Europäischer Erfinderpreis 2021 Von OLEDs bis grüne Kunststoffe – Finalisten des Erfinderpreises stehen fest

Redakteur: Katharina Juschkat

Leder aus Ananasblättern, OLED-Technologie und Solarzellen für Kopfhörer – für ihre Erfindungen sind insgesamt 15 Finalisten nominiert. Wir stellen sie vor.

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Für ihre wegweisenden Erfindungen sind insgesamt 15 Erfinder*innen und Erfinderteams nominiert.
Für ihre wegweisenden Erfindungen sind insgesamt 15 Erfinder*innen und Erfinderteams nominiert.
(Bild: EPA)

Der Europäische Erfinderpreis ist ein renommierter Innovationspreis. Jährlich ehrt das Europäische Patentamt mit dem Preis einzelne Erfinderinnen und Erfinder sowie Teams, deren Entwicklungen wesentlich zum technologischen Fortschritt in ihrem Gebiet beigetragen haben, und sowohl der Wirtschaft zugutekommen als auch die Gesellschaft bereichern. Der Preis wird in den fünf Kategorien Industrie, Forschung, KMU, Nicht-EPO Staaten und Lebenswerk vergeben. Die Preisverleihung findet am 17. Juni statt.

Das sind alle Finalisten im Überblick

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Erfindung: Effiziente Werkzeuge zur Analyse von Nukleinsäuren

Erfinder: Metin Colpan (Qiagen GmbH)

Kategorie: Lebenswerk

Sektor: Genomik

Der in Istanbul geborene Biotechnologie-Pionier Metin Colpan entwickelte an der TH Darmstadt eine schnellere und effektivere Technik, um die Nukleinsäuren DNA und RNA zu extrahieren. So können Forscher genetisches Material weitaus detaillierter untersuchen als zuvor. Sein Beitrag auf dem Gebiet der Genomik öffnete die Türen zu neuen Wissenschaftsfeldern, indem er die Art und Weise veränderte, wie Wissenschaftler genetische Daten analysieren. Die Entwicklung legt damit den Grundstein für bahnbrechende Entwicklungen in der Genomik wie Gentests und Gensequenzierung, die beide bei der Erkennung und Behandlung komplexer Krankheiten wie Krebs oder Herzerkrankungen genutzt werden können.

Erfindung: Bessere nasale Medikamentengabe

Erfinder: Per Gisle Djupesland (Optinose AS)

Kategorie: Industrie

Sektor: Medizintechnik

Der norwegische HNO-Facharzt Per Gisle Djupesland hat ein System entwickelt, das unseren natürlichen Atemmechanismus dazu nutzt, Medikamente schnell und effizient genau dorthin zu transportieren, wo sie benötigt werden. Der Facharzt forschte nach einem Weg, Medikamente zielgerichteter in den Nasennebenhöhlen zu verabreichen. Dabei stellte er fest, dass der weiche Gaumen beim Ausatmen gegen einen Widerstand schließt. Djupesland entwickelte ein sogenanntes „Exhalation Delivery System“ (EDS), also ein System zur Medikamentenverabreichung durch Ausatmen, das diesen natürlichen Mechanismus nutzt, indem es die ausgeatmete Luft gleichzeitig durch die Nase wieder zurückleitet.

Erfindung: „Grüne“ Kunststoffe unter Einsatz von Kohlendioxid

Erfinder: Christoph Gürtler und Walter Leitner (Covestro Deutschland AG)

Kategorie: Industrie

Sektor: Chemikalien

Sechs Prozent des weltweit produzierten Rohöls wird zur Herstellung von Kunststoffen verwendet, weshalb die Suche nach alternativen Kohlenstoffquellen sowohl für die Kunststoffindustrie als auch die Umwelt hohe Priorität hat. Die deutschen Chemiker Christoph Gürtler und Walter Leitner entwickelten ein nachhaltiges und zugleich wirtschaftliches Verfahren, das CO₂ zur Herstellung von Kunststoffprodukten auf Polyurethanbasis nutzt. Dies ermöglicht eine bis zu 20-prozentige Reduzierung der Menge an fossilen Rohstoffen, die zur Herstellung eines Polyurethan-Vorprodukts benötigt werden, und macht zugleich die Nutzung von CO₂-Abfällen aus anderen Industrien möglich. Mit der Erfindung wird aus einem Abfallstoff ein Rohstoff für Kleidung, Bodenbeläge, Waschmittel und andere Alltagsprodukte. Damit konnten die Erfinder einen großen Schritt zur Schließung des Kohlenstoffkreislaufs machen.

Erfindung: Magnetische Nanopartikel für die Diagnose von Krankheiten

Erfinder: Marco Donolato und Team (Blusense Diagnostics)

Kategorie: Forschung

Sektor: Medizintechnik

Der italienische Ingenieur Marco Donolato ist mit seinem Team für ihr neuartiges Testgerät nominiert worden, das Infektionskrankheiten innerhalb von Minuten erkennen kann. So kann medizinisches Personal umgehend mit der Behandlung beginnen. Das Gerät nutzt die sogenannte Immuno-Magnetic-Assay-Technologie. Bei dieser wird eine Blutprobe, die in einer Kartusche gelagert und mit magnetischen Nanopartikeln vermischt ist, mit einem Laser bestrahlt. Indem mit einem optischen Lesegerät beobachtet wird, wie die Nanopartikel Cluster bilden, kann das Gerät erkennen, ob biologische Ziele wie Virusantigene oder Antikörper in der Probe vorhanden sind. Mithilfe dieser Technologie hat das Unternehmen kürzlich auch einen 5-Minuten-Test zum Nachweis von Covid-19 Antikörpern entwickelt, der innerhalb von 15 Minuten Ergebnisse in Laborqualität liefert.

Erfindung: Ultraschall-Bildgebungsverfahren mittels Scherwellen

Erfinder: Mathias Fink und Mickael Tanter (Supersonic Imagine)

Kategorie: Forschung

Sektor: Medizinische Geräte

Die französischen Physiker Mathias Fink und Mickael Tanter haben ein neues Ultraschall-Bildgebungsverfahren entwickelt: Die Scherwellen-Elastographie (Shear Wave Elastography/SWE) kombiniert ultraschnelle Ultraschall-Bildgebung mit Überschall-Scherwellen. Damit können Ärzte Weichteilerkrankungen wie Brustkrebs oder Lebererkrankungen diagnostizieren. Diese Diagnoseart ist schneller und erspart Patienten schmerzhafte invasive Biopsien. Bis heute hat das Unternehmen mehr als 2 700 solcher Geräte verkauft, die Ärzten in mehr als 80 Ländern auf der ganzen Welt bei der Diagnose helfen.

Erfindung: DNA-basierte Datenspeicherung

Erfinder: Robert Grass und Wendelin Stark (Haelixa AG)

Kategorie: Forschung

Sektor: Biowissenschaft

Die Chemieingenieure Robert Grass und Wendelin Stark haben ein zuverlässiges Datenspeicherungsverfahren entwickelt, bei dem digitale Daten auf DNA-Strängen verschlüsselt und in schützenden Glaskügelchen eingeschlossen werden. Dieses Verfahren ermöglicht es, Daten über Jahrtausende vor Verfall zu schützen. Neben der Datenspeicherung kann die Erfindung auch zur Kennzeichnung von Produkten wie Edelsteinen, Biobaumwolle oder auch tropischen Lebensmitteln verwendet werden. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass bestimmte Kenndaten – wie Herkunft oder Arbeitsbedingungen – während der gesamten Lieferkette nachverfolgt werden können.

Erfindung: Gewinnung einer nachhaltigen Lederalternative aus Ananasblättern

Erfinder: Carmen Hijosa (Ananas Anam Ltd.)

Kategorie: KMU

Sektor: Textilien aus Pflanzenabfällen

Die spanische Unternehmerin Carmen Hijosa hat eine Lederalternative aus den Fasern von Ananasblättern entwickelt. Die neue Textilie wird aus einer Abfallressource hergestellt und belastet die Umwelt weniger als die Herstellung von Rindsleder. Für die kommerzielle Verwertung ihrer Erfindung hat Hijosa 2013 in London ein KMU gegründet. Ihre natürliche Lederalternative unterstützt Landwirte und Genossenschaften auf den Philippinen und ist auch bei großen internationalen Modemarken gefragt.

Erfindung: Köderhakenkapsel zum Schutz von Seevögeln

Erfinder: Ben Kibel und Pete Kibel (Hookpod Limited)

Kategorie: KMU

Sektor: Meerestechnik

Die Brüder Ben und Pete Kibel haben eine einfache, günstige Vorrichtung zum Schutz von Seevögeln beim Langleinenfischen erfunden. Der Hintergrund: Laut Schätzungen sterben jedes Jahr 300.000 Seevögel, darunter viele gefährdete Albatrosarten, als Beifang der Meeresfischerei. Der Ingenieur Ben und der Fischereibiologe Pete Kibel wollten dieses Problem angehen und die kommerzielle Fischerei gezielter und nachhaltiger gestalten. Sie entwickelten den sogenannten Hookpod – ein kleines, wiederverwendbares Gerät, das Köderhaken einkapselt, bis diese in eine für Seevögel unerreichbare Tiefe gesunken sind. Die Brüder haben drei KMUs gegründet, um dieses Gerät und weitere Erfindungen zu vermarkten, die den Beifang in der globalen Fischerei reduzieren.

Erfindung: Weiterentwicklung von organischen Halbleitern

Erfinder: Karl Leo (Novaled AG)

Kategorie: Lebenswerk

Sektor: Organische Halbleiter

Der deutsche Wissenschaftler, Ingenieur und Unternehmer Karl Leo ist für sein Lebenswerk nominiert: Seine Arbeit auf dem Gebiet der organischen Halbleiter ermöglichte die Entwicklung der hocheffizienten OLED-Technologie (organische Leuchtdiode), die in der gesamten Elektronikindustrie zum Einsatz kommt. OLED-Displays sorgen heute in den neuesten Smartphone-Modellen und anderen elektronischen Geräten für eine verbesserte Bildhelligkeit, hohe Farbauflösung und größere Energieeffizienz.

Erfindung: Werkzeuge zur Züchtung von Mikroben

Erfinder: Kim Lewis, Slava Epstein (Novobiotic Pharmaceuticals, LLC)

Kategorie: Nicht-EPO-Staaten

Sektor: Mikrobiologie

Die US-amerikanischen Mikrobiologen Kim Lewis und Slava Epstein haben ein Verfahren entwickelt, welches es Wissenschaftlern ermöglicht, einzelne Bakterienstämme in ihrer natürlichen Umgebung zu trennen und zu züchten. Ihre „I-Chip“-Erfindung ist ein daumengroßer Plastikchip mit winzigen Löchern, mit dem eine größere Anzahl und Vielfalt von Mikroorganismen im Labor gezüchtet werden kann. Damit wird ein langjähriges Problem in der Mikrobiologie gelöst. Der I-Chip hat Forschern dabei geholfen, etwa 80.000 Stränge von zuvor nicht kultivierbaren Organismen zu züchten, was zu über 50 potenziellen Kandidaten für neue Antibiotika geführt hat.

Erfindung: Flexible Solarzellen für Mobilgeräte

Erfinder: Henrik Lindström und Giovanni Fili (Exeger Operations AB)

Kategorie: KMU

Sektor: Erneuerbare Energien

Die schwedischen Erfinder Henrik Lindström und Giovanni Fili haben eine effiziente und vielseitige Farbstoffsolarzelle („DSSC"-Solarzelle) entwickelt. Diese neue Solarzellentechnologie wird in Verbraucherprodukte integriert und schafft damit ein neues Segment von selbstaufladenden elektronischen Geräten, die Strom aus allen Arten von Licht sowohl in Innenräumen als auch im Freien erzeugen können. Das neue farbstoffsensible Material ist dünn, flexibel und langlebig. Ihre Innovation ist ein Supraleiter im Inneren der Zelle, der den Freiformdruck ermöglicht, um das sogenannte Powerfoyle-Solarmaterial in verschiedenen Texturen, Formen und Farben herzustellen. Das Unternehmen plant, das Material in diversen Produkten einzuführen, wie in Fahrradhelmen mit selbstaufladendem Licht sowie in selbstaufladenden Kopfhörern.

Erfindung: Nanomaterialien für ein neues Lächeln

Erfinder: Sumita Mitra (3M Innovative Properties Company)

Kategorie: Nicht-EPO-Staaten

Sektor: Zahnheilkunde

Die indisch-amerikanischen Chemikerin Sumita Mitra gelang es als erstes, die Nanotechnologie bei der Herstellung von Dentalmaterialien zu nutzen. Sie entwickelte ein neues Komposit zur Reparatur von Zähnen, das gegenüber herkömmlichen Materialien zahlreiche Vorteile bietet. Die Technologie und die daraus entwickelten Produkte werden heute von Zahnärzten überall auf der Welt eingesetzt.

Erfindung: Fingerabdrucksensoren mit Lebenderkennung für mehr Sicherheit

Erfinder: Bo Pi, Yi He (Shenzhen Goodix Technology Co., Ltd.)

Kategorie: Nicht-EPO Staaten

Sektor: Fingerabdruckerkennung

Die chinesisch-amerikanischen Erfinder Bo Pi und Yi He haben den weltweit ersten Fingerabdrucksensor entwickelt, der sowohl das Muster eines Fingerabdrucks als auch die Durchblutung live überprüfen kann. Ihre Technologie schützt die Benutzer damit vor gefälschten Fingerabdruckkopien, die für den unrechtmäßigen Zugriff auf Smartphones oder andere geschützte Geräte verwendet werden können. Die Technologie ist heute bereits als wichtige Sicherheitsfunktion in vielen Smartphone-Modellen verbaut.

Erfindung: Sicherer Transfer von und zu Offshore-Plattformen

Erfinder: Jan van der Tempel (Ampelmann Operations B.V.)

Kategorie: Industrie

Sektor: Offshore

Der niederländische Ingenieur, Unternehmer und Erfinder Jan van der Tempel hat ein System für den Transfer von Arbeitern und Fracht zwischen Schiffen und stationären Offshore-Anlagen entwickelt, das Wellenbewegungen kompensiert und damit für mehr Sicherheit auf hoher See sorgt. Das bewegungsausgleichende Offshore-Zugangssystem wird inzwischen weltweit genutzt. Dadurch konnten bis heute über sechs Millionen Offshore-Arbeiter und 17 Millionen Kilogramm Fracht erfolgreich transferiert werden.

Erfindung: Fortschritte bei der Gewebezüchtung

Erfinder: Gordana Vunjak-Novakovic (EpiBone)

Kategorie: Lebenswerk

Sektor: Biomedizin

Die serbisch-amerikanische Wissenschaftlerin Gordana Vunjak-Novakovic widmete ihre jahrzehntelange Karriere der Entwicklung eines Ex-vivo-Verfahrens zur Gewebezüchtung. Ihr Verfahren ermöglicht eine sichere und präzise Kultivierung von Skelett-, Herz-, Lungen- und Gefäßgewebe für Transplantationen, die Modellierung von Krankheitsverläufen oder die Erprobung von Medikamenten. Bevor sie ihre Technik entwickelte, war der Austausch von Gewebe entweder mit einem schmerzhaften Transplantat aus dem Körper eines Patienten verbunden oder barg das Risiko einer Immunabstoßung. Vunjak-Novakovics Erfindung löst dieses Problem, indem biologische Transplantate ex vivo aus den eigenen Zellen eines Patienten gezüchtet werden.

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