Faszination Technik Wie die Tarnfähigkeiten von Meeresweichtieren nachgebildet werden können

Quelle: Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V. |

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In unserer Rubrik „Faszination Technik“ stellen wir Konstrukteuren jede Woche beeindruckende Projekte aus Forschung und Entwicklung vor. Heute: ein flüssigkristallines Elastomer, das auf Wärme und Druck mit Deformation und Farbwechsel reagiert.

Weichtiere wie Seesterne können sich tarnen, indem sie rasch ihre Form anpassen oder die Farbe des Untergrunds annehmen.
Weichtiere wie Seesterne können sich tarnen, indem sie rasch ihre Form anpassen oder die Farbe des Untergrunds annehmen.
(Bild: Kolevski.V - stock.adobe.com)

Kraken, Quallen, Seesterne und Tintenfische können sich tarnen, indem sie rasch ihre Form anpassen oder die Farbe des Untergrunds annehmen. Ein Forschungsteam unter der Leitung von Quan Li von der Southeast University in China hat nun ein weiches Material hergestellt, das diese Fähigkeiten nachahmen kann. Als Grundmaterial wählten sie ein flüssigkristallines Elastomer und gossen es in die Form eines Seesterns.

Formänderung und Farbanpassung

Der „Roboter“ in Seesternform reagiert auf Wärme und Druck mit Deformation und Farbwechsel. Abgeschnittene Arme werden nahtlos wieder angesetzt und sein Material lässt sich vollständig recyclen.
Der „Roboter“ in Seesternform reagiert auf Wärme und Druck mit Deformation und Farbwechsel. Abgeschnittene Arme werden nahtlos wieder angesetzt und sein Material lässt sich vollständig recyclen.
(Bild: Wiley-VCH)

Die Moleküle flüssigkristalliner Elastomere verlieren beim Erwärmen ihre Anordnung, so dass der Körper schrumpft. Diesen Schrumpfeffekt nutzten die Forschenden aus, um den Seestern „kriechen“ zu lassen. Dafür fügten sie in die Unterseite eines Armes einen infrarotempfindlichen Farbstoff ein. Diese Stelle zieht sich beim Erwärmen unter Nahinfrarot durch einen photothermischen Effekt zusammen und dehnt sich beim Abkühlen wieder aus. Da nur ein Arm diesen äußeren Reiz erhielt, kann sich der Seestern Stück für Stück vom Fleck bewegen.

Der „Seestern-Roboter“ kann auch seine Farbe ändern. Dafür wurde in das Polymer ein Quervernetzer eingebaut. Dieses Molekül, das Polymerstränge miteinander verbindet, besitzt jedoch eine Sollbruchstelle. Beim Erhitzen und unter Druck trennten sich die Molekülteile. Das zuvor gelbliche Farbmolekül wird rot – so wie der natürliche Tarneffekt eines Seesterns.

Selbstheilungs- und Recyclingqualitäten

Schließlich bewies der Seestern auch Selbstheilungs- und Recyclingqualitäten. Die Forschenden konnten einen Arm ihres Seestern-Roboters abschneiden und beim Erwärmen eine vollständige Heilung beobachteten. Das gleiche geschah auch beim Zerschneiden in viele Einzelteile. Neu in Form gegossen, entstand ein neuer Seestern mit intakten Eigenschaften.

Der Schlüssel zu der mehrfachen Adaptionsfähigkeit ist das Quervernetzermolekül, chemisch gesehen ein Tetraarylsuccinonitril. Es dient gleichzeitig als lichtabsorbierender Farbstoff und Netzwerkgeber in einem dynamischen kovalenten Netzwerk. Solche integrierten Materialien mit thermo- und mechanochromen Eigenschaften (Farbänderung durch Wärme und Druck) könnten für biomimetische Roboter, Sensoren und künstliche Tarnung verwendet werden.

Die Forschungsstudie ist in der Zeitschrift "Angewandte Chemie"erschienen.

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