Technische Übersetzung Wie Maschinenprofis auch Übersetzungsmaschinen professionell nutzen können

Ein Gastbeitrag von Jasmin Nesbigall Lesedauer: 5 min

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Technische Übersetzungen dienen dazu, den Ruf von Unternehmen und Marken international zu wahren und die Qualität ihrer Produkte auf jedem Absatzmarkt zu belegen. Unsere Sprachexpertin erläutert, ob und wie gerade Maschinenprofis auch bei der Übersetzung auf Maschinen setzen können.

Übersetzungsmaschinen sind heute frei verfügbar und verleiten dazu, sich darauf zu verlassen. Doch dabei gibt es einige Stolperfallen.
Übersetzungsmaschinen sind heute frei verfügbar und verleiten dazu, sich darauf zu verlassen. Doch dabei gibt es einige Stolperfallen.
(Bild: vegefox.com - stock.adobe.com)

Qualität und Spezifika hochwertiger Produkte „made in Germany“ in allen relevanten Sprachen zu kommunizieren, ist für international agierende Unternehmen entscheidend. Die hochwertige Übersetzung technischer Dokumentation und Kommunikation ist der Schlüssel dazu. Dass Maschinenprofis aus den Schlüsselindustrien auch dafür Maschinen einsetzen wollen, ist eigentlich naheliegend, weil die maschinelle Übersetzung (Machine Translation, MT) inzwischen erstaunlich leistungsstark, frei verfügbar und einfach zu nutzen ist – und damit bestens geeignet für den privaten und informellen Bedarf.

Risiken (er)kennen, Restrisiken ausschließen

Doch bei der professionellen Verwendung ist Vorsicht geboten. Es gilt, die Bedienungsanleitung aufmerksam zu lesen und die Restrisiken bei der Verwendung erst zu erkennen und dann zu vermeiden. Denn keiner frei verfügbaren Übersetzungsmaschine gelingt es bislang, technische Dokumentationen, Fach- und Produkttexte fehlerfrei und konsistent zu übersetzen.

Einige Risikofaktoren im Überblick:

  • Allein schon im meist gut beherrschten Englisch birgt die Nutzung solcher Tools einige Risiken. Kleine, teils subtile Fehler reichen. Ein ausgelassenes „nicht“ oder ein falscher Bezug fallen oft nicht gleich ins Auge, ändern aber Kontext und Bedeutung.
  • Noch risikobehafteter sind Übersetzungen in Sprachen, die man nicht kennt und deshalb nicht überprüfen kann: Wenn Unternehmens- und Fachtermini, die der Maschine unbekannt sind, dort nicht korrekt übersetzt oder als Fantasiebegriffe ausgegeben werden, kann es zu groben Schnitzern kommen, die die Anwender ebenso gefährden wie den Ruf des Unternehmens.
  • Weiterer Risikofaktor ist eine inkonsistente und damit uneindeutige Unternehmenskommunikation. Denn frei zugängliche Übersetzungsmaschinen kennen weder das Unternehmen noch seine spezifische Terminologie und geben Texte gemäß ihres trainierten Wortschatzes von einem Satz zum anderen teilweise unterschiedlich aus. Ungesteuerte maschinelle Übersetzungen können deshalb schnell zu einem Wildwuchs von Benennungen für ein und dieselbe Sache führen.
  • Und dann sind da noch Datenschutz und Datensicherheit: Der Umstand, dass frei zugängliche Übersetzungsmaschinen komfortabel und kostenlos sind, macht in der Nutzung unvorsichtig und konterkariert den Schutz von sensiblen Daten und vertraulichen Inhalten. Geben Nutzer ihre Texte arglos ein, kann es zur unbeabsichtigten Missachtung von Datensicherheitsregeln kommen. Denn die Übersetzungsmaschinen speichern die Texte für das weitere Training und Lernen von Mustern. Geht es um den Speiseplan der Kantine, wird das keine Rolle spielen. Bei internen Informationen, Forschungsergebnissen und Patentanmeldungen kann es dagegen schnell kritisch werden.

Menschen brauchen Maschinen, die Maschine braucht den Menschen

Für (maschinelle) Übersetzungsergebnisse, die einer Humanübersetzung gleichkommen, braucht die Maschine den Menschen. Denn der Mensch kann sich in die Texte einlesen, ihre Sinnhaftigkeit prüfen, Mehrdeutigkeiten erkennen und alles zu stimmigen Dokumenten zusammenfügen. Je nach Textsorte und Sprachkombination sind manchmal 25 Prozent, manchmal aber auch bis zu zwei Drittel der maschinellen Vorübersetzung anzupassen. Das gilt auch für Texte, die auf den ersten ungeübten Blick gut aussehen.

Zudem kann nur der Mensch alle Formate bearbeiten. Nimmt man beispielsweise technische Übersetzungen für das Bedienpanel einer Maschine ist die Textlänge vorgegeben, da das Display nur eine bestimmte Zeichenanzahl anzeigen kann. Keine reine maschinelle Übersetzung kann diese Einhaltung gewährleisten. Und grundsätzlich gilt hier: Je kontextloser der Ausgangstext, gerade auch im Bereich der Oberflächentexte, desto größer das Risiko einer kompletten Fehlübersetzung. Denn Kontext ist für die Maschine – die ihre Ergebnisse ja aufgrund statistischer Wahrscheinlichkeiten liefert – der entscheidende Faktor. Fehlt dieser Kontext komplett, gilt quasi eine Alles-oder-Nichts-Mentalität: Das Ergebnis kann korrekt oder eben komplett falsch sein.

Je kontextloser der Ausgangstext, gerade auch im Bereich der Oberflächentexte, desto größer das Risiko einer kompletten Fehlübersetzung.

Wenn Mensch und Maschine zusammenarbeiten und somit maschinelle Übersetzung und menschliches Know-how kombiniert werden, ist von Machine Translation + Post-Editing (MTPE) die Rede. Dabei werden Texte maschinell vorübersetzt und von ausgebildeten, muttersprachlichen Übersetzern und Linguisten, die mit der Sprache und dem Kontext vertraut sind, systematisch posteditiert – also geprüft, korrigiert und vereinheitlicht.

Stellschrauben zur weiteren Optimierung

Auch wenn maschinelle Übersetzung auf Knopfdruck funktionieren kann, gibt es Stellschrauben, die den Einsatz hinsichtlich Konsistenz und Kosten optimieren können. Werden die Übersetzungsmaschinen beispielsweise von Translation-Memory-Systemen unterstützt, die alle bisherigen Übersetzungsergebnisse eines Unternehmens enthalten, ergeben sich durch die Integration dieser vorhandenen Übersetzungen hohe Einsparpotenziale. Denn alles, was bereits übersetzt wurde, muss auch von der Maschine nicht nochmals bearbeitet und anschließend im Post-Editing geprüft werden. Die Synergie erhöht die Konsistenz zu Vorgängerdokumenten und schafft deutliche Zeitvorteile.

Eine weitere wichtige Stellschraube ist die Einbindung von Terminologievorgaben in Form von Datenbanken oder Glossaren. Durch eine definierte und einheitliche Fachterminologie lassen sich Unternehmensvorgaben direkt in den maschinellen Output integrieren und das Ergebnis „von der Stange“ an die Unternehmenswünsche anpassen. Dies führt zu einer deutlich höheren Textkonsistenz und weniger Nachbearbeitungsaufwand. Grundvoraussetzung für die Nutzung von Glossaren ist aber natürlich, dass die gewünschte Terminologie überhaupt festgelegt und einheitlich ist.

Die anwendenden Unternehmen sparen durch beide Möglichkeiten Zeit und Geld, nicht aber an der Textqualität. Denn durch MTPE unter Nutzung von Translation-Memory-Systemen und Terminologievorgaben entstehen inhaltlich korrekte und vollständige, technische Übersetzungen, die allen Vorgaben zu Qualität, Stil und Terminologie entsprechen und sich nicht von einer Humanübersetzung unterscheiden. Geprüft und zertifiziert nach der ISO-Norm 18587, die die Qualifikation der Posteditoren und die Transparenz der Prozesse garantiert.

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In der technischen Dokumentation und Kommunikation ausschließlich auf die maschinelle Übersetzung zu vertrauen, wäre aus allen genannten Gründen fatal. Sinnvoll und richtig wird der Einsatz allerdings, wenn man die Möglichkeiten – wie beschrieben – richtig und umfassend nutzt.

Professionelle, systematisch und effizient vorgenommene Übersetzungsdienstleistungen waren schon immer technologiebasiert. Mit der maschinellen Übersetzung ist noch eine Komponente hinzugekommen, die gezielt integriert werden kann, um alle Möglichkeiten sinnvoll zu verbinden und für eine optimale Übersetzung zu nutzen. Denn plötzlich ist es möglich, nicht mehr nur zwei Faktoren aus dem Dreigespann Kosten, Zeit und Qualität auszuwählen, sondern alle drei umzusetzen. Dabei macht die Maschine den Menschen längst nicht überflüssig, sondern braucht dringend den menschlichen Weitblick und Verstand, um sinnvoll zum Einsatz zu kommen.

Über Oneword

Das Unternehmen Oneword (Anmerk. d. Red.: eigene Schreibweise „oneword“) ist Sprachdienstleister und strategischer Partner und unterstützt seine Kunden mit umfassenden Übersetzungsdienstleistungen und maßgeschneiderten Lösungen für die technische Dokumentation. Mit den Leistungen Übersetzung- und Terminologiemanagement, Machine Translation + Post-Editing (MTPE) sowie branchenspezifischen Softwarelösungen und Consulting sieht sich das Unternehmen als eines der wenigen führenden, nach ISO 17100 und ISO 18587 zertifizierten Übersetzungsdienstleister für Industrie und Marketing. Ausgebildete muttersprachliche Linguisten übersetzen Texte in über 170 Sprachkombinationen.

Zu Oneword.

* Jasmin Nesbigall ist Fachleitung für MTPE und Terminologiemanagement der oneword GmbH und Expertin für die Integration und Nutzung von maschineller Übersetzung und KI-basierter Technologie in Übersetzungsprozessen.

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