Simulation 3D-Druck und Guss ermöglichen in Kombination leichtere und langlebigere Landmaschinenbauteile

Redakteur: Dipl.-Ing. Dorothee Quitter

Leichter, steifer und widerstandsfähiger – so das Ergebnis des Re-Designs einer Landmaschinenkomponente. Dazu wurden 3D-Druck und Guss kombiniert.

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Neue Entwicklungs- und Produktionsverfahren ermöglichen weitere Gewichts- und Kosteneinsparungen.
Neue Entwicklungs- und Produktionsverfahren ermöglichen weitere Gewichts- und Kosteneinsparungen.
(Bild: Amazone)

In seiner ursprünglichen Konstruktion war die Fahrwerksschwinge für die Catros-2TS Scheibenegge ein komplexes, 245 kg schweres Bauteil, das mit insgesamt 16,5 m Schweißnaht verbunden wurde. Vor allem die hohe Anzahl an Schweißnähten machte die Produktion teuer und zeitaufwändig. Grund genug für die Ingenieure von Amazone nach einem alternativen Fertigungsverfahren zu suchen.

Amazone entwickelt und produziert hochwertige Landmaschinen, die eine ökonomische Landwirtschaft ermöglichen. Zu den jüngsten Projekten des Unternehmens gehört die Untersuchung einer Fahrwerksschwinge. Ziel war es, dieses Bauteil sowohl leichter als auch steifer und widerstandsfähiger zu gestalten. Die Fahrwerksschwinge verbindet die Egge mit der Achse eines Traktors, um einen Transport des Gerätes vom Hof zum Feld zu ermöglichen.

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Zu Beginn ihrer Untersuchung stellten die Amazone-Ingenieure fest, dass ein Wechsel der Fertigungsmethode von Schweißen auf Guss gute Möglichkeiten für eine deutliche Gewichtsreduzierung bot. Gleichzeitig wurde durch diesen Wechsel die Fertigung des Bauteils einfacher, kostengünstiger und schneller. Da das Bauteil nun in einem Stück gegossen werden kann, ist die Fertigung außerdem insgesamt weniger fehleranfällig.

Guss statt Schweißen

Für das neue Bauteildesign führte Amazone eine Topologie- optimierung durch. Dabei nutzten die Ingenieure für die Optimierung das Softwarewerkzeug Solidthinking Inspire. Nachdem in einem ersten Schritt der Bauraum definiert wurde, konnten Randbedingungen wie Lasten, benötigte Steifigkeit und Fertigungsrandbedingungen für den Guss hinzugefügt werden. In diesem Arbeitsschritt erfolgte auch die Festlegung der Bereiche, an denen die Struktur unverändert bleiben musste, z. B. Lagerpunkte oder Zylinderanbindungen.

Die Optimierungsergebnisse boten den Ingenieuren die Basis für ein detailliertes Design, das sie anschließend einer FE-Analyse mit Optistruct unterziehen konnten. Die Ergebnisse sprachen für sich: Das gegossene Bauteil war nicht nur deutlich leichter als die Schweißkonstruktion, dank weicherer Übergänge der Struktur kam es auch zu weniger Steifigkeitssprüngen. Nicht zuletzt zeigten die Tests, dass die Dauerfestigkeit des Gussbauteils im Vergleich zum geschweißten Bauteil um Faktor 2,5 stieg, während das Gewicht um 8 % reduziert werden konnte.

3D-Druck und Guss

Die guten Ergebnisse aus dem erfolgreichen Re-Design und der Nutzung neuer Fertigungsmethoden motivierte die Ingenieure dazu, nach weiteren Möglichkeiten zur Verbesserung des Bauteils zu suchen. Als eine dieser Möglichkeiten entdeckten die Ingenieure die additive Fertigung, welche – kombiniert mit Guss – das Bauteil noch leichter machen konnte. Für diesen Prozessschritt wandte sich Amazone an Altair und Voxeljet, die in 2015 ein Projekt vorangetrieben hatten, in dem die Fertigungsmethoden 3D-Druck und Gusstechnologien erfolgreich miteinander kombiniert wurden. Voxeljet produzierte dabei die benötigten Gussformen für das Bauteil im 3D Druck.

Im Rahmen des neuen Prozesses bei Amazone stand zunächst eine erneute Topologieoptimierung unter Berücksichtigung der neuen Fertigungsrandbedingungen für den 3D-Druck und den Guss an. Es stellte sich heraus, dass das Gewicht des neuen Bauteiles mit dieser Fertigungskombination nochmals um ca. 11 % reduziert werden konnte – und das, ohne die ursprüngliche Dauerfestigkeit und Steifigkeit des Gussbauteils zu ändern.

Für einen reibungslosen Designprozess sorgte wiederum der Einsatz des Tools Solidthinking Inspire. Danach wurde Solidthinking Click2Cast (C2C) für die Gusssimulation eingesetzt. Dank C2C hatten die Ingenieure mittels Gusssimulation die Möglichkeit, zu prüfen, ob ein planmäßiger Guss des neuen Designs gewährleistet ist. In der frühen Designphase optimierten die Konstrukteure mit C2C das Bauteildesign und überprüften die Herstellbarkeit, so dass innere Fehler vermieden und kritische Bereiche analysiert werden konnten. Zudem gab es durch den Einsatz von Inspire und C2C erheblich weniger Iterationen zwischen Konstruktion und Fertigung. Auch am Ende des Designprozesses kommt C2C erfolgreich zum Einsatz, indem es den kompletten Formfüllungsprozess und die Erstarrung des Materials simuliert. Diese Simulation trägt maßgeblich dazu bei, den Füllprozess zu kontrollieren und die Bauteilqualität zu optimieren.

Zeitersparnis durch 3D-Druck

Die Herstellung von Gussformen für ein solches komplexes Bauteil ist in der Regel zeitaufwendig. Daher wurde Voxeljet beauftragt, die für den Gussprozess benötigten Werkzeuge aus Quarzsand im Pulver-Binder-Jetting-Verfahren additiv zu fertigen. Das Gießen der Fahrwerksschwinge erfolge bei Pro Cast Guss.

Die Kombination der beiden Verfahren 3D-Druck und Guss zeigt exzellente Ergebnisse: Der Technologiedemonstrator der Fahrwerksschwinge wiegt nur noch 200 kg. Er wird am 17. Oktober auf der Solidthinking Veranstaltung Converge 2017 in Essen zu sehen sein. (qui)

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