Keramikdruck Keramikbauteile mit digitalen Werkzeugen produktiv drucken
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Von der Materialwahl über das Bauteil- und Prozessdesign bis zur Qualitätsbewertung gibt es Computermethoden, die den 3D-Druck von Keramikteilen effizienter machen, so Fraunhofer-Experten.

Heutige 3D-Druckverfahren sind prädestiniert dafür, in eine digitale Fertigungskette eingebettet zu werden, weil der Drucker ohnehin über eine CAD-Schnittstelle gesteuert wird. Die mit dem 3D-Druck möglich gewordene individualisierte Fertigung erhöht dabei den Anreiz, die Entwicklungsschritte bis zum fertigen Bauteil so effizient wie möglich durchzuführen. So können auch kleine Chargen günstig gefertigt werden. Digitale Fertigungsketten werden im Rahmen einer integrierten Computerbasierten Materialentwicklung (ICME) aufgebaut und haben sich bei anderen Fertigungsprozessen bereits bewährt. ICME ist ein variabler Ansatz, bei dem verschiedene digitale Werkzeuge problemorientiert so kombiniert werden, dass sie möglichst effizient ineinandergreifen. Dabei unterstützt die Expertise des Fraunhofer-Zentrums für Hochtemperatur-Leichtbau HTL in Bayreuth.
Vor und Nachteile bestehender 3D-Druckverfahren
Viele 3D-Druckverfahren erfolgen zweistufig. Das bedeutet, dass sich an die 3D-Formgebung noch ein separater Wärmebehandlungsprozess anschließt, bei dem die Komponenten entbindert und verdichtet werden. Keramiken eignen sich aufgrund ihrer Sprödigkeit außerdem nicht für die verbreiteteren einstufigen 3D-Druckverfahren wie SLM. Auch für pulvermetallurgische Bauteile sind zweistufige 3D-Druckverfahren interessant, weil dabei thermische Spannungen im Druckprozess vermieden werden. Ein Nachteil der zweistufigen Verfahren ist die zusätzliche Wärmebehandlung, die in möglichst kurzer Zeit und bei minimalem Energieverbrauch so ausgeführt werden muss, dass keine Schädigungen der Bauteile durch Risse oder Verzug entstehen. Die Fertigungskette verlängert sich also. Sie besteht dann aus dem Bauteildesign, der 3D-Formgebung, der Wärmebehandlung und der Endkontrolle.
Digitales Bauteildesign für additiv zu fertigende Bauteile
Nach Festlegung der Einsatzanforderungen für ein neues Bauteil stehen zahlreiche Computerbasierte Auslegungsverfahren zur Verfügung. Besonders wichtig sind FE-Verfahren, die mit automatischen Prozessen zur Topologieoptimierung kombiniert werden können. Das ist beim 3D-Druck besonders relevant, weil so die zusätzlichen Freiheitsgrade im Design optimal genutzt werden können. Allerdings müssen beim Design spezifische Anforderungen des 3D-Drucks, wie zum Beispiel Unterstützungsstrukturen, berücksichtigt werden. Für dieses spezielle „Design for additive Manufacturing“ (DFAM) existiert bereits kommerzielle Software. Das Bauteildesign ist dabei eng mit der Auswahl des optimalen Materials verbunden. Auch dafür gibt es kommerzielle Materialdatenbanken, die bereits so ausgelegt sind, dass selbst für komplexe Anforderungsprofile mit der Methode der Materialindices der jeweils optimale Werkstoff identifiziert werden kann. Für den Fall, dass keine geeigneten Materialien existieren, die die Anforderungen erfüllen, wurden am HTL In-House-Programme entwickelt, mit denen Materialien gezielt designt werden können.
Neues 3D-Druckverfahren kombiniert zwei übliche Methoden
Zwei wichtige Beispiele für zweistufige 3D-Druckverfahren sind das Binder Jetting sowie die Stereolithografie. Beim Binder Jetting wird ein rieselfähiges Pulver schichtweise in den Arbeitsraum des Druckers eingeführt und selektiv mit einem Binder bedruckt. Nach dem Aushärten des Binders kann das überschüssige Pulver entfernt und das Bauteil weiter prozessiert werden. Die dafür nötige Rieselfähigkeit verhindert allerdings, dass sehr feine Rohstoffe eingesetzt werden können, was sich nachteilig auf die Endprodukteigenschaften vieler keramischer und pulvermetallurgischer Bauteile auswirkt.
Anders sieht es im Fall der Stereolithografie aus. Bei ihr wird eine Suspension aus Partikeln in einem Lösemittel eingesetzt, die ein lichthärtbares Polymer enthält. Dieser so genannte Schlicker kann aus sehr feinen Keramikpartikeln bestehen. Der Schlicker wird lagenweise belichtet, sodass sukzessive ein 3D-Bauteil in allen Raumachsen entsteht. Nachteilig sind hier die benötigte Durchstrahlbarkeit des Schlickers sowie die schwierige Skalierbarkeit des Verfahrens für die Herstellung großer Bauteile.
Am HTL wurde deshalb mit dem Free Flow Structuring (FFS) ein weiteres 3D-Druckverfahren entwickelt, das die Vorteile von Binder Jetting und Stereolithografie miteinander verbindet. Beim FFS wird ein keramischer Schlicker auch lagenweise über eine Schlitzdüse in den Bauraum des Druckers eingebracht und selektiv mit Binder bedruckt. So können auch opake Rohstoffe mit Partikelgrößen im Mikrometerbereich verarbeitet werden. Bild 2 zeigt den ersten FFS-Drucker, der am HTL aufgebaut wurde.
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