3D-CAD Dassault will der Amazon für Ingenieure werden
Eine neue Plattform, über die sich Solidworks-Anwender direkt mit Zulieferern und Herstellern verbinden können – market place – sowie eine neue Browser-Anwendung für Solidworks – X-Design – gehörten zu den Highlights der 20. Solidworks World in Los Angeles. Darüber hinaus gab es verschiedene Produktankündigungen, auch von Partnern. So zeigte HP einen neuen 3D-Drucker.
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Anfang Februar hatte Dassault Système Konstrukteure und Designer zur 20. Solidworks World nach Los Angeles eingeladen, um aktuelle Weiterentwicklungen ihrer CAD-Software Solidworks mit ihnen zu teilen. Etwa 5000 Teilnehmer waren ins LA Convention Center gekommen, darunter auch viele Partner, die ihre Produkte im angeschlossenen Partner Pavilion ausstellten.
Mit fünf Ankündigungen eröffnete Gian Paolo Bassi, CEO von Solidworks, die zweieinhalb Tage dauernde Konferenz: So wird Dassault Solidworks-Anwendern ab sofort social collaboration services zur Verfügung stellen, die die kreative Zusammenarbeit in der Produktvorentwicklung in einer Social-Media-artigen Umgebung ermöglichen sollen. PLM-Services werden darüber hinaus auf Basis der 3D-Experience-Plattform in alle Solidworks-Produkte integriert und sollen das Projekt- und Datenbank-Management erleichtern. Für Desktop-Anwendungen kommt der Solidworks Product Designer, während das browserbasierte X-Design CAD zu jeder Zeit und an jedem Ort möglich macht. Und: In Zukunft sollen Anwender mit nur wenigen Klicks zur Fertigung gelangen: Mit marketplace make schafft Dassault eine Austausch-Plattform für Entwickler, Vertriebspartner, Anwender und Käufer. Sie alle könnten nun miteinander kommunizieren, kündigte Entwicklungsleiterin Florence Hu-Aubigny euphorisch an, und zwar „in einer Sprache, nämlich dem 3D-CAD“.
Projekte und Daten managen: PLM-Services
Geschaffen, um PLM zu entmystifizieren, soll PLM Services helfen, Projekte und Datenbanken in der Cloud zu managen sowie die Anbindung an die Fertigung zu erleichtern. Von Vorteil sei hier besonders die Skalierbarkeit der Software, erklärte Kishore Boyalakuntla, Product Portfolio Manager bei Solidworks. So sei es ohne großen Aufwand möglich, zunächst klein einzusteigen und die PLM-Fähigkeiten später den wachsenden Bedürfnissen anzupassen.
X-Design – CAD zu jeder Zeit und überall
Das browserbasierte X-Design wird den Produktentstehungsprozess zukünftig stark verändern, prognostiziert Uwe Burk, Country Manager Central Europe bei Dassault. Zugang und Anwendung sind einfach, die Bearbeitung einzelner Projekte ist überall möglich, da die Daten in der Cloud liegen – auch im Bearbeitungsmodus. Dassault wird X-Design in den nächsten zwei Monaten zunächst einer ausgewählten Gruppe von etwa 200 Kunden zur Verfügung stellen, bis zum Ende des Jahres sollen es dann aber schon 7000 User sein.
Product Designer – alle Design-Möglichkeiten
Der neue Product Designer dagegen nutzt die Ressourcen des Rechners und bietet vollständige Design-Fähigkeiten inklusive Bauteile, Montage, Bleche, Bewegungssimulation und Zeichnungen.
Marketplace – Amazon für den Ingenieur
Schon am 20. Januar hat Dassault Marketplace freigeschaltet. Die Plattform – Dassault nennt es Online-Ökosystem für industrielle Dienstleistungen und Content-Provider– verbindet Designer und Ingenieure mit Zulieferern und Herstellern und erleichtert so u.a. die Suche nach Bauteilen deutlich. Außerdem wird auch die Fertigung der konstruierten Produkte nur noch wenige Klicks in Anspruch nehmen. Schon jetzt sind fünfzig digitale Hersteller mit mehr als 500 Maschinen und 600 Lieferanten mit 30 Millionen Komponenten darüber erreichbar. Bei Dassault hat man klare Vorstellungen, wohin die Reise mit marketkplace geht: „Wir wollen der Amazon für den Entwickler werden“, hat sich CEO Gian Paolo Bassi vorgenommen.
Neuer 3D-Drucker von HP druckt in Farbe
Eine Reihe weiterer Unternehmen nutzte die Anwender-Konferenz, um die strategische Zusammenarbeit mit Dassault anzukündigen oder neue Produkte vorzustellen, die aus einer Zusammenarbeit entstanden sind. So enthüllte HPs Stephen Nigro, President der 3D Printing Division, HPs ersten 3D-Farbdrucker, den HP Jet Fusion 300/500, mit dem sich sowohl Prototypen als auch Funktionsbauteile drucken lassen, und zwar sowohl in schwarz weiß als auch in Farbe. Erhältlich sind zunächst vier Modelle, zwei für den Schwarz-/Weiß-Druck sowie zwei für den Farbdruck. Die Zusammenarbeit mit Solidworks betrifft die Steuerung der Voxel, also der 3D-Pixel, über die sich die Eigenschaften des gedruckten Bauteils kontrollieren lassen.
Während es bisher nur möglich ist, die Oberflächen-Eigenschaften eines Bauteils festzulegen, wird es in Zukunft darum gehen, über die Voxel auch das Bauteilinnere zu beeinflussen, eine Aufgabe, die alles andere als trivial ist. „Bis es soweit ist, werden allerdings noch Jahre vergehen“, dämpfte Bassi daher allzu hohe Erwartungen. Zu den weiteren großen Herausforderungen des 3D-Drucks gehören die permanente Weiterentwicklung geeigneter Materialen sowie Integration/Embedding von Elektronik. Bis heute sind elektronische Schaltungen alles andere als ideal innerhalb vieler Produkte platziert. Sie direkt per 3D-Druck an die richtige Stelle zu setzen, eröffnet enormes Potenzial, ist aber derzeit noch weit entfernt von einer Umsetzung.
Individualisierte Arm-Prothesen aus dem 3D-Drucker
Stratasys kündigte gemeinsam mit Dassault und Gründer Easton LaChappelle die Zusammenarbeit bei Unlimited Tomorrow an, einem Start-up-Unternehmen, das individuelle Arm-Prothesen zu deutlich geringeren Kosten als marktüblich herstellt. Stratasys wird zum exklusiven Anbieter von 3D-Drucktechnologie für die Initiative. Herkömmliche Prothesenmodelle sind oft schwer, unhandlich und teuer. Das gilt um so mehr für Kinderprothesen, noch dazu, weil Kinder aus vielen Modellen schnell herauswachsen. Unlimited Tomorrow entwickelt personalisierte, skalierbare Modelle. Stratasys und Dassault Systèmes sind die exklusiven Anbieter für 3D-Druck und CAD/CAE in dieser Initiative.
Neue strategische Solidworks-Partner: 3D-Systems, Desktop Metal und Seebo
Mit 3D-Expert hat 3D-Systems eine Software entwickelt, die ab sofort allen Solidworks-Subscription-Usern zur Verfügung steht. Sie ergänzt Solidworks für das Design additiv zu fertigender Bauteile aus Kunststoff. Für die Entwicklung von 3D-gedruckten Bauteilen und Produkten in Metall dagegen eignet sich Desktop Metals Voxel-basiertes Design-Tool Live Parts.
Die strategische Zusammenarbeit mit Seebo soll den Weg für das einfach Design von IoT-Produkten frei machen. Da Produkte und Maschinen in Zukunft miteinander kommunizieren werden, wird ihr Design deutlich komplexer. Mit der Software des israelischen Anbieters Seebo, die in 3D-Experience integriert wird, lassen sich in Zukunft elektronische Komponenten, etwa Sensoren, per Drag&Drop in die 3D-Modelle ziehen. Der Wechsel zwischen dem elektronischen Design und Solidworks PCB ist dabei jederzeit möglich. So werden mechatronische Lösungen möglich.
Die nächste Solidworks World findet vom 10. bis 13. Februar 2019 in Dallas statt. (ud)
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