Metall-3D-Druck Eigenspannungen SLM-gefertigter Bauteile bestimmen

Redakteur: Dipl.-Ing. Dorothee Quitter

Im selektiven Laserschmelzen (SLM) gefertigte Bauteile enthalten oft Eigenspannungen, die zu Rissen führen können. Der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) ist es gelungen, diese inneren Spannungen an einer Turbinenschaufel mittels Neutronenbeschuss zerstörungsfrei zu messen.

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Die Messungen fanden an der Forschungs-Neutronenquelle der TU München statt. Hier ist die innere Gitterstruktur einer Turbinenschaufel in Messposition am Eigenspannungs-Diffraktometer Stress-Spec zu sehen.
Die Messungen fanden an der Forschungs-Neutronenquelle der TU München statt. Hier ist die innere Gitterstruktur einer Turbinenschaufel in Messposition am Eigenspannungs-Diffraktometer Stress-Spec zu sehen.
(Bild: Tobias Fritsch / BAM)

Gasturbinenschaufeln sind unter hohem Druck und hohen Temperaturen enormen Fliehkräften ausgesetzt. Um Temperaturen aushalten, die über dem Schmelzpunkt des Materials liegen, besitzen sie im Inneren Hohlstrukturen, die mit Luft gekühlt werden. Herstellen lassen sich solche Schaufeln durch additive Fertigung im selektiven Laserschmelzen. Für die Hohlstrukturen werden nach dem Vorbild von Vogelknochen filigrane Gitterstrukturen erzeugt. Doch durch den sehr lokalen Wärmeeintrag des Lasers und die schnelle Abkühlung der Schmelze entstehen Spannungen im Material. Diese können in einem nachgeschalteten Wärmebehandlungsschritt eliminiert werden. Jedoch können die Eigenspannungen auch schon vor der Nachbehandlung Schäden im Bauteil anrichten.

Eigenspannungen im Experiment ermittelt

Mithilfe der Computertomographie gemessenes 3D-Abbild der untersuchten Gitterstruktur.
Mithilfe der Computertomographie gemessenes 3D-Abbild der untersuchten Gitterstruktur.
(Bild: Tobias Fritsch / BAM)

Feststellen lassen sich die Spannungen laut BAM durch Röntgenstrahlen. Doch diese dringen nicht tief ins Bauteil ein und stoßen bei filigranen Hohlstrukturen aufgrund der geometrischen Komplexität an ihre Grenzen. Deshalb entschied das Forschungsteam, die Struktur mit einem Neutronenstrahl zu beschießen. Der dringt tiefer ein und wird an spannungsreichen Stellen von der Gitterstruktur der Atome auf charakteristische Weise gebeugt. Konkret wurde nach Angaben der BAM eine additiv gefertigte, nur wenige Millimeter große, Gitterstruktur aus einer Nickel-Chrom-Legierung in der Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) mit Neutronen auf Eigenspannungen untersucht. Bei der vom Gasturbinenhersteller Siemens Energy gedruckten und bereitgestellten Gitterstruktur wurde die übliche Wärmebehandlung absichtlich weggelassen.

Entscheidend war es, die Messpunkte mittels Computertomografie möglichst genau zu lokalisieren. Sie konnten wir unter Beschuss mit Neutronen exakt verorten und damit auch die Spannungen.

Tobias Fritsch, Mitglied im Forschungsteam der BAM

Prozessparameter anpassen

Nachdem es dem Team gelang, die Eigenspannungen in dem Bauteil nachzuweisen, geht es im nächsten Schritt nun darum, die zerstörerischen Spannungen durch die Anpassung der Parameter des Bauprozesses zu verringern. Dabei sei der zeitliche Wärmeeintrag beim Aufbau der einzelnen Schichten entscheidend. Je länger der Laser des Druckers auf einen Punkt gerichtet ist, desto stärker erwärmt sich dieser im Vergleich zu den Nachbarbereichen. Dies erzeugt Temperaturgradienten, die zu Unregelmäßigkeiten im Atomgitter führen, heißt es.

Wie die Wärme beim Drucken gleichmäßig verteilt werden kann, will die Forschungspruppe zukünftig mit neuen Bauteilen unter veränderten Druckeinstellungen erforschen. Das BAM-Team hofft, der Industrie schon bald wertvolle Hinweise geben zu können, wie sich die Qualität von energieeffizienten Gasturbinen aus dem 3D-Drucker verbessern lässt.

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