EMO 2017 Sensorik in Spindellager integriert

Mit in Spindellagern integrierter Sensorik will Schaeffler Überlasten vermeiden und so Spindelschäden reduzieren. Analyse-Tools sollen die Auslastung zudem optimieren.

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Belastungssituation an einer WZ-Spindel: Ab einer bestimmten räumlichen Einfederung wird das Lager zerstört.
Belastungssituation an einer WZ-Spindel: Ab einer bestimmten räumlichen Einfederung wird das Lager zerstört.
(Bild: Schaeffler)

Ausfallursache Nr. 1 bei Werkzeugmaschinen sind defekte Spindeln, insbesondere Schäden an den Spindellagern, die durch Crash (Kollision) und andauernde, aber unentdeckte Überlastung entstehen. Beispielsweise kann ein Auffahren des Werkzeugs auf das Werkstück zur Beschädigung der Spindellager und weiterer Komponenten in der Spindel führen. Im Fräsbetrieb erzeugt die Kombination von hohen Radiallasten, lang auskragenden Werkzeugen und hohen Drehzahlen speziell am Werkzeugmaschinen-Spindellager große Belastungen und ungünstige kinematische Verhältnisse. In Extremfällen sind dann kurzfristige Lagerausfälle möglich.

System misst Verlagerung der Spindel

Aus diesem Zusammenhang entwickelten die Schaeffler-Ingenieure ein System mit dem Ziel, Spindel-Ausfälle zu reduzieren, indem eine sehr schnelle Abschaltung der Spindel bei Crash-Situationen möglich wird. Darüber hinaus versetzt das System den Maschinenbetreiber in die Lage, die oben beschriebenen ungünstigen Betriebsbedingungen zu erkennen und seinen Bearbeitungsprozess gezielt zu verändern.

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Das komplett neu und spezifisch für diesen Einsatz entwickelte Sensorsystem misst mit einer hohen Auflösung die Verlagerung der Spindelwelle unter Last in fünf Raumrichtungen – drei translatorisch und zwei rotatorisch. Daraus sind mit dem entsprechenden Wälzlager-Know-how die kinematischen Bedingungen im Lager und daraus die betriebsrelevanten Größen wie Pressung, Bohr-Roll-Verhältnis und Käfigtaschenspiel eindeutig berechenbar. Übersteigen die gemessenen Einfederungen an den Wälzkörpern eine spezifische Schwelle, wird vom Sensorring ein elektrisches Warn­signal an die Maschinensteuerung ausgegeben. Die Schwelle wird von Schaeffler für jeden Spindel- und Maschinentyp individuell festgelegt. Der Schwellenwert lässt sich auch für andere Antriebskomponenten individuell festlegen, die eine niedrigere Belastungsgrenze als die Spindel haben und deren Belastung mit der der Spindel korreliert. „Für das System haben wir eigene Sensoren entwickelt, die entsprechend kompakt und wirtschaftlich sind. Herkömmliche Industriesensoren sind für diese Anwendung zu groß und auch zu teuer“, erklärt Dietmar Rudy, Entwicklungsleiter bei Schaeffler. Der Sensor befindet sich direkt an der Spindel. So sollen sich möglichst wenige Störgrößen wie elektromagnetische Wellen in der Nähe befinden.

Software und Algorithmen integriert

Die gesamte Software und alle erforderlichen Algorithmen sind in die Sensorik integriert. Das bedeutet, es sind keine weiteren Komponenten für das System notwendig. Es ist lokal funktionsfähig und gibt ein individualisiertes Warnsignal an die Maschinensteuerung aus, das folgende Einsatzzwecke ermöglicht:

  • Detektion eines Crashs (Kollision): Die Sensorik ist in der Lage, innerhalb von 2 ms eine Überlastung an einem digitalen Ausgang anzuzeigen. Durch eine schnelle Abschaltung des Antriebes können so schwere Folgeschäden minimiert oder gar verhindert werden.
  • Langzeitschutz für die Werkzeugmaschinenspindel: In der Praxis werden dauerhafte mechanische Überlastungen der Spindellager, z.B. beim Schruppen mit einem verschlissenen Werkzeug, nicht sofort erkannt. Löst das System bei diesem oder einem ähnlichen Szenario ein Warnsignal aus, kann der Betreiber das Bearbeitungsprogramm sehr frühzeitig schon nach Teil 1 modifizieren und die Spindelbelastung durch ein neues Werkzeug, veränderte Schnittwerte oder auch durch einen besser geeigneten Werkzeugtypen reduzieren. Er erreicht damit geringere Spitzenlasten, reduziert deren Anzahl und profitiert so von einer längeren Gebrauchsdauer der Spindel mit geringeren Ausfallzeiten der Werkzeugmaschine. Am Ende bedeutet das für den Betreiber mehr Produktionszeit und weniger Reparaturkosten.

Praxistests erwünscht

Die Verlagerungsmessung mit dem Sensorring und der integrierten Belastungsüberwachung hat das Vorserien-Stadium erreicht und die erste Baugröße steht für Kunden zur praktischen Erprobung zur Verfügung.

Darüber hinaus entwickeln die Schaeffler-Ingenieure ein neues Analyse-Tool für die Optimierung der Spindelauslastung. Bei diesem System wird nicht nur ein Schwellenwert ausgegeben, sondern das beim Bearbeitungsprozess vom Sensorring gemessene Einfederungs-Kollektiv über der Zeitachse visualisiert. „So kennen wir die genaue Belastungsgrenze der Spindellager und können sowohl Über- als auch Unterlast vermeiden. Eine kontinuierlich optimale Auslastung bringt dem Maschinenbetreiber viele Vorteile“, sagt Rudy. Denn erstmals weiß dieser, mit wie viel Prozent er seine Spindel bei welcher Bearbeitung mechanisch auslastet. Er kann nun noch gezielter den Bearbeitungsprozess der Maschine hinsichtlich Auslastung und Gebrauchsdauer verändern. Durch den sichereren Betrieb im Grenzbereich erhöht er nicht nur seine Produktivität, sondern profitiert gleichzeitig von einer längeren Gebrauchsdauer der Spindel und von weniger Maschinenausfällen. (sh)

EMO 2017: Halle 7, Stand C42

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