Bionik Von der Seerose zum Flugzeugbau
Derzeit entwickelt Airbus ein neues Bauteil, einen Spoiler, mit dessen Hilfe der CO2-Ausstoß deutlich gesenkt werden soll. Zur Erforschung der bionischen Grundlagen und ihres technischen Nutzens hat FH-Absolvent Peter Petzold in seiner Bachelorarbeit wesentliche Beiträge geliefert.
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Mutter Natur, Vater Ingenieur: So knapp lässt sich der Stammbaum eines neuen Bauteils beschreiben, das derzeit beim Luftfahrtkonzern Airbus entwickelt wird. „Ein entscheidender Parameter in der Luft- und Raumfahrtindustrie ist das Gewicht“, erläutert Prof. Josef Rosenkranz, Prorektor für Studium und Lehre an der FH Aachen und Betreuer von Peter Petzolds Bachelorarbeit. Die Forscher suchen nach geometrischen Gestaltgesetzen und Konstruktionsprinzipien („Morphologien“), die es erlauben, ein Höchstmaß an Sicherheit und Festigkeit bei möglichst niedrigem Gewicht zu realisieren.
Riesenseerose trägt Personen bis 70 kg
Bei seiner Forschungsarbeit hat der Student Petzold zusammen mit seinem Airbus-Betreuer Oliver Seack die „Victoria cruziana“ aus der Gattung der Riesenseerosen untersucht. Dieser Süßwasserpflanze hat er aufs Blatt geschaut – genauer gesagt: darunter. Dort verbergen sich Rippen und Verästelungen, die dem Seerosenblatt eine erstaunliche Stabilität verleihen, und das bei geringem Gewicht. „Eine 70 kg schwere Person, deren Gewicht gleichmäßig auf dem Blatt verteilt ist, kann mehrere Minuten auf einem Blatt stehen. Lasten von ca. 10 kg kann ein großes Blatt ohne Hilfsmittel über mehrere Minuten tragen, ohne dass dieses reißt oder zusammenklappt, da die Verrippung die Blatthaut in viele kleine Hautfelder unterteilt und sie effektiv aussteift“, erläutert der 27-jährige FH-Absolvent der Luft- und Raumfahrttechnik.
Petzold hat das Bauprinzip der Natur analysiert und ergründet, ob sich der Aufbau des Seerosenblattes auf die Konstruktion von Flugzeugbauteilen übertragen lässt. Konkret geht es um Spoiler. Das sind die Bauteile, die auf den Tragflächen angebracht sind und die bei der Landung hochgeklappt werden. Sie reduzieren den Auftrieb der Flügel und erhöhen gleichzeitig den Luftwiderstand. Bislang werden diese Spoiler als Wabensandwich gebaut. Das neue Konzept sieht vor, dass Rippen am Befestigungspunkt der Spoiler ansetzen und sich dann zu den Rändern hin verästeln. Dadurch ließe sich das Gewicht um bis zu 7 % senken, die Festigkeit würde die gleiche bleiben. Auf den Lebenszyklus eines Flugzeugs hochgerechnet könnten bis zu 350 t CO2-Emissionen vermieden werden.
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3D-Druck ermöglicht komplexe Strukturen
„Möglich wird dies nur, weil die Industrie auf neue Produktionsverfahren zurückgreifen kann“, erklärt Prof. Rosenkranz. Konkret geht es um das Additive-Layer-Manufacturing-Verfahren (ALM), auch bekannt als 3D-Druck. Dabei werden metallische Werkstoffe in dünnen Schichten aufgetragen und per Laser geschmolzen, wodurch die Produktion von Bauteilen mit solchen komplexen Strukturen, wie sie in dem neuen Spoiler zu finden sind, erst ermöglicht wird. „Das ist ein Bereich, in dem die FH Aachen führend ist“, sagt Rosenkranz und verweist auf die Forschungs- und Entwicklungsarbeit von Prof. Andreas Gebhardt und seinem Team vom Goethe-Lab des Fachbereichs Maschinenbau und Mechatronik.
Bei der Forschungsarbeit von Petzold geht es aber nicht nur darum, sich ein Beispiel an der Natur zu nehmen. „Ich habe überprüft, welche mathematischen Gesetzmäßigkeiten hinter den biologischen Konstruktionsprinzipien stecken, die von technischem Nutzen sein könnten“, sagt der 27-Jährige. Bei Airbus ist dieser Ansatz auf fruchtbaren Boden gefallen: Im Rahmen seines „Smarter-Skies“-Programms will der Luftfahrtkonzern bis 2018 ein einsatzfähiges Muster des Spoilers bauen und in der Praxis testen. (kj)
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