Intralogistik So bringen Shuttles die Ware in Rekordzeit zum Mann

Redakteur: Ute Drescher

Wie elektrische Formel-1-Wagen erreichen die Savoye-Shuttle mithilfe der Antriebssysteme von Lenze herausragende Leistungen.

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Als Shuttle-Antrieb setzt Savoye auf eine Lenze-Antriebslösung. Die Konstruktion der Beschleunigungs- und Bremsrampen gestaltete sich anspruchsvoll.
Als Shuttle-Antrieb setzt Savoye auf eine Lenze-Antriebslösung. Die Konstruktion der Beschleunigungs- und Bremsrampen gestaltete sich anspruchsvoll.
(Bild: sienk.de/Lenze)

„Mit unserem System muss kein Logistikmitarbeiter mehr lange Wege durch enge Flure zurücklegen, um sich für einen Bestellung die richtige Ware zu picken“, bringt Nicolas Guillot, Produkt- und Marketingmanager bei Savoye, die Vorteile von Intelis PTS mit wenigen Worten auf den Punkt. Die von den französischen Logistikspezialisten entwickelten Shuttles sind, jeder auf einer Ebene, mit Geschwindigkeiten von 3 m-1 auf den Schienen der Regalgassen unterwegs. Das Tempo allein gibt allerdings keinen Aufschluss über die tatsächliche Performance so eines Gesamtsystems für die Kommissionierung.

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„Die Form der Beschleunigungs- und Verzögerungsrampen zählte bei der Entwicklung zu den kniffeligsten Punkten“, erklärt Nicolas Guillot. Die Beschleunigung und auch das Abbremsen vor einem Ziel muss so sensibel erfolgen, dass die Ladung auf dem Shuttle stets prozesssicher transportiert wird. Eine übermäßige Beschleunigung oder Verzögerung könnte etwa dafür sorgen, dass die Ware ihren Halt verliert und im schlimmsten Fall aus dem Shuttle fällt. Im Gegenzug wirkt sich ein zu niedriges Tempo auf die Produktivität aus – was einen schwierigen Balanceakt erforderlich macht. Savoye ist dieser Spagat gemeinsam mit Lenze so weit gelungen, dass der französische Hersteller vom Intelis PTS als schnellstes System auf dem Markt spricht. Auf einer Regalgasse mit 22 Lagerebenen werden bis zu 1100 Lagerzyklen pro Stunde erreicht. Der aktuelle Wettbewerbsbenchmark liege nach Auskunft des Produkt- und Marketingleiters zwischen 500 und 700.

Antriebslösung applikationsspezifisch konzipiert

Das Kopfelement der von Lenze applikationsspezifisch konzipierten und angepassten Antriebs- und Automatisierungslösung bildet der Lenze-Controller C300. Dieser kommuniziert drahtlos mit dem übergeordneten Logistikrechner und erhält darüber seine Kommissionierungsaufträge in Form von Zielvorgaben beziehungsweise Angaben zur Lagerposition. Die daraus abzuleitenden Bewegungsdetails errechnet der Lenze-Controller eigenständig entsprechend der Position des Shuttles.

Die sich daran anschließende Bewegungssteuerung für die mittlerweile dritte Shuttle-Generation ist implementiert in zwei Lenze-Frequenzumrichter der Reihe 8400 Topline. Die Geräte zur Bewegung des Shuttles und der Greifvorrichtung liefern in der einphasigen 230-Volt-Version jeweils eine Leistung von 0,55 kW. Der Umrichter steuert den Getriebemotor bestehend aus einem Asynchronmotor der MF-Reihe (120 Hz) und einem Kegelradgetriebe der Reihe g500 für die Horizontalbewegung. Der zweite Umrichter steuert den Greifer, der somit einen präzisen Positionierantrieb aus einem Synchronservomotor vom Typ MCS mit einem g700 Planetengetriebe nutzt.

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Bestandanlagen einfach modernisieren

Diese beiden kompletten Antriebslösungen sind in den Shuttle integriert. Letztere wird durch einen auf einer linearen Schiene gleitenden Schleifkontakt autark und drahtlos gespeist. Damit macht es Savoye seinen Kunden einfach, bestehende Anlagen flexibel zu erweitern und in die Jahre gekommene Bestandsanlagen vergleichsweise einfach zu modernisieren. „Nach über dreistündigen Ausdauertests verlassen ausschließlich einsatzbereite Shuttles das Werk in Ladoix-Serrigny“, versichert Nicolas Guillot und fügt hinzu: „Unsere Kunden erwerben eine Komplettlösung für die unternehmensinterne Logistik.“

Mit dieser lassen sich dann bestehende Logistikräume besser nutzen – vor allem in der Höhe. In der Regel ist die Regalhöhe für manuelle Entnahmen und Bewegungen auf zwei Meter beschränkt, weil Mitarbeiter die Produkte sonst nicht mehr erreichen können. Mit dem Shuttle sind im Zusammenspiel mit der von Savoye konzipierten zweiseitigen Hebebühne weitere Höhenmeter zu erschließen. „Wir können also das Lagergebäude voll ausnutzen“, sagt Nicolas Guillot und nennt im Schnitt 35 Etagen, die in ein Kleinteilelager passen. Dank der flachen Bauweise der Shuttle kann ein Meter Regalhöhe auf drei Ebenen geteilt werden. Damit ist der Weg frei, Lagerregale mit kleinem Rastermaß zu bauen.

Mehr Produkte auf gleichem Raum einfach lagern

Daraus ergeben sich deutliche Vorteile gerade bei der Logistik von Kleinteilen beziehungsweise von Produkten mit niedriger Höhe – und zwar indem sich mehr unterschiedliche Produkte auf gleichem Raum vollautomatisch lagern und auslagern lassen. Savoye unterstützt dieses Plus an Produktvielfalt darüber hinaus dem in der dritten Shuttle-Generation weiter verfeinerten Greifersystem. Die von Lenze Servotechnik angetriebene Einheit ist darauf ausgelegt, in einem Regalgang bis zu sechs unterschiedliche Positionen anzufahren – um dort dann zwei unterschiedliche Produkte greifen zu können. „Doppelte und dreifache Tiefen sorgen für Vielfalt und flexible Nutzung“, meint Nicolas Guillot.

Das Zusammenspiel aus präziser Positionierung einerseits und schnellen Fahrprofilen andererseits macht klar, dass die dahinterliegende Antriebstechnik im Engineering eine anspruchsvolle Aufgabe darstellt. Nach Aussage des Produkt- und Marketingleiters habe sich Savoye für Automatisierungslösungen von Lenze entschieden, „weil Lenze als einziges Unternehmen in der Lage war, den kompletten Bedarf von Savoye zu erfüllen“.

Vorausgegangen war bereits während der frühen Engineering-Phase eine enge Zusammenarbeit – letztlich mit dem Ziel, Gerätekombinationen zu evaluieren, die am besten zur Applikation passen. Lenze hat die Prototypenphase deshalb auch mit Testgeräten begleitet. Anwendungstechniker aus Frankreich und Deutschland haben an der Konfiguration und Optimierung der Einstellungen zusammengearbeitet wie beispielsweise der Festlegung der eingangs genannten Beschleunigungs- und Verzögerungsrampen.

Standardprogrammierung mit Codesys

Programmiert ist die Bewegungssteuerung in den standardisierten Sprachen der IEC 61131-3. „Wir nutzen ebenfalls Codesys – was es entsprechend leicht macht, die Antriebstechnik von Lenze in das Gesamtprojekt zu implementieren. Die Reglerdaten sind beispielsweise direkt importierbar.“ Abseits reiner Performance-Kennzahlen der Hardware, sind es heute immer mehr Fragen nach Softwareintegrität, vorbereiteten Funktionsbausteinen und der leichten Anwendbarkeit von Werkzeugen, die sich in Summe mit dem Begriff des „Digital Engineering“ zusammenfassen lassen. Die leichte Parametrierung der Antriebe gehörte auch bei Savoye zu den Aspekten, die eine Lieferantenauswahl beeinflussen.

Shuttle international auf Spur

Die beste Antriebsperformance für eine bestehende Applikation: Dieser Anspruch hat zu einem Shuttle-System geführt, mit dem Savoye auch außerhalb Europas auf die Überholspur will. Ziele sind vor allem die Entwicklung in China und den USA auf stark wachsenden Logistikmärkten. Die Intelis PTS Shuttle bereiten mithilfe sehr hoher Durchsatzraten den Weg dafür, Aufträge durch das gewonnene Tempo enger mit dem Auslieferungszeitpunkt zu verbinden – was unter dem Strich wertvollen Platz für die Zwischenlagerung spart. Ferner verkürzt sich so die Zeit für die Aus- und Einlagerung, um kurzfristige Lieferungen vorrangig abzuwickeln. Schneller zu reagieren bereitet zudem den Boden, neue Leistungen anbieten zu können, in dem die eigene Logistik so fix arbeitet, dass auch Schnelllieferungen als gesonderte (Premium-)Dienstleistung möglich sind. (ud)

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