Faszination Technik Hybride Kraftstoffe aus erneuerbaren Rohstoffen synthetisieren
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In unserer Rubrik „Faszination Technik“ stellen wir Konstrukteuren jede Woche beeindruckende Projekte aus Forschung und Entwicklung vor. Heute: ein Raffineriekonzept, das die Herstellungsverfahren von E-Fuels und fortschrittlichen Biokraftstoffen kombiniert, um Kerosin und Diesel aus erneuerbaren Rohstoffen zu gewinnen.

In Deutschland stehen verschiedene Technologien wie Brennstoffzellen, Batterien oder erneuerbare Kraftstoffe bereit, um CO2-Emissionen im Verkehrssektor zu minimieren. Die Elektromobilität alleine reicht nicht aus, um den Verkehr klimaneutral zu gestalten. Bestandsflotten sowie schwer zu elektrifizierende Anwendungen etwa in der Schiff- und Luftfahrt benötigen noch auf lange Zeit erneuerbare Kraftstoffe in großen Mengen. Diese können zum einen aus biogenen Reststoffen wie Gülle und Stroh zu fortschrittlichen Biokraftstoffen synthetisiert werden. Zum anderen können aus Wasser und Kohlenstoffdioxid mittels erneuerbarer Energien strombasierte Kraftstoffe (E-Fuels) synthetisch hergestellt werden. Im Verbundprojekt „Synergy Fuels“ wollen Forschende nun E-Fuels- mit Biokraftstoff-produzierenden Demonstrationsanlagen zusammenschalten. An dem Projekt „Synergien durch Integration von Biomassenutzung und Power-to-X in der Produktion erneuerbarer Kraftstoffe (Synergy Fuels)“ beteiligen sich neben der TUM als Koordinator und dem Fraunhofer IGB auch das Technologie- und Förderzentrum (TFZ), das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) sowie die Industrieunternehmen Clariant, Martech GmbH und Volkswagen AG.
Hybride Kraftstoffe durch Verfahrenskombination
Wie die TUM mitteilt, schaffe die stoffliche und energetische Integration der Synthesen von E-Fuels und Biokraftstoffen Synergien. So erhöhe die Nutzung von erneuerbarem Strom zur Umwandlung von CO2 zu flüssigen Kraftstoffen die Kohlenstoffeffizienz der biotechnologischen Verfahren. Zudem ermögliche die langfristige Kohlenstoffbindung in Form des Nebenprodukts Pflanzenkohle sogar negative CO2-Emissionen – eine netto Kohlenstoffabscheidung aus der Atmosphäre.
Der Raffinerieverbund nutzt Abwärme aus den (thermo-)chemischen Synthesen (z. B. der Methanolsynthese) für die Produktaufarbeitung. Wesentlich ist auch die Bereitstellung von biogenem CO2 für die Methanolsynthese sowie von biogenem Wasserstoff durch die thermochemische Konversion von Biomassereststoffen. Dadurch wird die Nutzung fossiler CO2-Quellen, beispielsweise Abgase der Verbrennung von Kohle oder Erdgas, oder eine aufwändige CO2-Abscheidung aus der Atmosphäre umgangen.
Im Fokus stehen Kerosin und Diesel
Das Fraunhofer IGB konzentriert sich in dem Projekt auf die heterogenkatalytische Synthese von Mitteldestillatkraftstoffen, also Kerosin und Diesel, aus CO2 und erneuerbarem Strom. Die zu entwickelnde Prozessroute verläuft über Alkohole und Olefine als Zwischenprodukte. Das CO2 stammt direkt aus technischen Prozessgasen, zum einen aus der fermentativen Ethanolproduktion, zum anderen der thermokatalytischen Biomassekonversion. So gelingt es, Power-to-X- und Biomasse-basierte Verfahren wertschöpfend zu verbinden. Dabei werden wie in einer Raffinerie verschiedene Stoffströme durch Prozessvernetzung möglichst effizient genutzt. Die Arbeiten erfolgen dabei von kleinskaligen Tests im Labor bis in den Technikumsmaßstab zur Produktion von Kraftstoffmustern.
Herstellung der nachhaltigen Kraftstoffe in industriellen Mengen
Bei den hybrid hergestellten erneuerbaren Kraftstoffen handelt es sich um Drop-in-Kraftstoffe. Sie können nahtlos dem bestehenden Kraftstoffpool zugemischt werden und so die fossilen Kraftstoffe ersetzen, ohne die Motoren technisch zu ändern. Der Raffinerieverbund wird die Verfahren pilotieren, damit eine schnelle Markteinführung der neuen Kraftstoffe gelingt. So sollen in den nächsten vier Jahren neun Syntheseanlagen in Ostbayern integriert werden, darunter bestehende in Straubing und Sulzbach-Rosenberg. Diese Anlagen produzieren eine breite Palette von erneuerbaren Kraftstoffen im Tonnenmaßstab. Die Projektbeteiligten werden deren physikalische Eigenschaften wie Schmierfähigkeit oder Kälteverhalten überprüfen. Anwendungspartner aus den Bereichen Luft- und Schifffahrt sowie Fahrzeuge und mobile Maschinen demonstrieren die Eignung der Kraftstoffe dann im Realbetrieb.
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