Faszination Technik Forscher entwickeln Superkleber aus Mistelbeeren

Von Sandro Kipar

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In unserer Rubrik „Faszination Technik“ stellen wir Konstrukteuren jede Woche beeindruckende Projekte aus Forschung und Entwicklung vor. Heute: ein Superkleber, der mithilfe der Weißbeerigen Mistel hergestellt wird und etwa als Wundverschlussmittel genutzt werden könnte.

Misteln wachsen in weiten Teilen Europas in großer Zahl. Aus ihren Beeren könnte schon bald ein natürlicher Superkleber entstehen.
Misteln wachsen in weiten Teilen Europas in großer Zahl. Aus ihren Beeren könnte schon bald ein natürlicher Superkleber entstehen.
(Bild: Nils Horbelt)

Die praktischen Dinge findet man manchmal an ungewöhnlichen Orten. Ein Forscherteam des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung (MPIKG) und der McGill Universität in Kanada hat nun starke Klebeeigenschaften der Weißbeerigen Mistel entdeckt. Sie ist vor allem in Südskandinavien und Mittel- sowie Südeuropa beheimatet und gilt als parasitisch lebende Pflanze, die vor allem Laubbäume befällt. Laut den neuesten Erkenntnissen der Forscher haften die Fasern der Mistelbeere sowohl an Haut und Knorpel als auch an verschiedenen synthetischen Materialien.

„Erstmals wird untersucht, wie man die hervorragenden Klebeeigenschaften für potenziell medizinische oder technische Verwendungen nutzbar machen kann“, sagt Peter Fratzl, Direktor der Abteilung Biomaterialien am Max-Planck-Institut. Doch neben den günstigen Klebeeigenschaften haben die Fasern der Mistelbeere noch einen anderen Vorteil: sie lassen sich unter feuchten Bedingungen auch leicht wieder lösen.

Wunden bleiben verschlossen

Um die Klebeeigenschaften weiter zu untersuchen, haben die Wissenschaftler verschiedene Tests gemacht. Materialwissenschaftler Nils Horbelt hat etwa im Selbstversuch den Mistelkleber drei Tage an den Fingern gehabt. „Anschließend konnte ich das Viscin durch einfaches Aneinanderreiben der Finger wieder ablösen“, sagt Horbelt. Unter Viscin versteht man einen bis zu zwei Meter langen klebrigen Faden, den jede Mistelbeere produzieren kann. Damit können die Samen der halbparasitären Pflanze an ihren Wirtspflanzen haften.

In einem anderen Experiment haben die Wissenschaftler mit einer Rasierklinge in eine Schweinehaut geschnitten und die so entstandenen Wunden mit dem Viscin versucht zu schließen. Nachdem der Kleber getrocknet war, blieb die Wunde selbst unter Anspannung der Haut verschlossen. Das könnte bedeuten, dass eine mit Viscin behandelte Verletzung selbst bei Bewegung geschlossen bleibt.

Haftet an Metallen, Glas und Kunststoffen

Die Forscher entdeckten außerdem, dass Viscinfasern durch einfache Verarbeitung im nassen Zustand zu dünnen Filmen gedehnt beziehungsweise zu 3D-Strukturen zusammengefügt werden können. Zudem haftet der Kleber auch an Metallen, Glas und Kunststoffen. Doch die Forscher stehen noch ganz am Anfang. „Es bleiben noch viele Fragen zu diesem sehr außergewöhnlichen Material offen,“ sagt Horbelt, der auch Erstautor der vorliegenden Studie ist. In einem nächsten Schritt soll nun die Chemie hinter diesem quellfähigen, extrem klebrigen Material untersucht werden, um den Klebeprozess in einem zweiten Schritt imitieren zu können.

Die gesamte Veröffentlichung der Wissenschaftler zu dem Mistelkleber finden Sie hier.

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