Normensteckbrief EN ISO 14118 Vermeidung unerwarteter Anlauf
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Die Nachfolgenorm der EN 1037 „Vermeidung von unerwartetem Anlauf“ ist als EN ISO 14118:2018 erschienen. Sie bringt die Anforderungen zur sicheren Energietrennung und zu Log-out/Tag-out auf den neuesten Stand.

Ersetzte Norm(en): EN 1037:1995+A1:2008
Kategorie: B1, Sicherheitsfachgrundnorm für Sicherheitsaspekte
- Sicherheitsaspekte:
- elektrische, hydraulische, pneumatische Energieversorgung
- gespeicherte Energie z.B. durch Einfluss von Schwerkraft, Federspannung, Druckspeicher
- äußere Einflüsse z.B. Wind
- Sicherheitskonzept: Ein- bzw. Absperren, Überwachen, Warnen
Kurzübersicht
Mit der Aktualisierung von EN 1037 auf EN ISO 14118 wurde eine weitere reine EN-Norm mit den ISO-Maschinensicherheitsnormen harmonisiert.
Diese Norm behandelt die Möglichkeiten, einen unerwarteten Maschinenanlauf zu vermeiden, wenn sich Personen in Gefahrenbereichen aufhalten (müssen). Sie beschäftigt sich mit den Aspekten der sicheren Trennung von den Energiequellen, der Ableitung gespeicherter Energie und der rechtzeitigen Warnung durch Signalisierung vor einem Maschinenanlauf.
Was jeder Konstrukteur wissen sollte
- Diese Norm findet auch Anwendung auf schwerkraftbelastete Elemente (Achsen, Hebeeinrichtungen usw.), die durch Bremsen oder Klemmeinrichtungen gesichert werden müssen, wenn sie nicht in eine sichere Position gebracht werden können (also auf die niedrigste Position abgesenkt).
- Die Umsetzung der Anforderungen dieser Norm kann u.a. durch sog. LOTO-Prozeduren (Lock-out/Tag-out) erfolgen, also durch das Absperren von Schaltern, Sicherungsautomaten, Hähnen, Ventilen usw. mit Vorrichtungen, die mit speziellen Vorhängeschlössern abgeschlossen werden.
- Häufig liest man in Risikobeurteilungen und Warnhinweisen die Formulierung „Maschine ausschalten und gegen versehentliches Einschalten sichern“. Dieser Hinweis allein ist aber nicht ausreichend, um die Anforderungen aus dieser Norm an die Betriebsanleitung zu erfüllen (siehe weiter unten).
- Eine Not-Halt-Funktion darf nicht als eine Maßnahme zur Vermeidung von unerwartetem Anlauf verwendet werden.
- Einige Umsetzungen münden in Sicherheitsfunktionen, deren PLr in der Risikobeurteilung festgelegt werden muss, wenn z.B. nichttrennende Schutzeinrichtungen wie Verriegelungseinrichtungen oder berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen zur Verhinderung eines unerwarteten Anlaufs verwendet werden oder wenn der Maschinenstillstand in Stopp-Kategorie 2 überwacht werden muss.
Kern-Anforderungen
- 1. Die Norm fordert mehrmals eine aufgabenbasierte Risikobeurteilung (siehe EN ISO 12100 Kap. 5.4 und Tabelle B.3), in der die Situationen, in denen es zu einer Gefährdung durch unerwarteten Anlauf kommen kann, ermittelt werden und auf dieser Norm basierende Maßnahmen für die Vermeidung festgelegt werden. Im Anhang A der Norm werden einige typische Situationen genannt, in denen ein Aufenthalt im Gefährdungsbereich nötig sein kann.
- 2. Folgende Situationen müssen berücksichtigt werden:
a. Wiederherstellung der Energieversorgung nach Ausfall oder Unterbrechung der Energieversorgung.
b. Zuverlässige Trennung der Maschine von allen Energiequellen (elektrisch, pneumatisch, hydraulisch), damit die Maschine betreten werden kann.
c. Wenn bestimmte Elemente auch nach der Energietrennung weiterhin mit Energie versorgt werden müssen.
d. Wie auch gespeicherte Energie abgeleitet oder zurückgehalten werden kann (potenzielle Energie z.B. in schwerkraftbelasteten Achsen, kinetische Energie, elektrische Energie z.B. in Kondensatoren, Druckspeicher)
- 3. Die Einrichtungen zum Trennen der Energiequelle müssen abschließbar sein, z.B. durch ein Vorhängeschloss, ein Schlüsseltransfersystem oder eine abschließbare Abdeckung.
- 4. Falls von der Bedienstation aus nicht gesehen werden kann, ob sich noch jemand im Gefahrenbereich befindet, wenn die Maschine wieder gestartet werden soll, muss durch ein akustisches und optisches Warnsignal vor dem bevorstehenden Anlauf gewarnt werden und der Maschinenanlauf muss zeitverzögert erfolgen, damit die Personen noch rechtzeitig den Gefahrenbereich verlassen können.
- 5. Die Stellteile (Schalter) zum Auslösen einer Bewegung müssen so ausgelegt sein, dass sie nicht versehentlich betätigt werden können.
- 6. In der Betriebsanleitung müssen die vorgesehenen Möglichkeiten detailliert beschrieben werden, wie der unerwartete Anlauf verhindert werden kann.
Änderungen gegenüber der Vorgängernorm
- Veraltete Normenreferenzen wurden aktualisiert und Norm wurde redaktionell überarbeitet.
- Neues eingeschobenes Kapitel 5.1 „Vermeidung eines unerwarteten Anlaufs nach Wiederherstellung der Energieversorgung“.
- Das bisherige Kapitel 5.4 wurde in das Kapitel 7 verschoben.
- Neues (sehr kurzes) Kapitel 6.2.2 „Konstruktion sicherheitsbezogener Teile einer Steuerung“ mit Verweis auf EN ISO 13849-1 und EN 62061.
- Bild 1 wurde aktualisiert und deutlich verständlicher gestaltet.
* Matthias Schulz ist Geschäftsführer der HiQ text GmbH und unabhängiger Berater für Maschinensicherheit
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