Sensorik Wie ein Piezo-Kraftsensor bei der Werkzeugüberwachung hilft

Redakteur: Jan Vollmuth |

Ein neues Tool zur Werkzeugüberwachung von Mikro-Drehbearbeitungen misst die Zerspankraft in Echtzeit und gibt dadurch Aufschluss über die Lebensdauer des Werkzeugs.

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Das Piezo Tool System (PTS) misst die Zerspankraft in Echtzeit und gibt dadurch Aufschluss über die Lebensdauer des Werkzeugs.
Das Piezo Tool System (PTS) misst die Zerspankraft in Echtzeit und gibt dadurch Aufschluss über die Lebensdauer des Werkzeugs.
(Bild: Kistler Gruppe)

Wo rohe Kräfte walten: Bei der Zerspanung wirken hohe Flächenkräfte auf Werkstück und Schneidwerkzeug. Das begrenzt die Lebensdauer der Schneidplatten und variiert je nach Material und Anwendung. Vor allem im Mikrobereich und bei schwierig zu bearbeitenden Materialien variieren die Standzeiten enorm.

Empfindlicher Werkstoff bereitet Probleme

Mit diesem Problem kämpften auch die Produktionsmitarbeiter bei Kistler in Winterthur. Beim Experten für Messtechnik werden u.a. Spannhülsen und Membranen für empfindliche Drucksensoren mit Wandstärken von nur 0,06 mm hergestellt. Dafür wird eine Nickel-Eisen-Legierung verwendet – die sehr schwer zu zerspanen ist. Der Werkstoff verformt sich bei starken Berührungen sofort, was häufig Werkzeugbrüche verursacht.

Zudem sind die Werkzeugstandzeiten sehr kurz und variieren stark. „Die stark variierenden Standzeiten waren für unsere Produktionsmitarbeiter sehr mühsam“, sagt Severin Hosmann, Gruppenleiter bei Kistler, „sie mussten jede einzelne Maschine permanent im Blick haben. Das war sehr ineffizient und verlangte nach einem System, diesen Prozess auf Dauer zu optimieren.“

Auf der Suche nach einer Lösung

PTS ist kompatibel mit vielen Standard-Werkzeugen von Horn.
PTS ist kompatibel mit vielen Standard-Werkzeugen von Horn.
(Bild: Kistler Gruppe)

Maßnahmen wie das Anpassen der Geometrie der Schneide brachten keine Besserung. Auch die Überwachung der Antriebsleistung des Hauptspindelmotors schied aufgrund der zu großen Masse der Maschinenspindel und der Reibungsverluste in der Spindel aus. Die Messung des Körperschalls wiederum lieferte wegen der geringen Massenträgheit bei kleinen Werkstücken keine konstanten Ergebnisse.

Auf der Suche nach einer Lösung besannen sich die Spezialisten von Kistler auf ihre Kernkompetenz Sensorik: In enger Zusammenarbeit mit dem Werkzeughersteller Paul Horn GmbH entstand eine Lösung zur Echtzeit-Werkzeugüberwachung von Mikro-Drehbearbeitungen – das Piezo Tool System (PTS).

Überwachung inklusive Analyse-Tools

Das System besteht aus einem hochauflösenden Slim-Line-Kraftsensor von Kistler und einer Analysesoftware samt Anbindung an eine Maschinensteuerung zur Auswertung der mit dem Sensor erfassten Bearbeitungsdaten. Die Software läuft einem handelsüblichen Industrie-PC unter dem Betriebssystem Windows ab Version 7.

Das PTS misst die Zerspankraft und die Werkzeugbelastung im laufenden Betrieb. Die gewonnenen Daten geben Auskunft über die erwartbare Lebensdauer des Werkzeugs bzw. der Schneidplatten. Fehlerhafte Materialien und Schneidstoffe oder auch ein Werkzeugbruch werden sofort erkannt, was den Ausschuss minimiert.

Effizienz der Produktivität steigern

Die Software von PTS gibt Aufschluss über den Zustand der Schneide und ermöglicht es, Werkzeugbrüche in Echtzeit zu erkennen.
Die Software von PTS gibt Aufschluss über den Zustand der Schneide und ermöglicht es, Werkzeugbrüche in Echtzeit zu erkennen.
(Bild: Kistler Gruppe)

Bei der Werkzeugüberwachung mit PTS werden Zerspankräfte kontinuierlich aufgezeichnet. Durch die Auswertung dieser Daten erhalten Kunden eine Trendanalyse zur Standzeit des Schneidwerkzeugs. Das ermöglicht das Ausfahren von Standzeiten und steigert somit die Effizienz in der Produktion. Gleichzeitig müssen Maschinen nicht mehr permanent überwacht werden, sondern können teilweise mannlos produzieren.

„Unsere Tests haben gezeigt, dass meist nur das kritische Werkzeug in einem Fertigungsprozess mit PTS ausgerüstet werden muss“, sagt Gunnar Keitzel, Head of Cutting Force. „Dadurch wird Kistler Group nicht nur die Standzeit massiv verlängert, auch die Arbeitskräfte können effizienter eingesetzt werden. Ein einzelner Mitarbeiter hat sämtliche Prozesse im Überblick und kann sich so um mehrere Maschinen gleichzeitig kümmern.“

Buchtipp

Das Buch Industriesensorik beschreibt die Entwicklung und die praktische Anwendung der wichtigsten Sensoren. Durch anwendungsbezogene Fehleranalysen von Messsystemen, Sensoren und Sensorsystemen, jeweils ergänzt durch viele detaillierte, vollständig durchgerechnete Anwendungsbeispiele, eignet sich das Buch nicht nur für Studenten, sondern auch für Ingenieure und Techniker verschiedener Fachrichtungen.

Das neue Piezo Tool System ist kompatibel mit den Standard-Drehhaltern von Horn. Sie erfordert keinen Eingriff in die CNC-Steuerung und ist somit maschinenunabhängig einsetzbar. Die Sensoren sind leicht und schnell austauschbar. Bereits bestehende Werkzeuge können darüber hinaus nachbearbeitet und mit PTS ausgestattet werden.

Beim Monitoring von nicht-rotierenden Schneiden arbeitet Kistler exklusiv mit Horn zusammen. Aufgrund der guten Erfahrungen mit dem Piezo Tool System arbeitet der Messtechnikspezialist bereits an Lösungen für weitere Werkzeuge, wie zum Beispiel Lösungen für Mehrspindler.

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