Buchtipp Entgrenzung: Die Biologisierung der Technik und die Technisierung der Biologie
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Schon lange sind technische Innovationen inspiriert von organischen Formen – als Beispiele seien der Klettverschluss, der Lotus-Effekt oder Saugnäpfe genannt. In dem Buch „Entgrenzung“ geht der Autor unter anderem der langen Geschichte der Formforschung und der zielführenden Kombination aus Natur und Technik nach.

Ob Flugzeugdesign, Materialdesign oder der Einsatz von Robotern im Körperinneren: Die Grenzen zwischen Biologie und Technik verschwimmen zunehmend. Die Produktion von Wissen, das Design und die Herstellung von Produkten haben ihren Ausgangspunkt in morphologischen Konzepten und Praktiken, die auf eine lange Geschichte der Formforschung zurückgehen.
In seinem Buch „Entgrenzung“ erläutert der Wissenschaftsphilosoph PD Dr. habil. Marco Tamborini von der TU Darmstadt die Möglichkeit der Zirkulation von morphologischem Wissen zwischen Biologie, Technik und Architektur seit Beginn des 20. Jahrhunderts, untersucht aber auch die damit verbundenen philosophischen Fragen: Was ist Natur, was ist Technik? Was ist der Unterschied zwischen Lebewesen und Maschinen?
Unterschiedliche Konstruktionsprinzipien
Der Begriff der Form wird definiert als „die fertige Lösung einer konstruktiven Aufgabe“. Formen werden also mit Konstruktionen gleichgesetzt und damit als kohärentes Ergebnis der Zusammenfügung verschiedener Elemente zu einem stabilen und geordneten Objekt verstanden. Folglich wird die Entwicklung eines Organismus und von Design- und Architekturprodukten in erster Linie als technisches Problem betrachtet.
Durch eine detaillierte Analyse der Entwicklungen in der Biologie, der Biotechnologie, der Ingenieurwissenschaften, der Robotik, der Paläontologie, des Designs und der Architektur konzentriert sich Tamborini auf den möglichen Dialog zwischen diesen Disziplinen über den Begriff der Konstruktion und die Möglichkeit unterschiedlicher Konstruktionsprinzipien.
Auszug aus der Einleitung
„Die architektonische und ingenieurtechnische Herstellung kom-plexer Formen wird heute mehr denn je durch das Studium organischer Formen beeinflusst. Mit Hilfe von Robotik und 3D-Druckern lässt sich die Industrie des 21. Jahrhunderts von den organischen Formen der Natur inspirieren und geht den Geheimnis-sen ihrer Entwicklung und Funktion auf den Grund, um neue Materialien zu schaffen. Das US-Softwareunternehmen Autodesk arbeitete beispielsweise mit dem europäischen Konzern Airbus zusammen, um Flugzeuge zu entwerfen, die weniger wiegen und damit Treibstoff sparen. Dafür scannten sie die Struktur der Blattfäden der riesigen dänischen Seerose. Anhand des Verständnisses der Struktur der Blätter waren sie in der Lage, Materialien zu entwickeln, die die innere Struktur eines Flugzeugs neu gestalteten.“
Darüber hat konstruktionspraxis damals berichtet: Bionik: Von der Seerose zum Flugzeugbau.
Einen kleinen Rückblick auf die Geschichte der Bionik und bekannte sowie weniger bekannte Beispiele sehen Sie in der Bildergalerie:
Weitere Informationen zum Buch und zum Autor
Über das Buch:
- Herausgeber: Meiner, F; 1. Edition (25. Oktober 2022)
- Sprache: Deutsch
- Taschenbuch: 208 Seiten
- ISBN-10: 3787342540
- ISBN-13: 978-3787342549
Über den Autor:
- Marco Tamborini lehrt und forscht in den Bereichen Wissenschaftstheorie, Technikphilosophie und -geschichte am philosophischen Institut der Technischen Universität Darmstadt.
- Er ist Mitglied der Jungen Akademie | Mainz sowie der Johanna Quandt Young Academy.
- Er war Pre-Doc am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte und Visiting Fellow am Clare Hall College (Cambridge University) sowie Gastwissenschaftler an der Scuola Normale Superiore (Pisa) und am BioRobotics Institute (Sant'Anna School of Advanced Studies).
- Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Geschichte und Philosophie der Evolutionsbiologie, der Morphologie, der Robotik, der Bionik, der bioinspirierten Architektur, der KI und der Paläontologie sowie der Geschichte und Philosophie der Technowissenschaften.
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