. Die Erfindung des Simmerrings ging in die Technikgeschichte ein und erhielt nach DIN 3760 die Normbezeichnung Radial-Wellendichtring (Wellendichtring).
Dichtungen am Ende des 20. Jahrhunderts
„Ein notwendiges Übel“: Als solches bezeichnetet der Artikel „Angepasst“ Dichtungen in der zweiten Ausgabe der konstruktionspraxis 1990. Warum diese harsche Feststellung? Dichtungen stellen zu dieser Zeit ein Kompromiss dar aus Abdichten und möglichst wenig Reibung erzeugen. Eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera sozusagen: Entweder hält die Dichtung auf einer bewegten Welle so dicht, dass kein Medium entweicht – wodurch sie schneller verschleißt, da mehr Reibung entsteht. Eine weniger stramm sitzende Dichtung verringert die Dichtwirkung und Medien können freigesetzt werden. Das bedeutet möglicherweise Schäden an Maschine, Mensch und Umwelt.
Die Lösung: Im selben Jahr, 1990, revolutioniert die Gesellschaft für Dichtungstechnik (GFD) mit ihren federelastischen PTFE (Polytetrafluorethylen)-Dichtungen den Markt und zeigt am Beispiel einer Ventilspindel aus dem Chemiebereich, dass Dichtungen sowohl dicht als auch haltbar sein können.
Herkömmliche Dichtungen aus dem ausgehenden 20. Jahrhundert hatten in diesem Anwendungsbeispiel eine Leckage von 90 l/h. Mithilfe der PTFE-Dichtungen konnte dies auf nur 0,1 l/h reduziert werden. Und das nach der vierfachen Anzahl an Doppelhüben.
PTFE, auch bekannt unter seinem Du-Pont-Markennamen Teflon, ist allerdings kein Produkt aus der Raumfahrt, wie gerne behauptet wird, sondern wurde bereits 1938 mehr oder weniger durch Zufall entdeckt. Eine technische Nutzung für die „farblosen Krümel“, wie sie sein Erfinder Roy Plunkett nannte, war zu dieser Zeit noch nicht gegeben, da die Herstellungskosten zu hoch waren und keine Anwendung für das hochinerte Material gesehen wurde.
Im April 1990 verabschiedet man sich bei Elring (heute Elring-Klinger) von den Metallfederringen in den PTFE-Dichtungen. Man erkennt, dass der Kunststoff einen „Memory-Effekt“ hat, wie in der vierten Ausgabe der konstruktionspraxis zu lesen ist. Auch nach langer Arbeits- und Standzeit „erinnert“ sich die Dichtung an ihre Vorspannung und das federnde Element kann aus der Dichtung entfallen. Der Dichtlippenverschleiß ist auch bei Trockenlauf und Mangelschmierung äußerst gering – während der Dichteffekt bleibt. Ein weiterer Vorteil der PTFE-Kunststoffe ist die Hitzebeständigkeit. So können jetzt Dichtungen bei Temperaturen von –40 °C bis weit über 200 °C hinaus operieren. Und das bei Drücken bis 20 bar und Gleitgeschwindigkeiten um die 15 m/s.
Zeitsprung ins Jahr 1997: Der Dichtungsspezialist der frühen Stunde Freudenberg entwickelt die ersten mechatronischen Dichtungskomponenten. Dieser verbesserte Simmerring übernimmt Zusatzfunktionen. Die Encodertechnologie wird entwickelt und die Dichtung damit zu einem Produkt, das über das Dichten hinaus weitere Aufgaben wahrnimmt: Über die integrierte Sensortechnik, den Encoder, kann zum Beispiel die Drehzahl im Motor gemessen und damit das ABS-Bremssystem oder das Motormanagement gesteuert werden.
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Stand vom 15.04.2021
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