3D-Druck-Verfahren vorgestellt Was kann die Polyjet-Technologie?

Von Ada Turner*

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Vom Namen her sind die meisten Verfahren zur additiven Fertigung mit Metall und Kunststoff bekannt. Doch wie funktionieren sie? Was sind ihre Stärken, was ihre Schwächen? Was ist beim Bauteildesign zu beachten? Und für welche Materialien und Anwendungen sind sie geeignet? 3D-Druck-Spezialist Materialise gibt einen Überblick. Teil 2: Polyjet-Technologie

Polyjet eignet sich in besonderem Maß für visuelle Modelle mit feinen Details und glatten Oberflächen.
Polyjet eignet sich in besonderem Maß für visuelle Modelle mit feinen Details und glatten Oberflächen.
(Bild: Materialise)

Die Polyjet-Technologie, auch bekannt als Multi Jet Modeling oder Material Jetting, wurde erstmals vor 20 Jahren von der israelischen Firma Objet (seit 2012 zu Stratasys gehörend) der Weltöffentlichkeit präsentiert. Bei dem Verfahren werden Photopolymer-Harze über Druckköpfe – ähnlich wie bei Tintenstrahldruckern – in ultradünnen Schichten auf eine Bauplattform aufgebracht und sofort nach dem Aufbringen mittels UV-Licht gehärtet. Bei komplizierten Geometrien und Überhängen wird über den Druckkopf zudem noch ein gelartiges, wasserlösliches Stützmaterial aufgetragen. Ist eine Schicht vollendet, fährt die Plattform um eine Schichtdicke nach unten und die nächste Schicht folgt. Direkt nach dem Druck sind die Modelle bereits ausgehärtet und lassen sich sofort verwenden. Wurde Stützmaterial eingesetzt, ist es nach der Fertigung noch mittels Wasserstrahltechnik und manueller Nachbearbeitung zu entfernen.

Eigenschaften und Anwendungsfelder

Polyjet bietet den Vorteil, dass die entsprechenden Drucker mehrere Druckköpfe besitzen. Dadurch lassen sich beim Drucken verschiedene Materialien und verschiedene Farben kombinieren. Im Ergebnis lassen sich so nicht nur spezifische Farben und Shore-A-Härten erzielen, sondern es kann in einem Druckvorgang auch ein Bauteil mit mehreren Farben und unterschiedlichen mechanischen Eigenschaften entstehen. Denkbar ist etwa ein Objekt mit festem roten Kern und blauer gummiartiger Oberfläche.

Eine Besonderheit des Polyjet-Verfahrens ist darüber hinaus, dass sich die Lichtdurchlässigkeit des Materials variieren lässt. Selbst eine komplette Transparenz ist realisierbar. Weiterhin ermöglicht die Technologie den Druck sehr feiner Details, da die Schichten nur 32 µm dünn sind. Die Standardgenauigkeit von Polyjet ist darüber hinaus sehr hoch. Je nach Geometrie, Teileausrichtung und Drückgröße beträgt sie 0,1 bis 0,3 mm.

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Ein Pluspunkt ist außerdem, dass das Material direkt zwischen Auftragen und Aushärten noch ein wenig zerläuft. Dadurch können sehr glatte Oberflächen entstehen, bei der mit bloßem Auge fast keine Schichten im Bauteil zu erkennen sind. Aufgrund der Glätte ist in manchen Fällen auch keine weitere Nachbearbeitung der Oberfläche notwendig. Nachteile des Polyjet-Verfahrens sind – bedingt durch die geringen Schichtstärken und das Aushärten bereits in der Maschine – die vergleichsweise langen Druckzeiten. Die damit verbundenen langen Maschinenzeiten und die hohen Materialkosten machen die Technologie zudem relativ kostspielig.

Polyjet eignet sich in besonderem Maß für visuelle Modelle mit feinen Details und glatten Oberflächen, da die Bauteile den optischen Eigenschaften eines späteren Serienmodells schon sehr nahekommen. Ebenso ist die Technologie sehr gut für Prototypen für Form- und Eignungstests sowie für akkurate Muster- und Demonstrationsbauteile einsetzbar. Eine weitere typische Anwendung, für die Polyjet wie geschaffen ist, ist die Herstellung von allgemeinen oder patientenspezifischen Organmodellen für generelle Übungszwecke beziehungsweise zur präzisen Operationsvorbereitung. Darüber hinaus findet die Technologie auch bei der Realisierung von Designobjekten, etwa Schmuck, Anwendung.

Materialien

Für des Polyjet-Verfahren lassen sich heute zahlreiche Materialien nutzen. Eine gute Basis ist zum Beispiel das relativ neue Material Vero. Das Photopolymer-Harz steht in mehreren lichtundurchlässigen Farben, unter anderem Weiß sowie Cyan, Magenta, Yellow und Black, zur Verfügung. Ebenso ist eine transparente Version des Materials erhältlich. Die unterschiedlich gefärbten Harze lassen sich während des Druckvorgangs mischen, so dass ähnlich wie beim zweidimensionalen Farbdruck im CMYK-Verfahren quasi alle erdenklichen Farben sowie unterschiedliche Transparenzgrade realisierbar sind. Auch Farb- und Transparenzverläufe innerhalb des Bauteils sind damit möglich.

Die mit Vero gedruckten Bauteile sind von sich aus hart aber spröde. Um unterschiedliche mechanische Eigenschaften zu erzielen, lassen sich die Vero-Harze auf Polyjet-Maschinen mit anderen Materialien mischen. Zur Kombination eignet sich unter anderem das gummiartige Material Agilus, das es als schwarze sowie als lichtdurchlässige Variante gibt. Das Verbundmaterial führt je nach Materialmischung zu unterschiedlichen Werkstoffhärten, mit denen sich spezielle Shore-A-Werte simulieren lassen. Auch ist mit der Hinzunahme des Materials die Zug- und Verschleißfestigkeit von Bauteilen beeinflussbar. In seiner Reinform lässt sich Agilus hervorragend zur Herstellung von Dichtungsprototypen oder rutschfesten Oberflächen verwenden.

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Die Polyjet-Materialien von Stratasys im Überblick

Designtipps

Polyjet eignet sich wie bereits erwähnt zum Druck feiner Details. Um belastbare, feste Oberflächen zu erreichen, reicht eine Wandstärke von nur 1 mm. Je nach Geometrie lässt sich die Wanddicke sogar weiter reduzieren – in manchen Fällen sogar auf nur noch 0,6 mm.

Mit dem Verfahren lassen sich auch gut ineinandergreifende oder in sich bewegliche Bauteile in einem Stück drucken, wie zum Beispiel Kugellager und Scharniere, da die Supportmaterialien wasserlöslich und gut entfernbar sind. Um ein einwandfreies Ergebnis erzielen zu können, muss zwischen den beweglichen Komponenten des Bauteils ein Mindestabstand von 0,4 mm eingehalten werden.

Bei Bauteilen, die nach dem Druck zu einer Baugruppe zusammengebaut werden, ist bereits bei der Konstruktion ausreichend Abstand zwischen den miteinander zu verbindenden Bauteilen einzuplanen. Um Passgenauigkeit zu gewährleisten, sollte dieser Spielraum mindestens 0,6 mm betragen.

Für gravierte Texte oder Oberflächendetails empfehlen sich Buchstaben mit einer minimalen Linienstärke von 0,5 mm und einer Tiefe von 0,5 mm. Für geprägte Texte und Oberflächendetails sollten Buchstaben eine Linienstärke von mindestens 0,8 mm aufweisen, die Tiefe sollte mindestens 0,5 mm betragen.

Lesen Sie auch Teil 1 unserer Serie:

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* Ada Turner, Sales Engineer, Materialise

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