Corona Geschichten aus dem Home Office
Seit rund 14 Tagen arbeitet die Redaktion der konstruktionspraxis bereits aus dem Home Office. Wir geben einen kleinen Einblick, mit welchen täglichen Hürden wir zu kämpfen haben und wie wir uns arrangieren.
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Unsere Redaktion der konstruktionspraxis ist seit nun knapp zwei Wochen im Homeoffice – aufgrund so mancher Kinderbetreuung auch schon länger. Von Konferenzen im Gäste-WC, Katzen auf der Tastatur und Sandkuchen in der Laptoptasche berichten wir in unserem Tagebuch aus der Krise!
Klopapier-Kauftipps in der Konferenz
Ute Drescher, Chefredakteurin: Die Arbeit im Home Office hat viele ungeahnte, aber durchaus positive Effekte – der Weg zur Arbeit ist erfrischend kurz, der Arbeitsplatz steht 24 Stunden am Tag zur Verfügung und kann auch bei Schlaflosigkeit aufgesucht werden und der Kaffee schmeckt genau so wie zu Hause.
Weniger hektisch als der Büro-Alltag in der Redaktion ist das Arbeiten im Home Office jedoch nicht unbedingt, verlocken Videokonferenzen doch dazu, sich noch viel öfter auszutauschen als bisher. Das zieht jedes Mal einen kleinen Rattenschwanz nach sich: Termin vereinbaren, Link erstellen und verschicken, Kollegen anrufen, weil sie den Link offensichtlich doch nicht bekommen haben, Link diktieren.
Ungestört im Home Office arbeitet außerdem auch nur, wer alleine lebt. Bei allen anderen sieht man nicht selten plötzlich missmutige Teenager, aufgedrehte Grundschulkinder oder wild gewordene Haustiere durchs Bild laufen. Das hat durchaus Charme, lernt man doch seine Kollegen noch einmal von einer ganz anderen Seite kennen. Die heftigsten Spekulationen werfen aber diejenigen auf, die ihre Privatsphäre mit einem neutralen Bildschirm-Hintergrund schützen, der keinen Blick in Küche, Wohn- oder Arbeitszimmer zulässt. Was mögen sie verbergen? Müssten sie dringend renovieren? Leben sie im puren Luxus? Haben sie Toilettenpapier gehamstert, dass sich hinter ihnen bis zur Decke auftürmt?
Schön war ein Erlebnis in der letzten Woche: Während einer Videokonferenz mit dem gesamten Team stürmte mein Mann plötzlich in das ehemalige Kinderzimmer unserer Tochter, das nun mein Home Office ist und rief begeistert: „Schatz, ich habe Klopapier bekommen!“ Da tönte es aus dem Bildschirm zurück: „Hase, es gibt wieder Klopapier – kannst Du mal los?“
Home Office im Gäste-WC
Sonja Höger, Marketing: „Aufstehen ist das Wichtigste beim Arbeiten im Home Office“ las ich zu Beginn auf einem Meme und fand diesen Spruch witzig – der Verfasser scheint aber wohl kein Katzenhalter zu sein. Denn die wissen: Der zuverlässigste Wecker ist noch immer ein hungriger Kater. In meinem Fall sind es sogar zwei. Die letzten Wochen habe ich diese immer mal Kollegen zeigen können und fand es schön, auch deren Tiere zu sehen. Aus „Zeig mir deins, ich zeig dir meins“ wurde aus der räumlichen Distanz ganz viel Nähe und geteilte Freude inklusive einem Gefühl von Verbundenheit.
Verbundenheit hängt auch damit zusammen, Privates zu zeigen, das kommt eins mit dem anderen. Das hat im Home Office neue Dimensionen angenommen – wann nimmt man die Kollegen schon mal mit ins Schlafzimmer? Die Not macht einen hier besonders erfinderisch – teilt man sich das Home Office zudem noch mit seinem Partner, wird aus dem Gäste-WC spontan ein Einzelbüro. Sehr zur Belustigung der Kollegen, die per Video-Telefonie zugeschaltet sind. Schön, wenn ich diesen ein Lächeln auf die Lippen zaubern konnte.
Die Redaktion im Home Office:
Der Poet im Keller
Jan Vollmuth, Redakteur:
Im tiefen Keller sitz ich hier
Bei keinem Fass voll Reben
Bin dennoch frohen Muts, denn
es tut vom allerbesten Tee hier geben
Niemand holt den Heber hervor
Und niemand ist gehorsam meinem Winke
So füll ich selbst mir den Becher
Halt ihn hoch empor
Und trinke, trinke, trinke
Mich plagt ein Dämon, Home Office genannt
Und um ihn zu verscheuchen
Nehm' ich meinen Becher zur Hand
Und reiche mir den grünen Tee, den feinen
Die ganze Welt erscheint mir nun
In rosenroter Schminke
Ich könnte jetzt vieles tun
Ich trinke, trinke, trinke
Und so leg‘ ich los…
Bibi Blocksberg in der Dauerschleife
Juliana Pfeiffer, Redakeurin Online: Die vierte Woche im Home Office und gleichzeitig auch die vierte Woche Home-Schooling. Erstes Zwischenfazit: Es läuft. So einigermaßen. Zugeben, ich habe mir schon des Öfteren das Bild einer daheim arbeitenden Mutter vorgestellt, die fleißig und ungestört am Rechner sitzt, denn ihr Kind liegt geknebelt mit Panzertape auf dem Arbeitszimmerboden. Es ist schon sehr verlockend, diese Methode auch bei mir daheim anzuwenden.
Aber Spaß beiseite, das Arbeiten im Home Office und die gleichzeitige Bespaßung und Betreuung der eigenen Kinder verlangt so einiges an Organisationstalent und Multitasking von mir ab, um konzentriert und effektiv zu arbeiten. Da müssen Regeln her: das Schulkind erhält jeden Morgen seine Aufgabenliste, dem Kindergartenkind wird eine Hörspiel-CD im Kinderzimmer angemacht. Nerven aus Stahl braucht es, wenn Bibi Blocksberg oder Erdbeerinchen Erdbeerfee in Dauerschleife in einer Lautstärke durch das Haus dröhnen, dass ich mittlerweile jedes Hörspiel mit sprechen kann. Aber ich will mich auch nicht beschweren – ich bin wirklich froh, dass ich in dieser Situation im Home Office arbeiten kann und natürlich, dass meine Kinder sich so gut selbst beschäftigen können.
Für die Kollegen wiederum kann es mitunter sehr unterhaltsam werden, wenn eins der Kinder die Zoom-Besprechung für seine Mundakrobatik nutzt. Danke liebe Kollegen, dass ihr so ein Verständnis dafür habt. Dennoch hoffe ich, dass diese Situation irgendwann ein Ende haben wird. Denn schnell wird aus Home Office, Home-Schooling und Home-Bespaßungsclowning ein Home-Nervenzusammenbruching.
Wenn die Katzen streiken
Katharina Juschkat, Redakteurin Online: Es ist Tag 14 in der Quarantäne. Die Katzen wirken langsam etwas genervt, dass wir ihre Wohnung gar nicht mehr verlassen und reagieren mit vermehrtem Aufruf zur Arbeitsverweigerung durch Tastatursitzen, Mauszeiger-jagen und Kaffetassen-vom-Tisch-schubsen.
In Sachen Zoom-Meetings sind wir Profis geworden. Unsere ersten virtuellen Redaktionskonferenzen kommen mir vor, als wären sie schon Jahre her. Zu Beginn haben wir erst einmal alle Anfängerfehler mitgenommen, die es gibt: Kollegen ohne Ton, Kollegen ohne Bild, Rückkopplungen, falsch geteilte Bildschirme und vergessene Einladungs-Links. Nur Kollegen ohne Hosen fehlten (zum Glück). Was wir immer noch haben (aber was Berichten aus dem Netz zufolge wohl ohnehin zu einer ordentlichen Zoom-Konferenz gehören): Katzen, die durchs Bild springen, Kinder, die Grimassen in die Kamera schneiden, Partner und Partnerinnen, die im Hintergrund rumkruschen. Das, was eine Wohnung eben lebendig macht – und irgendwie ist es auch immer nett, so etwas menschliches von den Kollegen kennenzulernen.
Viele Sachen vermisst man hier (den ergonomisch eingerichteten Schreibtisch oder den schnellen Plausch mit Kollegen), andere so gar nicht (den Kaffee mitsamt stets überfordertem Kaffeeautomaten oder den langen Arbeitsweg durch den Berufsverkehr). Was bleibt, ist die Hoffnung, dass bald alles zur Normalität zurückkehrt, die Gesellschaft aber vielleicht dennoch die ein oder andere Lehre aus der Geschichte zieht – etwa, dass Home Office wirklich gut funktioniert.
Über Sandkuchen in der Laptoptasche
Monika Zwettler, Redakteurin: Nach nunmehr vier Wochen des Home-Schoolings und Home Office mit drei Kindern und Mann kann ich nicht nur angespannte Nerven vermelden, sondern sehe tatsächlich auch Vorteile. Ich durfte meine Kenntnisse in Geometrie Klasse 7 auffrischen und kann jetzt wieder ein Dreieck auf verschiedensten Wegen mit dem Zirkel konstruieren. Auch neues Wissen das Wortfeld „sagen“ betreffend, in Kombination mit dem richtigen Einsatz der wörtlichen Rede aus dem Lehrplan Klasse 3 schadet einer Redakteurin nicht im Geringsten. Ein wenig für Konzentrationsschwierigkeiten sorgt allerdings das Lied „Ich brauch doch keine Windel mehr“, das meine kleine Tochter fast in Dauerschleife auf Youtube Kids streamt. Aber Abstriche muss im Moment wohl jeder machen!
Apropos Streaming – aufgrund der leider noch nicht ganz perfekten Infrastruktur in Deutschland muss ich meine großen Töchter hin und wieder vom Netz nehmen, was sie nicht gerne akzeptieren wollen. Aber Abstriche muss im Moment wohl jeder machen!
Eine Herausforderung für unsere Familie sind Videokonferenzen: Zunächst muss ein Zeitplan erstellt werden, wer wann wo konferieren darf. Anschließend werden Rechner an die Kinder und die Zimmer verteilt. Zum Glück kann das Mikro in Sekundenschnelle gemutet werden, wenn die Kinder doch mal reinplatzen! Bei dem Versuch, eine Videokonferenz bei wunderschönem Wetter draußen abzuhalten, musste ich meinen Rechner vor dem Angriff der Wasserspritzpistolen retten und bemerkte leider zu spät, dass in meiner Laptop-Tasche ein Sandkuchen goldbraun gebacken wird. Aber Abstriche muss im Moment wohl jeder machen!
Die Redaktion im Home Office:
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