Getriebe Lenze hat bei der neuen G-500-Baureihe Grundlagenentwicklung betrieben
Mit der Getriebebaureihe G-500 hat Lenze den Beweis angetreten, dass es bei der Elektromechanik nach wie vor lohnenswertes Potenzial für Neuentwicklungen gibt. Immerhin 94 bis 96 % soll der Wirkungsgrad über den gesamten Übersetzungsbereich der neuen Reihe betragen. Die Stirnrad-, Kegelstirnrad- und Flachgetriebe sollen in zwei Schritten auf den Markt kommen. Gestartet ist Lenze mit den kleineren Baugrößen aus Aluminium zwischen 45 bis 600 Nm, etwa ein Jahr später sollen die höheren Leistungen bis 13.000 Nm in Grauguss folgen. Auf Schneckenverzahnung verzichtet Lenze bei der neuen Reihe aufgrund des schwachen Wirkungsgrades ganz bewusst.
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Wir haben neu angefangen und alles bisher da gewesene in Frage gestellt“, fasst Rune Friis-Knutzen, bei Lenze verantwortlich für die strategische Produktentwicklung in der Elektromechanik, den Beginn der Entwicklung zusammen. Es galt Antworten darauf zu finden, wie Getriebe zu konstruieren sind, damit sie später Motorendrehzahlen so intelligent und passgenau wie nur möglich in Drehmoment übersetzen. „Intelligent heißt, bestehende Lösungen auf die eigentliche Anwendung bezogen neu zu denken und zum Vorteil des Maschinenbauers und Anlagenbetreibers zu realisieren“, sagt Friis-Knutzen. Letztlich sei es die Arbeit mit modernen Berechnungs- und Simulationsverfahren sowie Finite-Elemente-Methoden gewesen, die maßgeblich zum Entwicklungserfolg beitrugen.
Bei der Konzeption der G-500 Getriebereihe standen vor allem Gewicht und Volumen im Fokus. Aufgrund optimierter Konstruktionen und dem Einsatz von Aluminium bei den Gehäusen wiegen die Getriebe bis 600 Nm jetzt nur noch rund die Hälfte. Darüber hinaus sind die Einheiten bis zu 20 % kleiner geworden. „Wir sparen richtig Platz, haben keine Störkonturen und bieten damit mechatronische Antriebseinheiten, die sich auch in bestehende Anlagen sehr einfach integrieren lassen“, erläutert Friss-Knutzen.
Getriebe lassen sich präzise auslegen
Die G-500-Getriebe lassen sich dank ihrer feinen Drehmomentabstufungen präzise für die jeweiligen Anwendungen auslegen und dimensionieren. So ist es möglich, Getriebemotoren möglich nah am optimalen Betriebspunkt arbeiten zu lassen, um den ineffizienten Teillastbereich wirksam zu umgehen. Weil die Verluste innerhalb der G-500-Baureihe generell gering sind, muss der Motor perse weniger Energie aufbringen – was unter dem Strich die Effizienz einer Gesamtanlage verbessert. Weil die sinkenden Verluste direkt die Erwärmung der Einheiten limitieren, steigt die Lebensdauer – und damit die wartungsfreie Verfügbarkeit über einen längeren Zeitraum.
Ein weiteres Ergebnis dieser Grundlagearbeit ist die Anschlusstechnik zwischen Getriebe und Motor. Statt sperriger Flansche oder Normglocken spart ein Zentralgewinde – ähnlich wie bei einem Bajonettverschluss – richtig Platz und reduziert auch noch lästige Störkonturen. Der Motor wird über ein im Lagerschild befindliches Zentralgewinde an die G-500-Getriebe geschraubt. Dadurch werden Störkonturen am Motor-Getriebe-Flansch vermieden und das Getriebe kann besonders einfach und zuverlässig gegen Ölleckagen abgedichtet werden. Weil es sich beim Gewinde um eine viergängige Ausführung handelt, kann der Motor mit vier unterschiedlichen Klemmenkastenlagen montiert werden – was die Flexibilität bei der Montage deutlich erhöht und damit die Montage vereinfacht.
Präzision auch in der Fertigung
Weniger intelligente Software, dafür um so mehr Präzision bei der Fertigung: Lenze nutzt auch bei der G-500-Reihe die Vorteile des Kegelpressverbandes, mit der die Motorwelle durch ein eingepresstes Ritzel gleichzeitig zur ersten Getriebestufe wird. Dieses besondere Fertigungsverfahren mit dem Einpressen des Ritzels in eine spezielle Konusbohrung der Motorwelle reduziert aufgrund des Kraftschlusses das Verdrehspiel und ermöglicht Übersetzungen bis zu 100 in einem kompakten, zweistufigen Getriebe.
Die G-500-Reihe setzt prinzipiell die Ziele fort, die Lenze bereits mit dem Lenze Smart Motor verfolgt: Die Einfachheit von Netzmotoren beibehalten und mit konzeptionellen Verbesserungen an den bekannten Schwächen feilen – um zum Schluss eine leistungsfähige, effizient arbeitende Lösung zu erhalten. Ein Ergebnis innerhalb dieser mechatronischen Gesamtbetrachtung: Beim Lenze Smart Motor sorgt die im Klemmenkasten integrierte Elektronik dafür, die hohen Anlaufmomente in der Fördertechnik durch eine vierfache Überlastfähigkeit des Nennmomentes verlässlich zu bewältigen. Dieser Effekt führt dazu, dass die hohen Anlaufströme beim Beschleunigen einer Förderstrecke nicht zu einer dauerhaften Überdimensionierung der Motoren führen. Ein weiterer Vorteil resultiert aus der Einstellung der Drehzahl direkt vor Ort ganz einfach per Smartphone App und Near Field Communication (NFC). Mit einer einzigen Variante können so Motordrehzahlen von 500 bis 2600 U/min bei konstantem Drehmoment abgedeckt werden. Mit diesem weiten Drehzahlstellbereich im Rücken erweitert sich jetzt mit den neuen G-500-Getrieben der Spielraum ein weiteres Mal, um mit einem einzigen Getriebemotorentyp eine sehr große Bandbreite an möglichen Drehzahlen und Drehmomenten abzudecken. Dabei erfüllen die Einheiten bereits heute die künftigen Effizienzstandards. Neben den Smart Motoren lassen sich die G-500-Getriebe auch mit den IE2-Drehstrommotoren MH, den umrichteroptimierten MF-Motoren sowie den MCA- und MCS-Servomotoren von Lenze kombinieren.
Optimierte Getriebe sparen Geld
Welche Effizienzgewinne sich damit für den Maschinen- und Anlagenbau erschließen lassen, zeigt der Blick in die Intralogistik. Fahren zum Beispiel in einem Regalbediengeräte ständig vier bis fünf Getriebe mit, bedeutet dieses in der für diese Applikationen typischen Leistungsklassen etwa 60 kg weniger Eigenlast. Heruntergebrochen auf Beschleunigungs- und Geschwindigkeitswerte, Betriebszeiten, Anzahl Regelbediengeräte pro Logistikzentrum und durchschnittlichen Stromkosten von 0,15 € pro kWh seien laut Lenze bei diesem Beispiel sehr schnell Einsparungen von jährlich 10.000 kWh möglich, was rund 1500 € entspricht – allein durch optimierte Getriebe. „Das ist immerhin der Strombedarf von drei Musterhaushalten“, merkte erst kürzlich Frank Maier, Technikvorstand bei Lenze, auf einer Tagung an. (ud)
* Thorsten Sienk, freier Autor, ist spezialisiert auf Automatisierungs- und Antriebstechnik.
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