Automatica 2016 Kollaborierenden Robotern auf die Finger schauen

Redakteur: Katharina Juschkat

Auf der Automatica in München zeigte die Berufsgenossenschaft Holz und Metall, was bei der Einrichtung eines Mensch-Roboter-Systems zu beachten ist. Welche Drücke und Kräfte ein Roboter ausüben darf, kann mit einem überarbeiteten Messverfahren vom Anwender selbst geprüft werden.

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Christoph Meyer von der BGHM erklärt, dass kapazitive Sensoren durch eine Veränderung des elektrischen Feldes erkennen, wenn sich eine Hand nähert – und den Roboterarm stoppen.
Christoph Meyer von der BGHM erklärt, dass kapazitive Sensoren durch eine Veränderung des elektrischen Feldes erkennen, wenn sich eine Hand nähert – und den Roboterarm stoppen.
(Bild: konstruktionspraxis/Juschkat)

„Ein Mensch merkt sofort, wenn irgendetwas zu viel Druck auf ihn ausübt. Beim Kollegen Roboter muss hingegen die Sensibilität erst programmiert werden.“ Mit diesen Worten beschreibt Christoph Meyer, Mitarbeiter im Sachgebiet Maschinen, Anlagen und Fertigungsautomation des Fachbereichs Holz und Metall, den Ausgangspunkt für die Konzeption eines neuen Messverfahrens mit passendem Gerät.

Kollaborierende Roboter müssen sensibilisiert werden

Im Gegensatz zu herkömmlichen Schutzeinrichtungen wie Schutzzäunen kann es bei der Zusammenarbeit zwischen einem Menschen und einem kollaborierenden Roboter zu Berührungen und Zusammenstößen kommen. Deshalb dürfen kollaborierende Roboter bestimmte Grenzwerte für Kräfte und Drücke nicht überschreiten. Im Roboterarm sind zwar Sensoren eingebaut, die durch die Veränderung des elektrischen Feldes erkennen, wenn sich eine menschliche Hand nähert und vor einer Berührung den Roboterarm stoppen – Meyer nennt diese jedoch eine reine „Komfortfunktion“.

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Bei der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter muss gewährleistet sein, dass die bei einer Kollision ausgelösten Drücke und Kräfte nicht zu Verletzungen führen können – und um das sicher zu testen, stellte Meyer ein Messverfahren vor, das alle notwendigen Daten dazu liefern soll. Das verwendete Messgerät von GTE soll zudem auf den Praxiseinsatz im Unternehmen vor Ort zugeschnitten sein.

Kollaborierende Roboter sicherer als herkömmliche Schutzsysteme

Stellt das Messgerät fest, dass der Roboterarm zu viel Kraft oder Druck ausübt, kann der Anwender die Applikation nachjustieren, indem er etwa die Geschwindigkeit des Roboters verringert oder passive Schutzeinrichtungen wie Polster am Roboterarm nachrüstet. Meyer hält kollaborierende Roboter prinzipiell für sicherer als herkömmliche Schutzeinrichtungen wie Schutzzäune, denn Schutzzäune können leicht manipuliert werden.

Die unter anderem von Meyer erarbeitete ISO TS 15066 bestimmt die Sicherheitslimits, um ein kollaborierendes Robotersystem sicher zu gestalten. Dazu gehört die Begrenzung der Geschwindigkeit, der Kraft, des Drucks und des Bewegungsbereichs. Eine Tabelle führt im Detail auf, mit wie viel Druck und Kraft der Roboter welche Körperregion des Werkers berühren darf, ohne dass der Werker Schaden nimmt. Der Hals und die Augen sind aus dieser Tabelle ausgenommen, da aufgrund der hohen Empfindlichkeit bei einer Kollision kein Schutz gewährt werden kann. Somit muss bei einem kollaborierenden System berücksichtigt werden, dass der Arbeiter weder mit dem Kopf noch mit dem Hals in die Bewegungsbahn des Roboters geraten kann. Bisher, so fasst Meyer positiv zusammen, gab es noch keine meldepflichtigen Unfälle bei der Zusammenarbeit von Mensch und Roboter.

konstruktionspraxis auf der Automatica 2016

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