Additive Fertigung Ersatzteile am Fließband drucken

Von Juliana Pfeiffer

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Mit dem 3D-Fließbanddrucker von I-Factory 3D hat Via Traffic Controlling seine Produktionskosten um 70 Prozent gesenkt. Das Unternehmen stellt damit Prototypen und Ersatzteile selbst her und ist damit unabhängig von Zulieferern.

Für das neue Modell, den 3D-Drucker One Pro, gibt es einen integrierten Spulenhalter im Bauraum, der bis zu 1 kg Spulen unterstützt.
Für das neue Modell, den 3D-Drucker One Pro, gibt es einen integrierten Spulenhalter im Bauraum, der bis zu 1 kg Spulen unterstützt.
(Bild: I-Factory 3D)

Die Via Traffic Controlling GmbH mit Sitz in Leverkusen bietet Geschwindigkeitstafeln, Verkehrszählgeräte und Radardetektoren an. Bisher wurden die Geschwindigkeitsanzeigentafeln mit sechs Schlossvorrichtungen am Aluminiumrahmen befestigt und gesichert. Kostenpunkt pro Bauteil: 15 bis 17 Euro. Daher suchte das Unternehmen nach einer Alternative, um die Kosten für dieses Bauteil zu optimieren. Idealerweise sollten die aus der Designumstellung entstandenen Bauteile dabei in hoher Auflage kostengünstig produziert werden können.

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3D-Fließbanddrucker im Desktopformat

In den sozialen Medien stieß das Unternehmen schließlich auf einen Produkttest. Hier stellte das deutsche Startup I-Factory 3D den I-Factory One vor, ein 3D-Fließbanddrucker im Desktopformat. Das Besondere an diesem 3D-Drucker ist sein Bauvolumen: „Unendlich“ x 280 mm x 170 mm. Damit eignet er sich vor allem für Großformate, aber auch zum Prototyping und zur Ersatzteilherstellung. Auf einem herkömmlichen Drucker sind diese nicht in der passenden Größe zu realisieren. Zudem kostet ein 3D-Drucker, der derartige Dimensionen umsetzen kann, schnell das fünfzigfache eines 3D-Fließbanddruckers im Desktopformat. Der in 45° abgewinkelte Druckkopf, in Kombination mit dem Fließband als eine der Druckachsen, ermöglicht komplexe Objekte entweder in Serie, in unendlicher Länge oder eine Mischung aus beidem zu drucken. Der i-Factory One kann unendlich lange Hohlkörper ohne Stützstrukturen drucken. Das spart Material, aber auch Druckzeit und manuelle Nachbearbeitung, da kein Support aufwendig vom eigentlichen Druckteil entfernt werden muss.

System druckt mit verschiedenen thermoplastischen Filamenten

Beim 3D-Fließbanddrucker kommt die Fused Filament Fabrication (FFF) bzw. Fused Desposition Modelling-Technolgie zum Einsatz. Bei diesem additiven Fertigungsverfahren wird ein Kunststofffilament in einer beheizten Düse aufgeschmolzen und extrudiert. Die Bauteile werden durch schichtweises Ablegen der Schmelze in dünnen Strängen aufgebaut. Bei einer maximalen Düsentemperatur von 260° C kann das System mit verschiedenen thermoplastischen Filamenten drucken, wie PETG, PLA, PV oder ABS. Zudem passt der Drucker mit seinen äußeren Abmessungen von 620 x 540 x 380 mm auf eine Werkbank.

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Designumstellung: Metallbolzen ersetzen Schlösser

Bei der Konstruktion des 3D-Druckteils fand Via Traffic Controlling über Kundenfeedbacks und internen Prüfungen heraus, dass das Endprodukt nicht notwendigerweise über die bisher eingesetzten sechs Schlösser geöffnet werden musste. Auf die Schließfunktion konnte somit verzichtet werden. Um eine ausreichende Stabilität zu erlangen wurden Metallbolzen für die neue Lösung vorgesehen. An die Maße der Bolzen wurde wiederrum die CAD-Skizze des Druckteils angepasst. Die Entwicklungsabteilung bei Via Traffic Controlling arbeitet schon länger mit 3D-Druckern und konnte den Prototyp selbst umsetzen und verfeinern.

Mit dem 3D-Fließbanddrucker sparte Via Traffic Controlling im Gegensatz zum vorherigen System etwa 70 Prozent der Herstellungskosten ein. Vorher kostetet die Anschaffung eines Bauteils zwischen 15 und 17 Euro. Mit dem 3D-Fließbanddrucker konnten die Kosten pro Teil mit Zubehör auf 3 Euro reduziert werden. Die Anschaffungskosten für den 3D-Drucker hatten sich bereits nach knapp acht Wochen amortisiert. Damit stellt das Unternehmen mit dem I-Factory One die benötigten Teile selbst her und ist damit unabhängig von Zulieferern.

Integrierter Spulenhalter unterstützt Filamentrollen bis zu 2,2 kg

Da die z-Achse bei dem Drucker unbegrenzt ist, findet er auch in der weiteren Produktentwicklung Verwendung, was besonders bei langen Objekten wie z.B. Kabelkanälen das Prototyping erleichtert. Ein weiterer Vorteil: der Drucker kann mit besonders großen Filamentrollen extern bestückt werden und unterbricht den Druck automatisch, wenn das Filament leerläuft. Nach dem Wiederbefüllen setzt der Drucker nahtlos an, sodass kein Material verloren geht.

Für das neue Modell, den 3D-Drucker One Pro, gibt es einen integrierten Spulenhalter im Bauraum, der bis zu 1 kg Spulen unterstützt. Zudem spart der Drucker in dieser Variante Platz. Der Spulenhalter lässt sich auch einfach umfunktionieren bzw. nach außen schwenken, sodass Filamentrollen von 2,2 kg Gewicht aufgeladen werden können. Natürlich laufen beide Druckermodelle auch mit externen Spulenkonstruktionen, die besonders große Filamentrollen unterstützen.

Bachelorarbeit prüft Wirtschaftlichkeit

Für die Arbeit wurden fünf Objekte mit jeweils verschiedenen Parametern und Geometrien von zwei unterschiedlichen Druckern hergestellt.
(Bildquelle: I-Factory 3D)

I-Factory 3D hat eine Bachelorarbeit beauftragt, die unter anderem die Wirtschaftlichkeit von 3D-Fließbanddruckern im Vergleich zu klassischen kartesischen 3D-Druckern untersuchen sollte. Für die Arbeit habe man fünf Objekte mit jeweils verschiedenen Parametern und Geometrien von zwei unterschiedlichen Druckern herstellen lassen: Dem I-Factory 3D One Pro und einem Vergleichsdrucker, dem Ultimaker S3 und S5. Dabei stellte sich heraus, dass die variablen Kosten beim 3D-Fließbanddruckermodell immer niedriger waren.
Die niedrigeren Stückkosten ergeben sich aus mehreren Punkten: So kann beispielsweise durch den 45-Grad-Druckwinkel auf Stützstrukturen zum Beispiel bei Gehäusen verzichtet werden. Dementsprechend wird weniger Material pro Druckteil verbraucht und es kann schneller produziert werden.
Seine Vorteile spielte der Fließbanddrucker vor allem bei langen Druckobjekten aus, in diesem Fall ein Kabelkanal mit einer Länge von 1,50 m. Durch das Fließband anstelle eines starren und damit begrenzten Druckbetts ist beim Fließbanddrucker den Dimensionen in z-Richtung keine Grenze gesetzt. Das Objekt wurde für den Bauraum des S3 in insgesamt acht Stücke unterteilt, die in zwei Durchgängen gedruckt wurden, da nur vier gleichzeitig auf die Fläche passen. Damit ist der Stückpreis für das lange Bauteil auf dem S3 etwa 3,5-mal höher als auf dem One Pro.
Schlussendlich belegt die Abschlussarbeit, dass sich Fließbanddrucker bei einer höheren Produktionsauflage schnell lohnen. Jedes der fünf getesteten Objekte sei günstiger in der Produktion gewesen. Komplexe Geometrien ließen sich schneller und effizienter anfertigen. Zudem könnten mit dem One Pro auch ungewöhnliche Teile in jeder Dimension gedruckt werden und eine Produktion sei über Wochen fortlaufend möglich. Demnach rentiere sich ein Fließbanddrucker aufgrund seiner flexiblen Eigenschaften vor allem für die Serienproduktion.

Zur Bachelorarbeit

Die Via Traffic Controlling musste ihren Drucker noch nicht nachrüsten: Bei dem im April 2021 angeschafften I-Factory One läuft noch der gleiche Belt, obwohl dieser - je nach Auslastung und Pflege – als ein häufiger Verschleißartikel mit durchschnittlich sechs bis zwölf Monaten Haltbarkeit angegeben wird. Für Via Traffic Controlling ist die Fließbandtechnik ganz klar die Zukunft. Fertigungsleiter Marcus Czaplejewicz stellt fest: „Mit einem Fließbanddrucker ist man erstmal nicht mehr auf bestimmte Maße im Bauraum festgelegt. Gerade bei uns im Haus haben wir in der Vergangenheit auch viele Sachen an Zulieferer gegeben, die uns dann irgendwelche Prototypen gedruckt haben. So ein Prototyp funktioniert oft nicht auf Anhieb und die Anpassung kostet dann viel Zeit. Jetzt können wir große Teile einfach hier im Haus anfertigen, anpassen und solange daran herumbasteln, bis der Prototyp serientauglich ist. Man ist nicht mehr eingeschränkt und kann viele kleine Dinge einfach drucken, ohne Beaufsichtigung.“

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Via Traffic Controlling plant, den Einsatz von Fließbanddruckern weiter auszubauen. Einen Produktionszweig mit ausschließlich 3D-Druckermodellen und mehreren 3D-Fließbanddruckern als Herzstück für die automatisierte additive Fertigung könne sich das Produktionsteam gut vorstellen. 

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