Klebtechnik Mit dem Einsatz von Klebstoffen zu sicheren und sparsamen Autos

Redakteur: Stefanie Michel

Aus der Automobilindustrie ist Kleben als Fügeverfahren nicht mehr wegzudenken. Eine höhere Steifigkeit, reduziertes Gewicht und das Verbinden unterschiedlichster Materialien sind nur einige der Vorzüge des Klebstoff-Einsatzes im Fahrzeugbau. Das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) qualifiziert Ingenieure und Techniker auf dem Gebiet der Klebtechnik.

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Die Anforderungen im Automobilbau steigen permanent: Die Fahrzeuge sollen immer sicherer und komfortabler werden, zugleich aber auch weniger wiegen und sparsam im Spritverbrauch sein. Ohne eine hochentwickelte Klebtechnik wären solche Fortschritte nicht möglich. Sie sorgt dafür, dass immer leichtere Materialien verwendet werden können und die Crashfestigkeit trotzdem zunimmt. Korrosionsschutz, Vibrations- und Schalldämmung sind weitere Pluspunkte, die Wert und Lebensdauer der Autos erhöhen.

Vom Zylinderkopf über die Bremsbeläge bis zu Fenstern, Kotflügeln und Heckklappe – in immer mehr Bereichen des Autos kommt Klebstoff zum Einsatz. In einem Wagen wie dem aktuellen 7er BMW finden sich schon an die 180 Klebmeter. Bis zu 20 Kilo Klebstoff enthält ein Auto, das heutzutage vom Band rollt. Pro Jahr verbraucht die gesamte Transportmittelbranche in der EU etwa 250 000 Tonnen Klebstoff. In Deutschland sind es mit 85 000 Tonnen über zwanzig Prozent der jährlichen Gesamtproduktion.

Klebstoff gibt mehr Sicherheit beim Crash

Im Karosseriebau ist Kleben, kombiniert mit Punktschweißen bei vielen Herstellern bereits Stand der Technik. „Das Kleben verbessert die Crasheigenschaften der Karosserie, weil es einen Steifigkeitsgewinn von bis zu 27 Prozent bringt,“ sagt Eckhard Cordes, Laborleiter für polymere Werkstoffe und Textilien im Bremer Werk von DaimlerChrysler. Allein in diesem Werk werden jährlich 2 500 Tonnen Klebstoffe verarbeitet. Durch das Kleben werden die Kräfte nicht punktuell wie beim Schweißen, Nieten oder Schrauben, sondern flächig übertragen. So verteilt sich die Belastung gleichmäßiger. Zudem wird der Werkstoff weder beschädigt noch durch Hitzeeinwirkung verformt. „Bei gleicher Materialstärke weist eine geklebte Karosserie eine bedeutend höhere Steifigkeit auf als bei alternativen Fügetechniken. Deshalb kann man dünnere Bleche verwenden. Das reduziert das Gewicht und spart Energie,“ erläutert ein Klebtechnik-Spezialist bei BMW in München.

Beim Werkstoffmix ist Klebtechnik gefragt

Zwar ist Stahl immer noch ein wichtiger Werkstoff beim Autobau, doch bei der Entwicklung leichterer und zugleich stabilerer Fahrzeuge kommen zusätzliche Materialien ins Spiel. „Die Zukunft liegt im optimalen Mix der Werkstoffe. Und da übertrifft die Klebtechnik alle anderen Fügetechniken, denn nur sie erlaubt, ganz unterschiedliche Werkstoffe wie Alu, Stahl, Magnesium, Kunststoff, Glas oder moderne Faserverbundstoffe problemlos zu verbinden,“ erläutert Prof. Dr. Andreas Groß, Leiter des Klebtechnischen Zentrums am Fraunhofer IFAM.

Kleben wird in Zukunft einen noch größeren Raum einnehmen – darüber sind sich die Experten einig. „Es wird im Karosseriebau immer wichtiger, hochfeste Stähle mit anderen Materialien zu kombinieren, um das Auto leichter und steifer zu machen.“ so der BMW-Klebexperte. Sein Kollege Eckhard Cordes berichtet, dass sich bei der demnächst geplanten Kompakt-Baureihe seines Unternehmens der Klebstoffeinsatz um das bis zu 20-fache vergrößern wird.

„Die Voraussetzung dafür, dass die Klebtechnik ihr Zukunftspotential wirklich entfalten kann, ist die Kompetenz der Menschen, die sie einsetzen. Denn nur die fachlich qualifizierte Anwendung – von der Auswahl der Klebstoffe bis zum materialgerechten Einsatz – gewährleistet den Erfolg. In unseren Qualifizierungsprogrammen am IFAM erwerben Planer, Entscheider und Praktiker aktuelles Wissen, das forschungsnah und zugleich anwendungsorientiert ist. So profitieren die Betriebe von den neuesten Entwicklungen der Klebtechnik,“ sagt Prof. Dr. Andreas Groß.

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