Gleitlager Polymer-Gleitlager, Toleranz ausgleichende Sonderteile, im rauen Landmaschinenbau

Redakteur: Karl-Ullrich Höltkemeier

Was haben protestierende Milchbauern und der Landmaschinenbau gemeinsam? Sie stehen unter hohem Kostendruck. Das hat zur Folge, dass Investitionen in Agrartechnik signifikante Verbesserungen für relativ wenig Geld bringen müssen. Im folgenden Beispiel sorgen tribologisch optimierte Polymergleitlager – Sonderlager – an einem Standardbauteil, dem Herzstück der Maschine, für eine formschlüssige Verbindung. Seit vielen Jahren bewähren sich die Kunststoff-Gleitlager bei rauer Feldarbeit.

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„Landwirtschaftliche Erntemaschinen müssen im Sommer für wenige Wochen täglich viele Stunden reibungslos funktionieren; dann haben sie Hochsaison“ erzählt der Konstruktionsleiter der FELLA-Werke, Dipl. Ing. (FH) Bernhard Kohl, am Standort in Feucht. „Anschließend werden sie in der Regel mit dem Hochdruckreiniger gereinigt und stehen den Rest des Jahres mehr oder weniger geschützt herum, ehe sie in der nächsten warmen Jahreszeit wieder zum Einsatz kommen.“

Kunden des Landmaschinenherstellers sind Großbetriebe, Lohnunternehmen, Maschinenringe, aber auch Landwirte, die nur wenige Hektar bewirtschaften. „Da wir die jeweiligen Randbedingungen nicht bis ins letzte Detail kennen, müssen wir bei der Auslegung unserer Maschinen vor allem auf deren Robustheit achten, ohne dabei die Herstellkosten aus den Augen zu verlieren“, so Kohl. „Entsprechend wichtig ist die Auswahl aller zum Einsatz kommenden Komponenten.“

Intensiveinsatz zur Sommerernte

Seit über 90 Jahren konstruiert das Unternehmen FELLA bereits Arbeitsmaschinen für Traktoren. Dazu zählen Mäher, Heuer und Schwader. Die Funktion des Schwaders ist das Zusammenrechen von gemähtem oder bereits ausgebreiteten Halmgut mit acht, zehn oder zwölf Zinkenarmen zu einem Schwad.

Alle Schwader dieses Anbieters arbeiten ausschließlich mit der Kreiseltechnologie, die u.a. den Vorteil einer hohen Flächenleistung haben. „Die Lagerung der Zinkenarme als ein Bestandteil der aufwändigen Steuerung ist die wichtigste Funktion der Maschine“, verdeutlicht der Konstruktionsleiter. „Wenn es hier zu Schäden kommt, steht der Kreiselschwader. Und das darf während der Erntezeit auf keinen Fall passieren.“

An jedem Zinkenarm sind zwei Kunststofflager verbaut. Das sind seit inzwischen zehn Jahren tribo-optimierte Polymer-Gleitlager aus dem Spezialwerkstoff „iglidur G“ von der igus GmbH, Köln. Hierbei handelt es sich um wirtschaftliche Allroundlager, die – schmiermittel- und wartungsfrei – u.a. bei einfachen Schwenk- und Drehbewegungen, bei sehr hohen Belastungen sowie bei hohen Schmutzanforderungen ihre Stärken beweisen.

In der beschriebenen Anwendung kommt ein Sonderlager aus „iglidur G“ zum Einsatz. „Schon in der Erprobungsphase haben wir erkannt, dass wir eine zuverlässige Verdrehsicherung brauchten“, erinnert sich der Konstrukteur, Dipl. Ing. (FH) Jürgen Riedel.

Verdrehsicherung ist immer integriert

„Seit der Serieneinführung funktioniert das System reibungslos. Die Verdrehsicherung sorgt für einen hundertprozentigen Festsitz der Lagerbuchse in der Aufnahme. Die Reibpaarung stimmt, so dass wir davon ausgehen, diese Baugruppen noch über einen langen Zeitraum weiter einzusetzen“, so Jürgen Riedel.

Die Vorteile rechnen sich für den Landmaschinenhersteller: Der Verschleiß hat sich gegenüber Gleitlagern aus Metall deutlich reduziert, und es kommt zu einer geringeren Geräuschentwicklung im laufenden Betrieb. Darüber hinaus stimmt die Wirtschaftlichkeit, da u.a. die Nachbearbeitung der Aufnahmebohrung für die Gleitlager im Aluminium-Lagerrohr komplett entfällt.

Das Unternehmen FELLA- Werke, der Name leitet sich übrigens vom ägyptischen Wort „Fellache“ für Bauer ab, steht seit Jahrzehnten für Qualität und Innovation bei der Futtererntetechnik. Durch den engen Kontakt zu nationalen und internationalen Kunden werden die Maschinen permanent praxisnah weiterentwickelt und an die steigenden Anforderungen angepasst. Hohe Arbeitsqualität, Einsatzsicherheit sowie einfache Bedienung sind dabei ihre wichtigsten Attribute.

„Als Partner der Landwirtschaft mit einer sehr breiten Produktpalette bei Mähern, Heuern und Schwadern können wir unseren Kunden die für ihren Betrieb und ihre Anforderungen jeweils passende Maschine anbieten“, sagt dazu Konstruktionsleiter Bernhard Kohl. „Sie müssen natürlich dem neuesten Stand der Technik entsprechen, um sich auch unter harten Einsatzbedingungen bewähren zu können.“

Hart im Nehmen im extremen Praxiseinsatz

Die äußeren Beanspruchungen an die von igus entwickelten Sonderlager im Einsatz vor Ort im Sommer sind extrem hoch. „Es handelt sich in erster Linie um radiale Kräfte“, erläutert Kohl. „Diese entstehen im Normalfall durch den Transport den Halmgutes über den Boden; aber auch durch Bodenberührungen der Zinken oder durch Anfahren an Hindernisse wie beispielsweise Sträucher, Hecken und Steine.

Damit es bei diesen Crash-Situationen nicht zu Beschädigungen der Gleitlager kommt, müssen sie stoßunempfindlich und sehr robust sein.“ Hinzu kommen Staub und Schmutz sowie abschließend die Hochdruckreinigung. „Rauer Betrieb und lange Standzeiten mit eventueller Korrosion der Stahlteile stellen sehr hohe Anforderungen an die Kunststoff-Gleitlager“, so Bernhard Kohl.

Die inneren Beanspruchungen des Schwaderarms sind sehr hoch, da er permanent in der Kurvenscheibe betätigt wird. Darüber hinaus strapazieren viele Lastwechsel mit einer oszillierenden Bewegung die Technik. Der einzelne Arm muss viele und auch relativ schnelle Bewegungen aushalten können.

„Hier war es unser Ziel, eine kompakte und preiswerte Lösung zu gestalten“, berichtet Jürgen Riedel. Während früher geschweißte Lagerrohre mit eingesetzten Messingbuchsen bei der Herstellung aufwändige Bearbeitungszeiten erforderten, fällt diese heute komplett weg. „Das Kunststofflager mit der konischen Außenseite wurde an die konische Bauform der Aufnahmebohrung angepasst und spart damit die komplette Bearbeitung. Das gilt auch für die konischen Befestigungsbohrungen der Aluminium-Lagerohre, die mit dem Konussen der Kreisel-Glocken verschraubt werden. Damit erhalten wir eine formschlüssige Verbindung, die sehr stabil ist und sich im rauen Arbeitsalltag hervorragend bewährt.“

Zeit und Kosten sparen ist immer im Trend

Dass sich mit Kunststoff Kosten sparen lassen, war dem Unternehmen schnell klar. „Anfangs haben wir noch selbst Kunststoffbuchsen drehen und später spritzen lassen. Hier hat allerdings das Ergebnis nicht gestimmt, weil die Werkstoffauswahl nicht gepasst hat“, erinnert sich Jürgen Riedel.

„Als Maschinenbauer haben wir uns für das Thema Kunststoff lieber einen Experten gesucht.“ Aus dem umfangreichen igus-Lieferprogramm, zu dem Standard- und Sonderteile gehören, habe man dann schnell die passende Lösung gefunden. Die hohe Abriebfestigkeit sowie die Trockenlaufeigenschaften der im igus-Labor tausendfach unter Alltagsbedingungen getesteten Polymer-Gleitlager haben in der Landwirtschaftspraxis sofort überzeugt.

Investitionen in die Landmaschinentechnik müssen gut durchdacht sein

Zum einen werden die Stahlpreise zurzeit laufend erhöht. Zum anderen sind die Kunden, vor allem die Milchbauern, nicht bereit, mehr für die Maschinen zu zahlen. Trotzdem muss die Qualität der Maschinen stimmen.

„Wir können die Herstellkosten nur reduzieren“, so Bernhard Kohl, „indem wir teure maßgeschneiderte Bauelemente durch Standardteile substituieren oder durch Baukastenkonstruktionen wirtschaftlich zu produzierende Stückzahlen erreichen.“ Bei der Montage werden ständig Qualitätsprüfungen durchgeführt.

Das wesentliche Unternehmens-Knowhow liegt in der Entwicklung und der Montage der Maschinen. „Wir kaufen alle Komponenten beim jeweiligen Spezialisten ein, dazu zählen auch die Sonderlager aus Kunststoff von igus. Der Anteil der „iglidur“-Polymerlager wird in allen Maschinen unserer Produktpalette weiter steigen“, ist sich Kohl sicher. „Ihre Standfestigkeit und die Kostenvorteile stimmen ganz einfach.“

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